Musikliebhabern ist im Sommer nicht langweilig

0:00
/
0:00

Rock, elektronische Musik oder Klassik - die Sommerzeit ist in Tschechien zu einem großen Musikfestival geworden. Und die Liebhaber all dieser Genres kommen auf ihre Kosten. Einen Überblick über den Musiksommer in Böhmen und Mähren gibt Ihnen Bara Prochazkova im nun folgenden Kultursalon.

Für alle ist etwas dabei - für Jugendliche, die gerne zelten, für Liebhaber der klassischen Musik, die in feiner Abendgarderobe kommen oder für diejenigen, die es lieber gemütlich haben. Von Juni bis September findet fast jedes Wochenende in der Tschechischen Republik eine Musikveranstaltung statt - die Veranstalter nennen ihre Musikaufführungen Festivals. Dennoch gibt es in der Größenordnung wesentliche Unterschiede - von mehreren Hundert Gästen bei den kleinsten Kulturevents bis zu 18.000 Besuchern des Musikfestivals "Loveplanet". Aber alle versprechen ihren Besuchern eins:

Die Fans der Musikrichtungen Pop und Rock haben jedes Jahr im Sommer das vollste Programm. Denn in dieser Zeit finden nämlich bedeutende Open Air Festivals mit internationaler Besetzung statt. Zu den bekanntesten zählen "Rock for People" in Cesky Brod bei Prag und das Open Air Musik Festival im nordböhmischen Trutnov. Diesen Juli kamen zu "Rock for People" trotz Kälte und Regen rund 14.000 Besucher. Über 120 Musikbands haben drei Tage lang gespielt, das dominierende Gesprächsthema blieb jedoch das Wetter, denn die ehemals grüne Wiese verwandelte sich durch den anhaltenden Regen in ein braunes Schlammfeld. Für Simon Kotek, dem Mitorganisator des Festivals "Rock for People", gehörte das schlechte Wetter zu den unabdingbaren Komponenten:

"Uns hat der Regen wirklich überrascht. Eigentlich sind wir zwar daran gewöhnt, dass es jedes Jahr regnet bei diesem Festival. Es gab noch kein Jahr, an dem es nicht geregnet hätte. Uns hat aber die Stärke des Regens überrascht. Was das Programm betrifft, so hat mir der Auftritt von Garbage besonders gut gefallen. Er hat für Momente gesorgt, an die wir uns lange erinnern werden."

Den ersten Platz in der Besucherzahl hält in diesem Jahr das Musikfestival "Loveplanet", das Mitte August nahe der südböhmischen Stadt Tabor über die Bühne ging, oder besser gesagt: gleich über fünf Bühnen. Die 120 Musikgruppen haben für 18.000 Musikfans gespielt. Loveplanet fand zum ersten Mal statt und ist auf einem guten Weg, langfristig das bedeutendste Open Air Festival in Tschechien zu werden. Und nicht nur die Namen der Sommerveranstaltungen sind international. Die Veranstalter versuchen aufgrund der großen Konkurrenz die Attraktivität ihrer Events vor allem durch eine internationale Besetzung zu erhöhen. So sind im Sommer zum Beispiel Nick Cave, Sisters of Mercy, die Leningrad Cowboys oder Die Toten Hosen nach Tschechien gekommen. Von den einheimischen Musikern ist vermutlich die erste tschechische Superstar-Gewinnerin Aneta Langerova die am meisten gefragte Künstlerin. Kein Wunder, denn ihre Musik begeistert Tausende Musikfans, ihre CDs gehören zu den am meisten verkauften Tonträgern im Lande. Doch hören Sie selbst den Star der tschechischen Sommerfestivals:

Vom "Superstar" schnell zurück zu den Sommerfestivals in Tschechien. Jedes möchte mit einem besonderen Programm die Besucher anlocken, bei vielen werden deshalb interaktive Workshops angeboten. Die Volksmusikszene trifft sich jedes Jahr am Ferienanfang in der mährischen Stadt Namest, das Festival namens "Stodola" erfreut dagegen vor allem die Fans der Country-Musik. Auch in Budyne stehen jedes Jahr Country-Musiktage auf dem Programm, sagt der Bürgermeister der südböhmischen Stadt, Petr Medacek:

"Wir haben wieder namhafte Musikgruppen angesprochen, wie Rangers, Cop und Waby Danek mit Milos Dvoracek."

Die Szene um HipHop und Blackmusic trifft sich in der Nähe der ostböhmischen Stadt Hradec Kralove/Königgrätz, und die Trommler wissen, dass sie jedes Jahr beim Trommel-Festival in der mährischen Stadt Dolni Lhota an vielen Trommelworkshops teilnehmen können. Dieses Festival ist ein Vorgänger vom berühmten "Colours of Ostrava", das dieses Jahr 13.000 Leute besucht und dabei vier Tage lang der Worldmusik zugehört haben. Die Indianer und die Liebhaber ihrer Töne versammelten sich beim nordböhmischen Decin/Tetschen, um dort Indianerklängen zu genießen. 11.000 Liebhaber von elektronischer Musik kamen in die Region von Teplice/Teplitz, wo rund 50 nationale und internationale Interpreten gespielt haben. Und zum siebten Mal hat diesen August im südmährischen Mikulov auch das "Eurotrialog" stattgefunden, wo regelmäßig rund 1.500 Besucher alternativer Musik zuhören. Dazu Organisator Romek Hanzlik:

"Wir konzentrieren uns auf eine qualitativ gute Musik und wollen bewusst keinen Mainstream spielen. Deshalb versuchen wir, gute Künstler und gute Musikgruppen auszuwählen. Dieses Jahr haben zum Beispiel die tschechische Musikgruppe ´Uz jsme doma´ sowie die Roma-Musikerin Vera Bila und ihre Band Kale gespielt. Jedes Jahr wollen wir auch etwas Besonderes anbieten. In diesem Jahr war es die Musikerin Monika Naceva, die erstmals nach ihrem Mutterschaftsurlaub aufgetreten ist. Gemeinsam mit Pavel Feit hatte sie ein spezielles Programm vorbereitet, mit dem sie ihr Comeback vollzogen hat."

Die Festivals werden zur Regelmäßigkeit, die meisten haben sich am musikalischen Himmel bereits etabliert. In diesem Sommer wurde jedoch auch ein neues Musikprojekt gestartet - ein Wandermusikfestival von einer tschechischen Burg zur anderen, das sich im Gegensatz zu den meisten Wochenendfestivals über mehrere Wochen erstreckt. Ein ähnliches Dauerfestival wurde in Plzen/Pilsen veranstaltet. Über zwei Wochen lang haben rund 70 Konzerte und Theatervorstellungen die Straßen im Zentrum der westböhmischen Stadt belebt. Jazz, Volk, Bluegrass, Rock, Country oder Blues - die Bewohner von Pilsen konnten eine breite Musikpalette genießen.

Tschechien fehlt jedoch noch ein großes internationales Festival wie das "Sziget" in Budapest oder das polnische Open Air Festival in Katowice, wo dieses Jahr auch die irische Musikgruppe U2 gespielt hat. Trotzdem kommen immer wieder auch Gäste aus Nah und Fern nach Tschechien, wie Jörg Meyer, der extra aus Dresden zum "Rock for People" nach Cesky Brod angereist war:

"In erster Linie sind deutsche Festivals sehr viel teurer und die Leute hier sind sehr viel ausgelassener. Es ist einfach fröhlicher und schöner hier. Ich werde auf jeden Fall wiederkommen."

Und wem Zeltplätze und überfüllte Wiesen zu viel an Abenteuer ist, der kann einen Abendanzug anziehen und zu einem Klassikkonzert gehen. Zum Beispiel beim Festival der klassischen Musik in Hluboka nad Vltavou, das in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen feierte. Dazu sagte der Organisator der Musikveranstaltung:

"Manche Hörerinnen und Hörer geben mir sicherlich Recht, dass Musik nicht nur die berühmtesten Namen aus der Musikwelt ausmacht. Wir bemühen uns, den Gedanken nicht zu verlassen, der bei der Gründung des Festivals vor zehn Jahren da war, und zwar in das Programm auch junge und weniger bekannte Künstler, also neue Namen in der Musikwelt, ins Programm zu geben. Wir wollen damit erreichen, dass der Besucher nicht nur wegen der bekannten Namen zu uns kommt, sondern wegen der faszinierenden Sache, die die Musik ohne Zweifel ist."

Klassische Musik wird auch bei tschechisch-deutschen Festivals gespielt. Für alle sollen hier nur das "Festival Mitte Europa" im bayerisch-sächsisch-böhmischen Grenzgebiet mit insgesamt 86 Veranstaltungen sowie die Festspiele "Europäische Wochen Passau" im deutsch-österreichisch-tschechischen Grenzraum genannt werden. Klassische Musik ist ein weiter Begriff, dies wissen auch die Organisatoren vom Festival der Barock-Musik:

"Im Gegensatz zu vorherigen Jahrgängen haben wir uns diesmal wieder der Quelle zugewandt. Das bedeutet, dass die Konzerte der alten Musik gewidmet sind und auch mit alten Musikinstrumenten gespielt werden. Es gibt keine Einflüsse der modernen Musik, die von der Barockmusik inspiriert wurde. Also es handelt sich sozusagen um eine Rückkehr."

Das medial bekannteste, aber wohl auch das kürzeste Musikfest war in diesem Sommer ohne Zweifel die Techno-Party CzechTek unweit der westböhmischen Stadt Tachov/Tachau. Nur wenige Stunden nach Beginn der Veranstaltung wurden die Techno-Liebhaber von der Polizei gezwungen, das Grundstück zu verlassen. Da der Eingriff der Polizei mehrfach als zu brutal bezeichnet wurde, hatte dies auch Folgen auf der politischen Ebene. Auch wenn der Musiksommer fast vorbei ist, werden die Politiker noch lange die Techno-Klänge in den Ohren haben.

Diese Aufzählung der Musikveranstaltungen ist dennoch nicht komplett auf der Liste stehen unzählig viele weitere Projekte. Aber eins steht fest - Musikfestivals gehören bereits zum tschechischen Sommer wie der das Pilsener Bier zu böhmischen Knödeln.