Neue Spekulationen: Musste Roman vorsorglich als ČEZ-Chef zurücktreten?

Martin Roman

Der Energiekonzern ČEZ ist die staatliche Firma in Tschechien, die den meisten Gewinn abwirft. Umso verwunderlicher ist es dann, wenn der Chef eines solchen Erfolgsunternehmens urplötzlich von Bord geht. Martin Roman, der mehr als sieben Jahre an der Spitze des Energieriesen stand, aber hat genau das am vergangenen Donnerstag getan. Auf eigenen Wunsch, heißt die offizielle Version zu seinem Rücktritt, doch die Spekulationen reißen nicht ab, dass da mehr hinter dem eiligst vollzogenen Führungswechsel von Roman auf Daniel Beneš steht.

Martin Roman
Der halbstaatliche Konzern ČEZ hat unter der Führung von Martin Roman knapp 10 Milliarden Euro an Einnahmen für den tschechischen Staat abgeworfen. Dieses imposante Ergebnis weiß auch der Botschafter für Energiesicherheit des Landes, Václav Bartuška, zu würdigen:

„Martin Roman hat bei ČEZ ein großes Stück Arbeit geleistet. Ihm ist es gelungen, das staatliche Eigentum an ČEZ mindestens um das Sechsfache aufzuwerten. Er hat das Unternehmen zu einem der Energiegiganten in Europa gemacht.“

Miroslav Kalousek,  foto: ČTK
Und dann trotzdem ein solch plötzlicher Abgang? Für viele Politiker und Wirtschaftsexperten kam er völlig überraschend, nicht aber für Finanzminister Miroslav Kalousek:

„Da der Finanzminister das Aktionärsrecht in der Aktiengesellschaft ČEZ ausübt, wusste ich bescheid. Und wenn ich die durchgeführten Schritte als nicht richtig angesehen hätte, dann wären sie auch nicht vollzogen worden.“

Kalousek meinte damit den angeblich freiwilligen Rücktritt von Roman als Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender von ČEZ sowie die Neubesetzung des Direktorpostens durch den vorherigen Exekutivdirektor Daniel Beneš. Eine solche Umbesetzung sei an und für sich nichts Ungewöhnliches, nach den Verdiensten Romans aber hätte man diese auch mit der entsprechenden Danksagung verbinden müssen, wunderte sich nicht nur Václav Bartuška. Die Analytikerin der Tageszeitung „Lidové noviny“, Lenka Zlámalová, weist dazu auf einen besonderen Aspekt hin:

Lenka Zlámalová
„Herr Roman ist in der Tat von sich aus zurückgetreten. Er behauptete dabei, diesen Schritt im Einvernehmen mit dem Premier getan zu haben. Demgegenüber ist allerdings zu beobachten, wie wenig Premier Nečas zu diesem Abgang zu sagen hat. Und bei seiner Israel-Reise auf die Personalie angesprochen, war eine große Kälte und Distanz von Nečas zu Martin Roman zu spüren.“

In einem Interview für die Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“ hat Nečas unter anderem erwidert, dass sich ČEZ stärker auf die Kernenergie und den Ausbau der heimischen Energieerzeugung ausrichten müsse. Dabei ließ er durchblicken, dass er zum Beispiel den zügigen Ausbau des Atomkraftwerks Temelín eher Beneš als Roman zutraut. Die Wirtschaftszeitung „Hospodářské noviny“ kommt am Mittwoch allerdings zu der Feststellung, dass es sich bei diesen Aussagen wohl eher um ein Täuschungsmanöver von Nečas gehandelt habe. Die Begründung: Sowohl Roman als auch Beneš hätten stets in etwa die gleiche Strategie für ČEZ verfolgt, darunter auch den Ausbau von Temelín. Daher hält sich jetzt hartnäckig das Gerücht, dass man Roman wegen seiner angeblich undurchsichtigen Geschäftspraktiken außerhalb von ČEZ vorsorglich aus der Schusslinie nehmen wollte. Auch und in erster Linie, um die „Goldesel-Rolle“ des Unternehmens nicht zu gefährden. Für den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses im Abgeordnetenhaus, Milan Urban, ist der Wechsel zu Beneš deshalb auch ein logischer Schritt:

„Ich denke, das ist eine gute Wahl. Daniel Beneš ist ein erfahrener, verantwortungsbewusster und ausgezeichneter Manager.“