Nachrichten Montag, 22. Juni, 1998
Radio Prag Nachrichten 22.6.1998 14 Uhr:
Havel - politische Parteien
Über die politische Lage nach den vorgezogenen Parlamentswahlen wird heute nachmittag Präsident Václav Havel auf der Prager Burg mit den Vorsitzenden der Sozialdemokraten, der Demokratischen Bürgerpartei, der Christdemokraten und der Freiheitsunion verhandeln. Als den ersten wird der Staatpräsident den Chef der Siegerpartei - der CSSD, Milos Zeman empfangen. Die ersten Treffen der Politiker am Sonntag brachten keine Antwort auf die Frage, wer die Koalitionsregierung zusammenstellen wird. Die Christdemokraten und die Freiheitsunion können sich entscheiden, ob sie eine Koalition mit den Sozialdemokraten oder mit der Demokratischen Bürgerpartei schliessen. Die Koalition mit der CSSD wird von der Freiheitsunion abgelehnt. Die Kommunisten wurden zu den Gesprächen auf der Prager Burg nicht geladen, auch wenn sie als die drittstärkste Partei mit 24 Mandaten aus den Wahlen hervorgingen.
Havel - Regierungsbildung
Das Vorhaben von Präsident Václav Havel, die Sozialdemokratische Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen, wurde heute von Präsidentensprecher Ladislav Spacek im Tschechischen Rundfunk bestätigt. Die Sozialdemokraten haben die Wahlen zwar gewonnen, sie haben jedoch nicht die erforderliche Mehrheit erreicht. Deswegen werden sie offensichtlich über eine der Varianten der Koalitionsregierung verhandeln.
Klaus - Zeman
Der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Milos Zeman, ist heute mittag mit dem Chef der Demokratischen Bürgerpartei, Václav Klaus zusammengetroffen. Dieses Treffen fand noch vor den Gesprächen statt, die Präsident Havel mit den Chefs aller 4 demokratischen Parlamentsparteien führen soll. Zeman und Klaus einigten sich darauf, dass der Staatspräsident die übliche Vorgehensweise nach den Wahlen einhalten und Zeman als Chef der Siegerpartei mit der Regierungsbildung beauftragen soll. Milos Zeman soll den Informationen der Nachrichtenagentur CTK zufolge heute auch mit dem Chef der Kommunisten, Miroslav Grebenícek, zusammentreffen.
Ruml - Lux
Das erste Treffen des Vorsitzenden der KDU-CSL, Josef Lux mit dem Vorsitzenden der Freiheitsunion, Jan Ruml, nach den Wahlen, das gestern stattfand, und an dem auch Minister Vladimír Mlynár von der Freiheitsunion teilnahm, hat an der Entscheidung der Union, sich an einer breiten Koalition mit den Sozialdemokraten und der Christdemokraten n i c h t zu beteiligen, nichts geändert. Die Politiker konsultierten die gegenwärtige Lage und einigten sich darauf, dass für sie die Änderung des politischen Stils von absoluter Priorität ist.
Zemák - Tournee
Der Wahlbus der Sozialdemokraten - der sog. "Zemák" - startet am Donnerstag zu einer 7-tägigen Tour durch die Republik, bei der die Sozialdemokraten den Wählern danken wollen. Der Bus Zemák legte während der Wahlkampagne mehr als 15.000 Kilometer zurück, an den Wahlversammlungen in insgesamt 700 Städten und Dörfern nahmen mehr als 120.000 Menschen teil.
Svoboda - Právo
Die Rolle des Chefunterhändlers für die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen zwischen der ODS, der KDU-CSL und der Freiheitsunion könnte der Vizechef der KDU-CSL, Cyril Svoboda, übernehmen. Mit dieser Möglichkeit befasst sich die links orientierte Tageszeitung Právo in ihrer Montagsausgabe unter Hinweis auf die wenig guten persönlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Chefs der konservativen Parteien. Die Zeitung stützt sich unter anderem auf unbestätigte Informationen darüber, dass Cyril Svoboda während seines Treffens mit Präsident Václav Havel vor den Wahlen eben die Varianten der Koalitionen diskutierte, die nach den Wahlen möglich sind. Ausserdem habe - so Právo - Havel Cyril Svoboda als seinen beliebten Politiker bezeichnet.
Zieleniec - Freiheitsunion
Die Freiheitsunion sollte nach Meinung des ehemaligen Aussenministers und Vizechefs der ODS, Josef Zieleniec, bei den Gesprächen über ihre Teilnahme an der Regierung darauf bestehen, dass politische Verhandlungen, die auf Korruption und öffentliche Lügen basieren, nicht akzeptiert werden könnten. Falls dies von den eventuellen Koalitionspartnern nicht respektiert würde, sollte die Freiheitsunion in der Opposition bleiben. Dies erklärte Zieleniec heute im Gespräch für die links orientierte Tageszeitung Právo.
Sedivý - Wahlen
Aussenminister Jaroslav Sedivý bewertet das Wahlresultat als gut und befürchtet keine wesentliche Änderungen der Aussenpolitik. Dies erklärte Sedivý gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Er würdigte die Tatsache, dass die bisherige tschechische Aussenpolitik während der Wahlkampagne von Parteien, die eventuell in der Regierung vertreten sein werden, nicht angegriffen wurde.
Vlk - Wahlen
Das Oberhaupt der tschechischen katholischen Kirche, Kardinal Miloslav Vlk, hat gestern die hohe Wahlbeteiligung sowie die Tatsache gewürdigt, dass die Tschechen mit der niedrigen Stimmenanzahl für Sládeks Republikaner ihre Beziehung zu den extremistischen Tendenzen in der Gesellschaft zum Ausdruck brachten. "Darin sehe ich ein Zeichen der Reife und der Hoffnung", erklärte der Prager Erzbischof gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Der Kardinal nahm gestern in Wien an dem Gottesdienst teil, bei dem Papst Johannes Paul II. die aus Brünn stammende Ordensschwester Marie Restituta Kafka, die 1943 von den Nazis hingerichtet wurde, seliggesprochen hat.
Krone - Aufwind
Die tschechische Krone ist wieder im Aufwind. In Reaktion auf die Wahlresultate ist der Kronenkurs von 18,70 Kronen für eine DEM um 22 Heller stärker geworden. Darüber informierte der ein Mitarbeiter der Ceskoslovenská obchodní banka.
Agrobanka - Verkauf
Mit der Unterzeichnung der Schlussdokumente ist heute der Verkauf des sog. "gesunden" Teils der Agrobanka an die neu errichtete Bank GE Capital Bank beendet worden, die eine Tochtergesellschaft des Konzerns General Electric ist. Darüber informierte der Sprecher der Tschechischen Nationalbank, Martin Svehla.
Zum Abschluss der Wetterbericht:
Heute ist es in Tschechien bewölkt bis bedeckt mit Regenschauern und Gewittern. Die Tageshöchsttemperaturen bewegen sich zwischen 22 und 26 Grad. Am Dienstag wird es heiter bis bewölkt mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 20 und 24 Grad sein.
Soweit die Nachrichten, mit dem weiteren Programm macht Sie jetzt meine Kollegin Jana Bodický bekannt.