Vier Frauen in der Führung des Abgeordnetenhauses
Am Mittwoch hat sich das tschechische Abgeordnetenhaus nach der Parlamentswahl neu konstituiert. Erstmals wurden vier Frauen in die Führung des Unterhauses gewählt.
Die Vorsitzende der konservativen Partei Top 09, Markéta Pekarová Adamová, steht in dieser Legislaturperiode an der Spitze des Abgeordnetenhauses. Sie trat als Kandidatin der Fünf-Parteien-Koalition an, die auch gemeinsam die neue Regierung bilden will. 108 der insgesamt 200 Abgeordneten wählten Pekarová Adamová. Unmittelbar nach der Wahl sagte die neue Vorsitzende:
„Ich danke Ihnen sehr. Mit großer Demut, und dies meine ich wirklich ernst, akzeptiere ich die Verantwortung.“
Markéta Pekarová Adamová ist erst die zweite Frau an der Spitze des Abgeordnetenhauses. Zuvor war dies nur der Bürgerdemokratin Miroslava Němcová vergönnt gewesen. Die Top-09-Vorsitzende war letztlich die einzige Kandidatin für den Posten. Zwar hatten die Abgeordneten der Partei Ano noch versucht, den scheidenden Minister für Handel und Industrie sowie für Verkehr, Karel Havlíček, zu nominieren. Doch dazu kam es nicht, weil dies der tschechischen Verfassung widersprochen hätte. Demnach darf kein Regierungsmitglied einen Posten in der Führung des Unterhauses übernehmen.
Trotzdem brachten die Ano-Abgeordneten mehrere Stunden lang ihre Begründungen für die Nominierung von Havlíček vor.
Das Abgeordnetenhaus wird sechs Vizevorsitzende haben, fünf davon wurden am Mittwoch gewählt. Es sind Věra Kovářová von der Bürgermeisterpartei Stan, Olga Richterová von der Piratenpartei, Jana Mračková Vildumetzová von der Partei Ano, der Christdemokrat Jan Bartošek und der Bürgerdemokrat Jan Skopeček. Letzterer will sich im Abgeordnetenhaus auf die Außenpolitik konzentrieren:
„Tschechien wird die EU-Ratspräsidentschaft innehaben. Die Führung des Abgeordnetenhauses wird zu der Zeit zweifelsohne mehr Aufgaben als sonst übernehmen. In den vergangenen Jahren habe ich mich mit wirtschaftspolitischen Themen beschäftigt. Wir stehen vor einer ganzen Reihe von wichtigen ökonomischen Entscheidungen. Dies ist ein Bereich, mit dem ich mich auch als Vizechef des Unterhauses weiterhin beschäftigen will.“
Der Christdemokrat Jan Bartošek bringt bereits Erfahrungen mit. Von 2014 bis 2017 war er schon einmal Vizevorsitzender des Abgeordnetenhauses.
„Wenn man 200 Parlamentarier leitet, ist es am wichtigsten, gerecht vorzugehen. Alle müssen wissen, dass die Regeln für alle gelten. Dies ist einigermaßen anspruchsvoll. Natürlich bin ich Mitglied einer Partei. Dies darf man aber bei der Führung des Abgeordnetenhauses nicht miteinbeziehen.“
Bartošek war zuvor auch als möglicher Minister für Arbeit und Soziales gehandelt worden. Ebenso Olga Richterová galt als eine Kandidatin für diesen Ministerposten. Die Piratin ließ sich jedoch zur Vizechefin des Unterhaueses wählen. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks begründete sie ihre Entscheidung für die Arbeit an der Parlamentsspitze:
„Es gab einige Gründe dafür. Der eine war, dass das Arbeitsministerium gar nicht dem Bündnis der Piratenpartei und der Bürgermeisterpartei angeboten wurde. Die Regierungsverhandlungen waren natürlich nicht einfach. Hinzu kamen noch persönliche Gründe. Schließlich spielte auch die Tatsache eine Rolle, dass die Piratenpartei nur vier Abgeordnete hat. Darum haben wir nach einer Lösung gesucht, die ausgehandelt werden musste und sich aber als lebensfähig erwiesen hat. Es freut mich, dass wir sie gefunden haben und dass wir 840.000 Wähler repräsentieren können, die uns ihre Stimme gegeben haben.“
Letztlich könnte es sein, dass in der Führung des Abgeordnetenhauses mehr Frauen vertreten sein werden als in der künftigen Regierung. Denn bei den Spekulationen über die Besetzung des neuen Kabinetts war bisher nur von drei Politikerinnen die Rede.
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