Nachrichten Montag, 02. Oktober, 2000
Von Lothar Martin
Innenminister Gross will Vermummungsverbot per Gesetz durchdrücken
Die tschechische Polizei habe nicht damit gerechnet, dass zu der in der zurückliegenden Woche in Prag stattgefundenen Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank so viele radikale Linke aus dem Ausland anreisen und protestieren würden. Das berichtete das Tschechische Fernsehen am Samstag Abend unter Berufung auf die Sprecherin des Polizeipräsidiums Ivana Zelenakova. Die vorausgegangenen Informationen aus dem Ausland seien ungenau gewesen, so dass zu wenig gut ausgerüstete Polizeikräfte bei den Ausschreitungen in Prag an Ort und Stelle gewesen seien, erklärte die Sprecherin. Schätzungen zufolge bewegten sich bei den größten Unruhen am vergangenen Dienstag rund 7000 Demonstranten durch die Prager Innenstadt. Wie der tschechische Innenminister Stanislav Gross in Auswertung der Ereignisse am Sonntag in einer Sendung des privaten Fernsehkanals Nova bekannt gab, werde er sich dafür einsetzen, das Gesetz über Versammlungen dahingehend ändern zu lassen, dass es den Teilnehmern von Demonstrationen und radikalen Protesten in Tschechien nicht mehr gestattet sein wird, ihr Gesicht zu vermummen. Vor Journalisten sprach sich der Innenminister zudem für eine Änderung des Polizeigesetzes aus. Danach soll es den Polizeikräften erlaubt werden, zukünftig Gummiprojektile gegenüber Demonstranten einsetzen zu können.
Dienstbier: Milosevic hat Vermittlung Russlands abgelehnt
Für die Annahme ausländischer Vorschläge zur Hilfe bei der Lösung der politischen Krise in Jugoslawien haben sich in der Nacht zum Sonntag in Belgrad der von der UNO eingesetzte Menschenrechtsbeauftrage für das ehemalige Jugoslawien Jiri Dienstbier und der oppositionelle Präsidentschaftskandidat Vojislav Kostunica ausgesprochen. Bereits am Samstag hatte der tschechische UN-Politiker während seines Aufenthaltes in Montenegro auf Unzulänglichkeiten bei den Ergebnissen der Präsidentschaftswahlen in Jugoslawien, wie sie von der durch das Milosevic- Regime kontrollierten föderalen Wahlkommission veröffentlicht worden sind, hingewiesen. Am Freitag hatte sich Dienstbier in Podgorica mit dem Präsidenten von Montenegro, Milo Djukanovic, getroffen, der - so Dienstbier - von der Wahlniederlage Milosevic´s überzeugt gewesen sei. Jugoslawiens Präsident Slobodan Milosevic wiederum habe eine Vermittlung Russlands zur Lösung der politischen Krise abgelehnt, gab die unabhängige jugoslawische Agentur Beta am Samstag in Podgorica unter Berufung auf eine Aussage des UNO- Menschenrechtsbeauftragten Jiri Dienstbier bekannt.
Premier Zeman favorisiert Vizepremier Rychetsky als neuen Justizminister
Der tschechische Ministerpräsident Milos Zeman sieht den derzeitigen Vizepremier und Vorsitzenden des Legislativrates der Regierung, Pavel Rychetsky, als geeigneten Nachfolger für das Amt des Justizministers an. Die Diskussion um die Neubesetzung des Ministerpostens war ins Rollen gekommen, nachdem der Vorstand der regierenden Tschechischen Sozialdemokratischen Partei (CSSD) am Freitag seine Zustimmung zur Kandidatur des amtierenden Justizministers Otakar Motejl für die neu geschaffene Funktion des Ombudsmannes gegeben hatte. Otakar Motejl wiederum hatte am Samstag über seinen Pressesprecher verlauten lassen, dass er sich erst auf einer Pressekonferenz am Montag über den von ihm beabsichtigten Weg seiner politischen Karriere äußern werde.
Tschechische Sportler errangen acht Medaillen bei Olympiade in Sydney
Mit acht Medaillen im Gepäck - zwei goldenen, drei silbernen und drei bronzenen - kehren die tschechischen Sportler von den am Sonntag zu Ende gegangenen XXVII. Olympischen Sommerspielen in Sydney zurück. Mit dieser Ausbeute landete die Tschechische Republik in der inoffiziellen Medaillenwertung auf dem 28. Platz unter den 199 Teilnehmerländern, von denen genau 80 zu Medaillenehren kamen. Das achte und letzte Edelmetall für Tschechien erkämpfte der Boxer Rudolf Kraj, der im Finale der Gewichtsklasse bis 81 kg dem Russen Lebzjak unterlag und somit die Silbermedaille gewann. Zu den Olympischen Spielen in Sydney schrieb die auflagenstärkste tschechische Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" in ihrer Samstagausgabe u.a.: "Es gibt keinen Zweifel, dass Juan Antonio Samaranch die abgelaufenen Spiele in seiner Abschlussrede als ´die besten aller Zeiten´ bezeichnen wird - das hat er schließlich nach Barcelona und Atlanta auch getan. Der Unterschied: Sydney hätte es wirklich verdient, denn es ist weder die Geburtsstadt von Samaranch (wie Barcelona), noch ein definitiver Jahrmarkt (wie es Atlanta war).
Tarife im Gesundheitswesen sollen um 10 Prozent angehoben werden
Mit Wirkung vom Sonntag, dem 1. Oktober, sollen in der Tschechischen Republik die Tarife für Ärzte und Krankenschwestern in den Krankenhäusern um zehn Prozent angehoben werden. Darauf hatten sich die Gewerkschaftsverbände mit der Regierung geeinigt. Für die Erhöhung der Tarife machte Gesundheitsminister Bohumil Fiser jedoch zur Bedingung, dass in den jeweiligen Krankenhäusern eine ausgeglichene Bilanz gewahrt werden muss.
Schwerer Unfall in Ostböhmen: zwei Tote und 17 Verletzte
Zwei Tote und 13 Verletzte hat am Sonntag ein schwerer Verkehrsunfall nahe der ostböhmischen Stadt Tyniste nad Orlici gefordert. Beim Zusammenprall eines PKW´s und eines Kleinbusses sind beide Fahrer getötet, zehn Personen schwer und drei Personen leicht verletzt worden, gab ein örtlicher Polizeibeamter gegenüber der Nachrichtenagentur CTK bekannt. Die Unfallursache werde derzeit noch geklärt, ergänzte der Beamte.