Neue Strategie: Tschechien will unter die Top 20 der konkurrenzfähigsten Länder
Die Wirtschaft der Tschechischen Republik muss sich neu wappnen. Die Erkenntnisse, die man aus der globalen Wirtschaftskrise gezogen habe, und die Anforderungen des internationalen Konkurrenzkampfes erfordern es einfach, dass man sich besser rüstet, stellte der tschechische Minister für Industrie und Handel, Martin Kocourek, am Montag in Prag auf der Mitgliederversammlung der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer (DTIHK) fest. Deshalb arbeite sein Ministerium derzeit gerade an einer Strategie zur Wettbewerbsfähigkeit der Tschechischen Republik, so Kocourek.
„Das Bruttoinlandsprodukt ist im vergangenen Jahr um mehr als zwei Prozent gestiegen, was in der Europäischen Union ein überdurchschnittliches Ergebnis ist.“
Im gleichen Atemzuge verwies Kocourek aber auch darauf, dass die Kernstaaten der europäischen Wirtschaft noch viel besser in Schwung gekommen sind. Einer dieser Kernstaaten ist natürlich Deutschland, wo das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im letzten Jahr um mehr als 3,5 Prozent gestiegen ist. Das sei ein Ergebnis, von dem auch die Tschechische Republik profitiere, betont Kocourek:„Die Tschechische Republik hat den Vorteil, dass sich dank der großen Verknüpfung unserer Wirtschaftssysteme, basierend auf der gemeinsamen Grenze und Geschichte, auch ein Teil des deutschen Wachstums in den Resultaten unserer Wirtschaft niederschlägt.“
Das aber allein genügt nicht, um voranzukommen. Im Gegenteil: Aufgrund des traurigen Kapitels einer 40 Jahre währenden zentralen Planwirtschaft in der damaligen Tschechoslowakei ist das Niveau des tschechischen Bruttoinlandsprodukts immer noch weit entfernt von dem des Nachbarstaats Deutschlands. Und daher müsse eine junge, dynamische Wirtschaft wie die der Tschechischen Republik in Zukunft auch schneller wachsen, um den Abstand zu verringern, erklärte der Minister. Aus diesem Grund arbeitet sein Ministerium derzeit gerade ein umfangreiches Strategiepapier zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Tschechischen Republik aus. Ausgangspunkt für eine solche Strategie seien stets tiefgreifende Analysen über den Ist-Zustand. Solche Analysen seien sowohl von seinem Ministerium als auch vom Nationalen Wirtschaftsrat der Regierung (NERV) durchgeführt worden, sagte Kocourek. Was aber haben sie zu Tage gefördert?
„Die vorliegenden Analysen haben gezeigt, dass die tschechische Wirtschaft trotz partieller Verbesserungen leider weiterhin zu großen Teilen auf der Nutzung von billigen Arbeitskräften basiert. Große Probleme bereiten uns dagegen die ineffektiven öffentlichen Institutionen, eine überzogene Regulierung und potenzielle Korruption.“Und Kocourek scheute sich nicht, noch andere „Wahrheiten“ auszusprechen:
„Das Wirtschaftswachstum basiert nach wie vor zu einem großen Teil auf Schulden, die wir gegenüber dem Ausland haben. Der Anstieg der Arbeitsproduktivität hingegen ist weiter rückläufig. Zudem fehlt uns weiterhin ein zentrales Netz der Infrastruktur. Mit dessen Bau wurde zwar begonnen, doch die Vollendung ist noch nicht in Sicht.“Die Konsequenz all dessen sei, dass Tschechien im internationalen Ranking des Weltwirtschaftsforums (WEF), geführt als Global Competitiveness Index, im vergangenen Jahr vom 31. auf den 36. Platz zurückgefallen ist. Demgegenüber habe Tschechien durchaus auch positive Entwicklungen vorzuweisen, sagte Kocourek, um gleich darauf zu relativieren:
„Auf der anderen Seite sind wir relativ stark, was zum Beispiel die Ergebnisse in Wissenschaft und Forschung betrifft. Es ist jedoch notwendig, auch dahinter ein Aber zu setzen: Und zwar deshalb, weil wir nicht fähig sind, diese Ergebnisse gut zu verkaufen und kommerziell in die Praxis einzuführen.“All die genannten Probleme zu benennen sei zwar wichtig, doch damit alleine sei es nicht getan. Sein Ministerium habe daraus vielmehr eine Konsequenz gezogen, so Kocourek:
„Deshalb haben wir ein Dokument mit konkreten Zielen und einem Zeitplan ihrer Implementierung erarbeitet. Darum knüpft an die Analyse unserer Konkurrenzfähigkeit nun die Strategie der internatonalen Wettbewerbsfähigkeit der Tschechischen Republik an. Eine Strategie, die bis zum Jahr 2020 geht.“Und eine Strategie, der auch ein hohes Ziel zugrunde liegt, ließ der Wirtschaftsminister keinen Zweifel:
„Wir haben uns das ambitionierte Ziel gestellt, binnen der nächsten zehn Jahre unter die Top 20 der konkurrenzfähigsten Länder der Welt zu kommen.“
Beim Herangehen an dieses große Ziel sei es wichtig, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass die Top 20-Nationen unter den konkurrenzfähigsten Ländern der Erde schon längst nicht mehr nur aus Europa kommen. Ein Blick genüge, und man wird feststellen, dass sehr starke Globalplayer inzwischen auch aus Asien kämen, betonte Kocourek. Nichtsdestotrotz habe Tschechien gute Chancen, sein großes Ziel auch umzusetzen, resümierte der Minister:„Die Tschechische Republik hat unserer Ansicht nach alle Voraussetzungen, um eine wesentliche Erhöhung und langjährige Aufrechterhaltung des Lebensniveaus unserer Bürger anzustreben. Die Ambition, im nächsten Jahrzehnt unter die Top 20 der konkurrenzfähigsten Länder der Welt zu gelangen, ist unserer Meinung nach nicht unrealistisch.“Dafür aber gebe es in allen Bereichen noch jede Menge zu tun, beteuerte der Minister immer wieder. Und die anschließende Diskussion an seinen Vortrag belegte einmal mehr aufs Neue, dass auf dem Weg zu den Top 20 noch mehrere dicke Brocken liegen, die man endlich beiseite räumen muss.