Senatswahlen in Tschechien: Ano gewinnt, Regierungskoalition hält trotzdem Mehrheit

Am Wochenende fand die zweite und finale Runde der diesjährigen Senatswahlen in Tschechien statt. Wie sind die Parteien nun in der oberen Parlamentskammer aufgestellt?

Karel Havlíček und Petr Fiala | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Als der tschechische Premier Petr Fiala am Samstagnachmittag im Prager Wahlzentrum der Bürgerdemokraten (ODS) ankam, gab er sich vorsichtig. Er sei gespannt auf die Ergebnisse, die manchmal sehr knapp sein könnten, äußerte er. Etwa eine Stunde später steht fest, dass nur fünf der zehn ODS-Kandidaten erfolgreich waren. Fiala dazu anschließend vor der Presse:

„Ich möchte eigentlich immer mehr und mit Vorsprung gewinnen. Diesmal haben wir unsere Mehrheitsposition erhalten. Zufrieden bin ich nie, und es wäre mir lieber, wenn wir die erwarteten Zahlen erreicht hätten. Aber auch so muss ich sagen, dass es ein solides Ergebnis ist.“

Andrej Babiš | Foto: Michaela Říhová,  ČTK

An den vergangenen zwei Wochenenden wurde die Besetzung von 27 der insgesamt 81 Senatssitze neu gewählt. Auf diese Weise erneuert sich die obere Parlamentskammer alle zwei Jahre zu einem Drittel. Zum ersten Mal hat dabei nun die Partei Ano von Ex-Premier und Milliardär Andrej Babiš das beste Ergebnis eingefahren, indem sich acht ihrer Kandidaten durchsetzten. Ano bildet im Abgeordnetenhaus, also der unteren Parlamentskammer, derzeit die größte Oppositionsfraktion. In der oberen Kammer hat sie ab jetzt insgesamt zwölf Sitze inne. Parteichef Babiš kommentierte am Samstag knapp:

„Wichtig ist, dass im Senat nun endlich eine objektive Stimme zu hören ist.“

15 der 27 neu gewählten Senatorinnen und Senatoren gehören den Regierungsparteien an, die damit auch in der oberen Parlamentskammer insgesamt ihre Mehrheit behalten. Bisher besteht die Fünferkoalition in Fialas Kabinett noch aus ODS, Christdemokraten, Top 09, Stan und Piraten. Letztere haben in der aktuellen Krise ihren Rückzug angekündigt, und bei den Senatswahlen konnte ihr einziger Kandidat, Lukáš Wagenknecht, seinen Sitz auch nicht verteidigen.

Erfolgreich hingegen war die Bürgermeisterpartei Stan. Bei der Wahlparty in Mladá Boleslav / Jungbunzlau knallten die Sektkorken…

Lukáš Vlček | Foto: Michal Krumphanzl,  ČTK

„Alle sechs gemeinsamen Kandidatinnen und Kandidaten von Stan und den Unabhängigen, die in der zweiten Wahlrunde angetreten sind, waren erfolgreich. Zugleich nehmen wir aber eine Neuverteilung der Kräfte wahr sowie eine Stärkung der Populisten und Pseudo-Nationalisten. Dies gibt uns eine bestimmte Motivation für unsere weitere Arbeit“,

so die Reaktion von Lukáš Vlček, dem ersten Vizechef von Stan. Aus einem ähnlichen Blickwinkel heraus betonte auch Markéta Pekarová Adamová, Vorsitzende von Top 09, den Vorsprung der Regierungsparteien vor der Oppositionspartei Ano:

Markéta Pekarová-Adamová | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Unser Hauptziel war natürlich, eine Mehrheit im Senat zu halten, die eindeutig demokratisch eingestellt ist.“

Die größte Fraktion im Senat bleibt sehr wahrscheinlich der Zusammenschluss von ODS und Top 09. Damit wird auch Senatschef Miloš Vystrčil (ODS) seinen Posten behalten können. Dass er dies anstrebe, hat Vystrčil bereits bekanntgegeben. Angesichts ihres Erfolges stelle die Partei Ano nun aber auch gewisse Ansprüche, kündigte Andrej Babiš noch am Samstag an:

„Ich nehme an, dass die Gewohnheiten im Senat ähnlich wie im Abgeordnetenhaus sind und wir nun einen Anspruch auf einen Vizevorsitzenden haben. Angesichts ihrer Energie und Zielstrebigkeit könnte das Jana Mračková Vildumetzová sein.“

Jana Mračková Vildumetzová | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Mračková Vildumetzová saß sieben Jahre lang im Abgeordnetenhaus und wechselt nun in die obere Parlamentskammer. Sie gewann ihren Sitz bereits in der ersten Wahlrunde vor gut einer Woche, als sie im westböhmischen Wahlkreis Sokolov / Falkenau gleich eine knappe Mehrheit von 50,7 Prozent holte.

Die erste Senatssitzung in neuer Zusammensetzung findet Ende Oktober statt.

Autoren: Daniela Honigmann , Jana Karasová , Vojtěch Tomášek | Quelle: Český rozhlas
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