Mittelalter im Original: Staatsarchiv stellt Urkunden Karls IV. aus

Foto: ČTK

Das Geburtstagsjahr Karls IV. geht weiter. Zwar ist die große tschechisch-deutsche Ausstellung über den böhmischen König und römisch-deutschen Kaiser nach Nürnberg umgezogen, doch das Nationalarchiv in Prag zeigt nur wenige Tage lang eine absolute Rarität: Original-Urkunden aus der Herrschaftszeit Karls IV., also um die Mitte des 14. Jahrhunderts.

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Die Kameras blitzen, als die drei wertvollsten Urkunden am Mittwoch ins Nationalarchiv gebracht werden. Großes Medieninteresse herrscht, weil die Ausstellung einzigartig ist. Emilie Benešová vom Nationalarchiv:

„Die Urkunden werden nur ganz selten ausgestellt. Falls jemand die eine oder andere schon einmal gesehen hat, dann muss das mindestens 25 Jahre her sein.“

Aber nicht nur das: Spezialkräfte der Polizei in schwarzen Kampfanzügen und mit Maschinenpistolen bewachen den Transport und die Umbettung in die Vitrinen. Denn die alten Schriftstücke sind praktisch unbezahlbar. Sie werden auch speziell aufbewahrt, in einem Tresor im Prager Stadtteil Dejvice.

Denko Čumlivski  (Foto: ČT24)
Ganz vorsichtig betten die Mitarbeiterinnen des Nationalarchivs die Urkunden um. Mit Argusaugen wacht Archivar Denko Čumlivski darüber. Er hat die Kostbarkeiten für die Ausstellung ausgewählt:

„Die Ausstellung hat zwei Ziele. Zum einen soll sie Karl IV. als Gründer des böhmischen beziehungsweise tschechischen Staatsarchivs zeigen. Dies ist eines der wenigen königlichen Staatsarchive aus dem Mittelalter, die in Europa erhalten geblieben sind. Das Archiv umfasst 900 Urkunden. Zum anderen wollten wir die wertvollsten und interessantesten Stücke auswählen, die besonders wichtige staatsbildende Angelegenheiten betreffen.“

Karl IV.  (Foto: Adriana Krobová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Zu sehen ist zum Beispiel ein Schriftstück mit Goldsiegel vom 1. September 1347. Mit diesem verleiht Karl IV. dem Prager Erzbischof Ernst von Pardubitz (Arnošt z Pardubic) und seinen Amtsnachfolgern das Recht, den böhmischen König zu salben und zu krönen. Oder in einem Pergamentstück wird bestimmt, dass Mähren einzig ein böhmisches Lehen ist. Damit wird dieser Teil der böhmischen Krone aus dem unmittelbaren Einflussbereich des Heiligen Römischen Reiches herausgelöst. Eva Drašarová, Leiterin des Nationalarchivs:

Die Ausstellung läuft nur von Freitag bis kommenden Montag, also vom 28. bis 31. Oktober. Der Eintritt ist frei. Das Staatsarchiv befindet sich im vierten Prager Stadtbezirk in der Straße Archivní 4. Dorthin kommt man am besten mit der Metrolinie C, Station Chodov. Von dort fährt der Bus 115 bis zur Haltestelle Městský archiv.

„Mit einem Teil dieser wichtigen staatsbildenden Dokumente hat Karl IV. nach seiner Wahl zum römisch-deutschen König alle Privilegien des böhmischen Königtums bestätigt. Mit einem anderen Teil hat er für Ordnung im böhmischen Herrschaftssystem gesorgt.“

Karl IV. wurde 1346 zunächst zum römisch-deutschen König gewählt, die Kaiserwürde erhielt er erst neun Jahre später. Ab 1347 war der Herrscher aus dem Geschlecht der Luxemburger auch König von Böhmen. Alle Urkunden, die das Nationalarchiv nun zeigt, dürften unmittelbar durch die Hände von Karl IV. gegangen sein.

Autor: Till Janzer
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