In München: 1968 und Pan Taus Melone
Im Tschechischen Zentrum München wird in den kommenden Wochen an den Prager Frühling erinnert, sowie an die Zeit nach dessen Niederschlagung im August 1968. Zudem lädt die tschechische Kulturvertretung in der bayerischen Landeshauptstadt zu einer Ausstellung über Ota Hofman ein, den Pan-Tau-Schöpfer. Über die Details spricht die Interimsleiterin des Zentrums, Annet Browarzik.
„Diese Podiumsdiskussion geht auf eine Initiative des tschechischen und slowakischen Generalkonsulats hier in München zurück. Bei der Podiumsdiskussion gibt es Teilnehmer, die die Zeit damals reflektieren. Das ist einmal Petr Brod, der ehemalige Journalist und Mitarbeiter von Radio Freies Europa, der sowohl in Prag als auch in München zu Hause ist. Außerdem freuen wir uns sehr, dass František Mikloško dabei sein wird, einer der bekanntesten slowakischen Dissidenten und auch ehemaliger Präsident des Nationalrates. Von slowakischer Seite wird noch Peter Osuský teilnehmen, er war ebenfalls Abgeordneter des Nationalrates der Slowakischen Republik. Dann haben wir noch eine Münchner Historikerin eingeladen, Anna Bischof. Sie beschäftigt sich explizit mit dem Thema Migration tschechischer und slowakischer Journalisten nach München für ihre Tätigkeit bei Radio Freies Europa.“
Prager Frühling und Radio Freies Europa
Was sind die konkreten Themen der Vorträge und der Diskussion? Sie haben bereits mehrere Male den Radiosender „Radio Freies Europa“ erwähnt. Das ist eigentlich eines der Themen, also nicht nur die Bedeutung des Prager Frühlings und die Bedeutung der Persönlichkeit von Alexander Dubček…„Ja genau, da werden natürlich zwei Themen miteinander verbunden, die man auch getrennt wahrnehmen könnte. Da haben wir mit Mikloško und Petr Brod zwei Zeitzeugen des Prager Frühlings, der auch beide unmittelbar betraf. Mikloško setzte sich nach der Niederschlagung der Reformbewegung im Untergrund ein und spielte unter anderem Radio Freies Europa auch regelmäßig Informationen zu. Petr Brod wiederum arbeitete auf der anderen Seite. Er war Journalist für die tschechoslowakische Redaktion von Radio freies Europa und unterstützte sozusagen vom Westen aus die Reform und Demokratisierungsbestrebung. Gerade infolge des Prager Frühlings sind viele Künstler und Intellektuelle aus Tschechien und der Slowakei nach München emigriert und fanden in diesem Radiosender ihre neue Heimat.“
Planen Sie auch noch weitere Veranstaltungen zum Jahr 1968?„Am 19. Juli gibt es noch eine kleine Veranstaltung mit der Kunsthistorikerin Daniela Uher vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Sie hat 2017 ein Buch zu den Collagen von Jiří Kolář veröffentlicht. Jiří Kolář ist ein sehr bekannter tschechischer Künstler, der im Jahre 1968 eine collageartiges Tagebuch geführt hat. Es sind Bilder, die das Tagesgeschehen, aber auch Politik, Kunst und Kulturgeschichte aus jener Zeit aufgreifen.“
Ota Hofman 90
Ein weiteres großes Thema der anstehenden Monate ist Ota Hofman, der tschechische Kinder- und Drehbuchautor. Er ist unter anderem als Schöpfer von „Pan Tau“ und als Drehbuchautor von zahlreichen Märchenfilmklassikern bekannt. Inwiefern ist Ota Hofman auch dem deutschen Publikum ein Begriff?
„Ota Hofmans filmisches Schaffen, also schon der erwähnte ‚Pan Tau‘, der sympathische Herr mit Melone und Regenschirm, der zaubern kann, ist auch in Deutschland unvergesslich. Er lief sowohl im westdeutschen als auch im ostdeutschen Fernsehen. Es gab auch viele andere Kinderserien wie ‚Lucie, der Schrecken der Straße‘ und andere. Daneben gibt es natürlich weitere Klassiker, an denen Ota Hofman mitgewirkt hat wie ‚Drei Haselnüsse für Aschenbrödel‘. Es ist an der Zeit an Pan Taus schöpferischen Vater zu erinnern.“Dieser Filmkünstler würde jetzt seinen 90. Geburtstag feiern. Was haben sie aus diesem Anlass vorbereitet?
„Es gibt ein Ausstellungsprojekt, das schon zweimal in Tschechien gezeigt wurde und jetzt erstmals in Deutschland zu sehen sein wird. Die Ausstellung liefert zahlreiche Hintergrundinformationen. Es gibt viele tolle Fotos, teilweise auch aus Familienarchiven, die Einblick in Ota Hofmans Welt geben. Es wird auch ein paar kleinere interaktive Elemente geben. So kann man zum Beispiel mit einer Melone zaubern oder Figuren aus Knete modellieren. Gezeigt wird auch die Schreibmaschine von Ota Hofman.“
Die Vernissage ist am 28. Juni im Tschechischen Zentrum…„Wir freuen uns wirklich sehr, dass auch eine wichtige Person, die Ota Hofman gut kannte, anwesend sein wird, nämlich Gert Müntefering. Der honorige alte Herr hat seiner Zeit die Kinderprogramme im westdeutschen Fernsehen aufgebaut. Er und Ota Hofman haben über viele Jahre hinweg eng zusammengearbeitet. Müntefering holte eigentlich auch ‚Pan Tau‘ ins westdeutsche Fernsehen. Es sind zudem viele Filmprojekte in direkter Kooperation mit den Barrandov Studios unter seiner Leitung entstanden, was in der Zeit ziemlich einmalig war. Gert Müntefering steckt voller Anekdoten von Ota Hofman. Wir freuen uns wirklich, dass er jetzt extra nach München kommt, um seinem ehemaligen Partner und Freund nochmal eine kleine Ehre zu erweisen.“
Lange Nacht der Konsulate
Abschließend noch eine Veranstaltung: Wir haben unser Gespräch mit der Podiumsdiskussion begonnen, die von den Konsulaten der Tschechischen Republik und der Slowakei in München veranstaltet wird. Das tschechische Konsulat schließt sich dieses Jahr zum dritten Mal der sogenannten „Langen Nacht der Konsulate“ in München an. Mit welchem Programm?
„Die lange Nacht der Konsulate findet traditionell in den Räumlichkeiten des tschechischen Zentrums statt. Dieses Mal präsentiert sich nicht nur das tschechische Konsulat, sondern auch die slowakische Vertretung. Die Veranstaltung ist ziemlich locker und die Leute kommen und gehen. Man kann bei uns zahlreiche Informationen über schöne, beliebte, touristische Destinationen erhalten und Filme zu den beiden Ländern sehen. Es gibt natürlich auch etwas für den Gaumen. Das heißt: tschechisches Bier, slowakischen Wein und kleinere kulinarische Köstlichkeiten.“
Wann findet diese lange Nacht statt?
„Das ist am 21. Juni von 18 Uhr bis 22 Uhr.“