Milos Zeman, Vaclav Klaus und Jaroslava Moserova (Foto: CTK)
Einen Tag bevor die Mitglieder beider Parlamentskammern ein zweites Mal versuchen, ein neues Staatsoberhaupt zu wählen, verdichteten sich in Prag die unterschiedlichsten Gerüchte über die Verhandlungen der Kandidaten mit den Parlamentariern der einzelnen Parteien. Hören Sie mehr im folgenden Beitrag von Gerald Schubert:
Milos Zeman, Vaclav Klaus und Jaroslava Moserova (Foto: CTK)
Die tschechischen Zeitungen sind dieser Tage voll mit diversen Tortendiagrammen und schematischen Darstellungen der Sitzaufteilung in Senat und Abgeordnetenhaus. All diese graphischen Krücken dienen dabei praktisch nur einem Zweck: Nämlich ein bisschen Übersicht in die möglichen Abstimmungsvarianten zu bringen, die am Freitag - in einem zweiten Anlauf bereits - über den Nachfolger von Vaclav Havel als tschechisches Staatsoberhaupt entscheiden sollen. Seit der erfolglos gebliebenen ersten Wahlrunde am vergangenen Mittwoch sind nun zwei neue Kandidaten ins Spiel gekommen und haben die Karten neu gemischt: Der sozialdemokratische Expremier Milos Zeman und die Abgeordnete der kleinen "Demokratischen Bürgerallianz" ODA, Jaroslava Moserova, die vermutlich auch Stimmen von christdemokratischen, liberalen und unabhängigen Parlamentariern erhalten wird. Vaclav Klaus von der Demokratischen Bürgerpartei ODS ist der einzige der nunmehr drei Kandidaten, der auch schon in der ersten Runde vergangene Woche sein Glück versucht hatte.
Milos Zeman (Foto: CTK)
Die Verhandlungen, die hinter den Kulissen in der kurzen Zeit zwischen den Wahlgängen bisher geführt werden konnten, ließen an Spannung und Dramatik nichts zu wünschen übrig. Denn mit dem Antreten Moserovas, das erst am Dienstag offiziell wurde, schienen plötzlich wieder die unterschiedlichsten Möglichkeiten im Abstimmungsverhalten der Gesetzgeber denkbar. Dass dadurch die Nervosität gestiegen ist, das liegt auf der Hand. Die beinahe logische Folge: Gegenseitige Anschuldigungen bezüglich unlauterer Methoden in der Verhandlungsführung spitzten sich rasant zu. Der neueste Renner an der Prager Gerüchtebörse: Die Sozialdemokraten hätten der ODS einen Handel vorgeschlagen, der Zeman das Präsidentenamt bringen und Klaus zurück auf den Posten des Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses hätte hieven sollen. Und wie es in Zeiten gesteigerter politischer Anspannung eben so ist: Offiziell wird alles geleugnet, um dann inoffiziell wieder bestätigt zu werden. So ein Angebot sei zwar nicht wirklich vorgelegt worden, "flöge aber durch die Luft", wie sich ein ODS-Unterhändler ausdrückt.
Ein weiterer Vorwurf an Zeman: Dieser versuche, durch das Anbieten von lukrativen Posten oder sogar Geld die Stimmen von Parlamentariern zu kaufen. Sein Kontrahent Vaclav Klaus dazu:
Vaclav Klaus (Foto: CTK)
"Ich glaube nicht, dass man über diese Sache mit Zugeständnissen, sowie durch Hökern und Schachern verhandeln soll. Für mich wäre das so peinlich und unwürdig, dass ich mir nicht vorstellen könnte, derlei Dinge laut zu sagen. Selbst wenn ich es wollte."
Auf die Journalistenfrage, ob er, Klaus, denn nicht hinter den Kulissen verhandle, meinte dieser, dies sei ja legitim, nur solle man dabei nicht mit unlauteren Methoden arbeiten. Welche Methoden konkret? Das wisse er nicht. Er habe eben auch so seine Gerüchte gehört.
Zeman selbst streitet natürlich ebenfalls jeden Versuch des Stimmenkaufs ab:
"Ich wiederhole nochmals, dass ich niemandem Geld oder lukrative Posten anbiete. Ich biete meine Ansichten an, und meine Vorstellungen über die Ausübung des Präsidentenamtes."
Dass auch die Kommunisten die Gerüchteküche nähren, um sich als eventuelles Zünglein an der Waage im Spiel zu halten, das ist ebenfalls nicht überraschend. Der Ruf nach einer Direktwahl des Präsidenten jedenfalls ist in den letzten Tagen hörbar lauter geworden.