Madonna mit neuem Gesicht – bildende Kunst bei Opernfestival in Litomyšl

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Das internationale Opernfestival „Smetanas Litomyšl“ wird am Donnerstag eröffnet. Auf dem Programm in der ostböhmischen Weltkulturerbe-Stadt stehen insgesamt 35 Veranstaltungen, neben Opernvorstellungen sind das auch Konzerte unterschiedlicher Musikgenres. Seit 2005 gehören zu den Festspielen zudem Präsentationen bildender Kunst. Die Veranstalter wollen die beiden Festivalsparten immer stärker miteinander verflechten.

In den kommenden Wochen wird ein Zyklus von 16 Ausstellungen in Litomyšl zu sehen sein. Am Donnerstag startet in der Krypta der Piaristenkirche der Auffindung des heiligen Kreuzes eine künstlerische Intervention mit dem Titel „Tvář“ (Antlitz) von Architekt Josef Pleskot. Im Folgenden ein Interview mit dem Kurator des Projekts, Norbert Schmidt.

Herr Schmidt, handelt es sich bei der Ausstellung in der Piaristenkirche um eine sozusagen doppelte künstlerische Intervention – in der Kirche und an der alten Holzplastik selbst?

„Ja, genau. Es ist eine eigenartige, sehr spezielle Sache. Architekt Josef Pleskot ist seit den 1990er Jahren sehr eng mit Litomyšl verbunden. Er hat dort viele Häuser gebaut, die Plätze umgestaltet und an Ausstellungen mitgearbeitet. In der Kirche wird die Madonna aus Osík zu sehen. Es ist die älteste erhaltene Holzplastik auf tschechischem Gebiet. Sie stammt aus der Zeit zwischen 990 und 1180 nach Christus.“

Norbert Schmidt und Josef Pleskot  (Foto: Martina Schneibergová)
Ist bekannt, wo diese Madonna entstanden ist?

„Die Zeit der Entstehung wurde aufgrund der Erforschung des Materials festgelegt, sonst weiß man nichts über die Madonna. Es ist ein Rätsel, wo sie genau herkommt, wer sie besaß, wer vor ihr gebetet hat und vor ihr sich existenzielle Fragen gestellt hat. Josef Pleskot wollte keine Ausstellung des alten Torsos machen, denn der Plastik fehlt das Gesicht. Er hat gesagt: ‚Lasst uns ein Gesicht zu dieser Madonna machen‘. Es war klar, dass es keine historische Rekonstruktion des Gesichtes sein kann, sondern es musste ein zeitgenössisches Gesicht sein – mit so viel Mut entworfen, wie das beispielsweise die Barockkünstler gemacht haben, die auch die Gesichter von Statuen geändert haben. Es ist also ein ‚neues Gesicht‘ der Madonna entstanden, das in Litomyšl zu sehen sein wird. Die Intervention ist zudem interessant in dem Sinne, dass es eine Ausstellung in der Krypta der Kirche ist. Es gibt keine Beschriftungen, keine Audio-Guides. Es handelt sich um ein Zurückholen eines sakralen Gegenstandes an den Ort, aus dem er herausgefallen ist – für eine Weile bekommt die Madonna einen Raum, in dem sie nicht nur als Museumsstück gezeigt wird.“

Piaristenkirche in Litomyšl  (Foto: Martina Schneibergová)
Gibt es – da die Plastik ja beim Festival Smetanas Litomyšl gezeigt wird – eine musikalische Begleitung zu der künstlerischen Intervention?

„Wir sind sehr glücklich, dass zum Schluss der Komponist Slavomír Hořínka eine Toninstallation in die Krypta eingebaut hat. Sie ist sehr speziell: Er war in Jerusalem und hat die Töne der Stadt aufgenommen. Diese hat er in einen Akkord, in Musik transformiert, die unsere Ausstellung mit dem Titel ‚Das Antlitz‘ begleiten wird.“

Die Ausstellung mit dem Titel „Das Antlitz“ ist in der Krypta der Piaristenkirche in Litomyšl bis 31. Dezember dieses Jahres zu sehen. Bis September ist die Kirche täglich von 14 bis 18 Uhr geöffnet, von Oktober bis Dezember ist sie nur am Wochenende zugänglich. Das internationale Opernfestival „Smetanas Litomyšl“ dauert von 9. Juni bis 3. Juli. Für einige Musikveranstaltungen gibt es noch Restkarten.