Massenproteste in Prag - Erklärungsbedarf bei der Regierung?
Das bestimmende Thema der Zeitungskommentare war natürlich die Großdemonstration der Staatsangestellten. Die sind am Dienstag unter anderem gegen die von der Regierung geplanten zehnprozentigen Lohnkürzungen auf die Straße gegangen.
„Im Jahresvergleich sind die Löhne der Staatsangestellten um fast 650 Kronen (26 Euro) gestiegen, während sie in den fünf bestbezahlten Branchen gesunken sind. Auch in den am schlechtesten bezahlten Berufen sinken die Löhne. Das Argument, dass auch der staatliche Sektor mit dem Rest der Wirtschaft mitziehen muss, ist vollkommen angebracht.“
Mehr Verständnis für die Proteste bringt Alexandr Mitrofanov von der eher linksgerichteten Zeitung Právo auf. Er glaubt jedoch nicht, dass die Demonstration den gewünschten Effekt haben wird. Denn die Regierungskoalition kann im Parlament auf eine bequeme Mehrheit bauen:
„Die erbosten Staatsangestellten haben in Prag ihre größte Wut entladen. Aber die Regierung regiert weiter, auch mit den größten Kürzungen. Die Leute warten bis zu den nächsten Wahlen, die diese Regierungskoalition aus der Welt schaffen. Bis zu den nächsten Abgeordnetenhauswahlen, aus denen ein neues Kabinett hervorgeht, dauert es aber noch mehr als drei Jahre. Der Protest der Staatsangestellten selbst hat keine Veränderungen ausgelöst.“
Mit rund 40.000 Teilnehmern war die Demonstration am Dienstag eine der größten in Tschechien seit dem Fall des Kommunismus im Jahr 1989. Diese Tatsache veranlasste Zbyněk Petráček in der Lidové noviny zu diesen Fragen:
Die Antwort gibt Petráček selbst:
„Die richtige Antwort ist B. Und wie wir aus anderen Ländern wissen, entspricht die Stärke der Proteste nicht direkt dem Ausmaß der Kürzungen. Es geht darum, wie Regierungen ihre Politik erklären und wie die Gesellschaft diese Erklärung annimmt. Lettland haben nicht einmal weitaus drastischere Kürzungen bei den Gehältern und den Renten erschüttert. Griechenland hat allein schon die Vorstellung von Kürzungen erschüttert. Handelt die Regierung nach diesen Erfahrungen? Erklärt sie ihre Schritte? Das ist das Thema für sie.“
