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Wahl 2006: ODS siegt, Kräfteverhältnis im Abgeordnetenhaus aber offen
Bei den Wahlen zum tschechischen Abgeordnetenhaus konnten nach letzten Prognosen die oppositionellen wirtschaftsliberalen Bürgerdemokraten (ODS) die meisten Stimmen für sich verbuchen: Mit 35,4 Prozent liegen sie vor den regierenden Sozialdemokraten (CSSD, 32,3 Prozent). Im Parlament werden außerdem Kommunisten (KSCM, 12,8 Prozent), Christdemokraten (KDU-CSL, 7,2 Prozent) und Grüne (SZ, 6,3 Prozent) vertreten sein. Die Wahlbeteiligung war mit knapp 65 Prozent deutlich höher als vor vier Jahren.
Diesen Prognosen zufolge könnte es im 200-köpfigen Abgeordnetenhaus sehr knappe Mehrheitsverhältnisse geben. Im Mittelpunkt des Interesses stand vor allem die Frage, ob die Sozialdemokraten rechnerisch in der Lage sind, eine Minderheitsregierung mit Duldung der Kommunisten zu bilden, oder ob die Bürgerdemokraten zusammen mit Christdemokraten und Grünen regieren können. Eine solche Dreierkoalition schien aufgrund der letzten Ergebnisse wahrscheinlicher zu sein. Theoretisch wäre natürlich auch eine große Koalition aus Bürgerdemokraten und Sozialdemokraten möglich.
Politiker besprechen erste Koalitionsvarianten
Die ersten Politikerreaktionen nach Bekanntgabe der vorläufigen Prognosen waren erwartungsgemäß zurückhaltend. Premierminister Jiri Paroubek zeigte sich zunächst optimistisch, dass seine Sozialdemokratische Partei noch zulegen kann, später machte sich in der CSSD-Parteizentrale erneut Enttäuschung breit. Die Kommunisten, die einen Verlust von ca. sechs Prozentpunkten verzeichnen dürften, glauben, dass viele ihrer Wähler diesmal den Sozialdemokraten ihre Stimme gegeben haben, um eine konservative Wende im Land zu verhindern. Die Bürgerdemokraten wollen über eine Koalition mit Christdemokraten und Grünen verhandeln, von diesen beiden Parteien kamen dazu bereits positive Signale.
Politikwissenschaftler sprechen von ungewöhnlichem Ergebnis
Politologen haben unterdessen von einem ungewöhnlichen Wahlergebnis gesprochen. Es wäre das erste Mal in der tschechischen Geschichte, dass zwei Parteien die 30-Prozent-Marke erreichen, sagte etwa der Politikwissenschaftler Tomas Lebeda. Sein Kollege Jan Bures von der Karlsuniversität Prag meinte, dass eine eventuelle Koalition von Bürgerdemokraten, Christdemokraten und Grünen mit einem knappen Mandatsvorsprung im Parlament relativ labil sein könnte. Außerdem würden die Grünen, die erstmals ins Parlament einziehen und nun sofort regieren sollen, vor einer großen Herausforderung stehen, so Bures.
Wahlergebnis mit deutlichen regionalen Unterschieden
Die Wahlergebnisse in den einzelnen Regionen Tschechiens unterscheiden sich teils recht deutlich voneinander. Tendenziell haben in den westlichen Landesteilen die Bürgerdemokraten die Nase vorn, im Osten wiederum sind meist die Sozialdemokraten stärker. In den meisten größeren Städten, vor allem in der Hauptstadt Prag, konnten sich die Bürgerdemokraten durchsetzen, die eher eine urbane Klientel aus besser Verdienenden und Unternehmern anspricht.
Wetter
Am Sonntag ist es in Tschechien überwiegend bewölkt und regnerisch, Tageshöchsttemperaturen 11 bis 15 Grad.