Mietpreise in Tschechien: Immer noch keine Deregulierung

Das Wohnen wird zwar ab Mitte nächstem Jahr in Tschechien wieder teurer, doch die vollständige Deregulierung der Mietzinse lässt weiter auf sich warten. Damit besteht weiterhin kein Wohnungsmarkt mit gleichen Bedingungen für alle. Mehr dazu im folgenden Beitrag von Rudi Hermann.

Die Mietpreisderegulierung in Tschechien - eine unendliche Geschichte, wie es scheint. Im Durchschnitt soll zwar nächstes Jahr das Wohnen wieder teurer werden, und an dieser Teuerung werden sich die Mietpreise im staatlich regulierten Segment um 5 bis 7 % beteiligen. In Prag beträgt die Miete einer 60 Quadratmeter grossen Wohnung durchschnittlichen Standards gegenwärtig etwa 2000 Kronen; dieser Preis dürfte laut den Annahmen des Finanzministeriums um etwa 2 Kronen pro Quadratmeter, im Falle unseres Beispiels demnach um 120 Kronen, ansteigen. Dazu kommen dann noch rund 80 Kronen an Mehrkosten, die sich durch Preiserhöhungen bei Elektrizität, Gas, Fernwärme sowie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ergeben. In Wohnungen mit reguliertem Mietzins wohnt etwa ein Drittel der Bevölkerung, das gegenüber den übrigen zwei Dritteln damit de facto in den Genuss einer staatlichen Vergünstigung kommt. Darüber, ob eine solche Vergünstigung für einen Teil der Bevölkerung gerechtfertigt ist, gehen die Meinungen nach wie vor weit auseinander. Das Argument dafür lautet, dass ein schnellerer Übergang zu Marktmieten große Härtefälle zur Folge haben könnte respektive gehabt hätte; Argumente dagegen besagen, dass regulierte Mietpreise die Vermieter quasi dazu zwingen, ihren Mietern das Wohnen zu subventionieren und dass das ganze System ungerecht ist, weil es nur einen Teil der Bevölkerung betrifft und ein anderer Teil vollumfänglich für die Kosten des eigenen Wohnens aufkommen muss. Ein Kommentator griff zum anschaulichen Vergleich, man solle sich einmal vorstellen, der Staat schreibe den Bäckern vor, dass sie einem Drittel der Bevölkerung das Brot verbilligt verkaufen müssten, auch wenn das ihr Unternehmen gefährden sollte. Allerdings gibt es ein noch weit gewichtigeres Argument gegen die staatliche Verordnung, die die Mietpreise fixiert: Diese Verordnung ist nämlich laut Verfassungsgericht im Widerspruch zum tschechischen Grundgesetz. Die Hauseigentümer bezeichneten die neue Verordnung zur Preisgestaltung als Neuauflage der alten und gaben der Hoffnung Ausdruck, das Verfassungsgericht werde erneut entsprechend reagieren. Die Mietpreissteigerung von 5-7 % ist für sie ferner ungenügend. Es handle sich nicht um einen Deregulationsschritt, sondern nur um einen Ausgleich der Kostenteuerung im Bausektor, meinte Libor Dellin, Vizevorsitzender des Hauseigentümerverbands. Die Tageszeitung Mlada Fronta dnes bezeichnete das Vorgehen der Regierung implizit als Wahlgeschenk, wobei die Regierung wohl davon ausgehe, dass die Zahl der Mieter, die davon profitierten, die Zahl diejenige der entrüsteten Hauseigentümer wohl deutlich übersteige.

Autor: Rudi Hermann
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