Mehr Frauen in die Politik – Tschechien diskutiert eine Quotenregelung

Quelle: Europäische Kommission

In der tschechischen Politik sind Frauen in der Minderheit. Etwa 80 Prozent der politischen Posten nehmen Männer ein. In einer internationalen Rangliste von insgesamt 144 Ländern bedeutet das für Tschechien Platz 60 – gemeinsam mit Eritrea und Usbekistan. Die Mitte-Links-Regierung hierzulande plant nun eine Frauenquote von 30 Prozent.

Jiří Dienstbier  (Foto: ČTK)
Eine Frau, ein Mann – so sollen die ersten beiden Plätze der Wahllisten zukünftig in allen Parteien besetzt werden. Insgesamt müssen unter den Kandidaten für Parlaments- und Regionalwahlen mindestens 30 Prozent Frauen sein. Dies ist in Kürze der Vorschlag des Innenministeriums und des Ministers für Menschenrechte, Jiří Dienstbier, der zugleich auch den Legislativrat der Regierung leitet. Parteien, die sich nicht an die Vorgabe halten, könnten bei Nichteinhaltung auch zur Kasse gebeten werden. Die Gesetzesnovelle wurde im Juli auf den Weg gebracht und hat nun eine Debatte über Sinn und Unsinn der Quotenregelung ausgelöst. Veronika Šprincová ist Projektkoordinatorin beim Forum 50 Prozent, das sich seit Jahren für eine Quote einsetzt. Sie bewertet die Novelle als einen guten, wenn auch nicht überragenden ersten Schritt:

Quelle: Europäische Kommission
„Mit diesen 30 Prozent hängen sich die Minister natürlich nicht gerade weit aus dem Fenster. Aber wir wissen aus der Forschung, dass 30 Prozent so etwas wie die minimale kritische Grenze sind, ab der es einer Gruppe gelingt, ihre Interessen zu vertreten und sich auch gegenüber der Mehrheit zu behaupten. Denn sobald eine Gruppe in einer wirklich kleinen Minderheit ist, nimmt sie quasi die Verhaltensregeln der Mehrheit an und kann nicht mehr nach eigenen Vorstellungen handeln.“

Vertreter der Oppositionsparteien äußerten sich hingegen ablehnend. Daniel Korte von Top 09 sprach gegenüber dem Internetportal Echo24 von „totalem Blödsinn“. Die konservative Politikerin und ehemalige Verteidigungsministerin Karolína Peake zeigte sich im Tschechischen Rundfunk ebenfalls skeptisch:

Karolína Peake  (Foto: Marián Vojtek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Ich bin nicht völlig gegen eine Quote, ich bin froh, dass nun über Quoten gesprochen wird, aber im Gesetz verankert möchte ich sie nicht haben. Der Grund ist, dass ich im Wesentlichen liberal denke und der Meinung bin, dass die Menschen ihr Glück und ihren Erfolg selbst suchen müssen und sich nicht in ‚social engineering‘ flüchten sollten.“

Hinter der Novelle stehen die Sozialdemokraten, und parteiintern sind sie schon einen Schritt vorausgegangen. Vergangene Woche wurde das Ergebnis eines Mitgliederentscheids bekanntgegeben. Knapp die Hälfte der Sozialdemokraten hatte für eine Frauenquote von 40 Prozent votiert. Am Wochenende äußerte sich Premier Bohuslav Sobotka im Tschechischen Rundfunk zum Ergebnis des Mitgliederentscheids:

Bohuslav Sobotka  (Foto: Archiv des Regiurungsamtes der Tschechischen Republik)
„Ich bin Sozialdemokrat, und darum möchte ich gleiche Bedingungen und gleiche Rechte für alle durchsetzen. Mir scheint, dass Frauen in mehrerlei Hinsicht im öffentlichen Leben eingeschränkt sind. Zudem ist es ein schrecklicher Fehler, dass Frauen auf der Ebene der Entscheidungsträger so schlecht vertreten sind, und die Sozialdemokraten haben gemäß den letzten Wahlergebnissen nur wenige Posten mit Frauen besetzt. Das sollte sich meiner Meinung nach ändern. Daher bin ich angenehm überrascht, dass auch die Mehrheit derer, die am Referendum teilgenommen haben, diese Meinung teilt.“

Illustrationsfoto: Archiv ČSSD
Innerhalb der ČSSD (Sozialdemokraten) gilt die 40-Prozent-Quote ab Januar 2015 für die Kandidatenliste von Parlaments- und Regionalwahlen. Sollten Parlament und Präsident zustimmen, könnten die parteiübergreifenden 30 Prozent ab Mai kommenden Jahres in Kraft treten. Auf kommunaler und europäischer Ebene ist bislang keine Quote geplant.