Nachrichten Donnerstag, 22. April, 1999

Parlament billigt Nato-Truppen und Flugzeuge auf tschechischem Boden

Sowohl Senat als auch Abgeodnetenhaus des tschechischen Parlaments haben sich am Miitwochabend für die Benutzung tschechischer Flughäfen durch Nato- Flugzeuge sowie für den Transit von Nato-Eineiten über tschechisches Territorium ausgesprochen. Während der Sondersitzung des Parlaments , auf der die Kommunisten vergeblich versucht hatten, den Beschluss zu blockieren, demonstrierten rund 150 zumeist ältere Menschen gegen die Nato.

Franzäsische Abgeordnete plädieren für Einbeziehung der CR

Die Tschechische Republik erfüllt die Voraussetzungen dafür, dass ihr bei einer etwaigen diplomatischen Lösung der Kosovo-Krise eine bestimmte Rolle zukommen könne. Eine solche Initiative könne die Unterstützung Frankreichs finden. So in ewta lautet das Fazit der Verhandlungen, die die Mitglieder des auswärtigen Ausschusses des tschechischen Parlaments mit den Ausschussmitgliedern der französischen Nationalversammlung am Mittwoch in Prag führten.

Wie Roger -Gerard Schwartzenberg für die französische Seite sagte, wolle man mit der Tschechischen Republik keine separate Aktion unternehemen, doch würde man es begrüáen, wenn die Stimme jener Länder, die über eine reiche historische Erfahrung im Balkan verfügten, in Brüssel mehr gehört würden. Die Delegation der französischen Nationalversammlung hält sich zur Zeit zu einem dreitägiegn Besuch in der Tschechischen Republik auf.

Brüssel kritisiert Prag

Nach den Worten von Vize-Premeir Pavel Rychetsky hat Brüssel kürzlich kritisiert, dass jede einzelne von der Nato beabsichtigte Operation auf tschechischem Boden die Zustimmung beider Parlamentskammern erfordere. Rychetsky stellte in diesem Zusammenhang eine notwendige Änderung der tschechischen Verfassung in Aussischt

Verteidigungsminister verhandeln in Prag

Die Verteidigungsminister Ungarns, Polens und der Tschechischen Republik haben noch einmal die starke Unterstützung der Nato seitens ihrer Regierungen bekräftigt. Die Aktionen der Allianz sollten fortgesetzt werden, solange Belgrad nicht auf die fünf vom Nato-Rat definierten Bedingungen der Allianz eingehe, heisst es in einem Kommuniqué, das die Verteidigungsminister am Dienstag in Prag unterzeichneten. Der ungarische Verteidigungsminister Janos Szabo sagte, eine Bombardierung Nordjugoslawiens, wo auch eine grosse ungarische Minderheit lebe, sei unvermeidlich. Im Gegensatz dazu hatte der ungarische Aussenminister Janos Martony noch am Sonntag seinen Unmut über die Bombardierung Nordjugoslawiens zum Ausdruck gebracht. Die Minister bewerteten bei ihrem Treffen erstmals seit ihrem Nato-Beitritt die Ergebnisse der Zusammenarbeit Polens, Ungarns und der Tschechischen Republik. Das nächste Treffen der drei Verteidigungsminister soll schon bald in Polen stattfinden.

Havel für Bodentruppen im Kosovo

Der tschechische Statspräsident Vaclav Havel hat Zweifel angemeldet, dass Luftangriffe die Situation im Kosovo lösen könnten. Ohne Nato-Bodentruppen werde es den verfeindenten Seiten nur schwerlich gelingen, Friedensverhandlungen zu führen. Aufgabe von Friedenstruppen könne es beispielsweise sein, humanitäre Hilfe sicherzustellen und die Entwaffnung beider Seiten vorzunehmen, sagte Havel am Dienstag bei einer Diskussion mit Studenten der Ökonomischen Hochschule in Prag.

Feldlazarett für Kosovo

Voraussichtlich am Montag werden die ersten Sonderzüge mit Material für das Feldlazarett der tschechischen Armee in das Kosovo aufbrechen. Das Feldlazarett wird nach den Worten des Generalstabschefs der tschechischen Armee, Jiri Sedivy, 15 km südöstlich von dem Hafen Durres aufgeschlagen werden.

Hilfskonvoi für Kosovo

Ein Hilfskonvoi von acht LKW ist am Mittwoch nachmittag mit Lebensmitteln, Kindernahrung, Matrazen und Decken in Richtung Albanien, Montenegro und Mazedonien aufgebrochen. Am Freitag sollen zwei weitere LKW folgen. Gekauft wurden die Hilfsgüter von Spendengeldern der Stiftung "Mensch in Not" und der katholischen Caritas.

Europa-Parlament fordert Aufhebung der Benes-Dekrete

Sollte das Europa-Parlament in Strassburg die Ausklammerung von die Vertreibung ethnischer Gruppen betreffenden Dekreten und Gesetzen aus den Jahren 1945 und 1946 fordern , so fordert es nach einer Stellunganhme des tschechischen Aussenmininsteriums die Aufhebung nichtexistierender Gesetze. Nach den Worten des Bereichsdirektors für Mitteleuropa, Jiri Stitler, resultiert die Forderung des Europa-Parlaments offenbar aus einem Missverständnis seitens der Übersetzer, da die betreffenden Gesetze und Dekrete in der Tschechischen Republik nicht existierten. Das Europa-Parlament habe - so Stitler - wohl die Potsdammer Konferenz im Sinne gehabt, die den Transfer der deutschen Bevölkerung aus der damaligen Tschechoslowakei , Polen und Ungarn gebilligt habe. Der Richter des Obersten Gerichtshofes, Vladimir Cermak, liess am Mittwoch verlauten, die sogenanten Benes-Dekrete, um die es hier geht, könnten aufgehoben werden, ohne dass dies rechtliche bzw. eigentumsrechtliche Konsequenzen nach sich zöge. Mehr zu diesem Thema im aktuellen Block im Anschluss an diese Nachrichten.

Gewerkschafter demonstrieren für Temelin

In Prag haben am Mittwoch rund 700 Gewerkschafter für die Fertigstellung des südböhmischen Kernkraftwerks Temelin demonstriert. Vor dem Regierungsamt übergaben die Demonstranten eine von knapp 15.000 Personen unterzeichnete Petition. Unter den Rednern befanden sich u.a. auch zwei Berater des tschechischen Industrie- und Handelsministers Miroslav Gregr.

Die Angestelltengewerkschaft geht davon aus, dass nach der derzeitigen Stagnation des Energieverbrauchs in der Tschechischen Republik nach dem Jahre 2000 wieder mit einem erhöhten Energieverbrauch zu rechnen sein wird. Auáerdem wird die Atomenergie von den Gewekschaftern als eine saubere Alternative zur klassischen Energieerzeugung betrachtet.