Neue Strategie Tschechiens in den EU-Beitrittsverhandlungen

Die Tschechische Republik hat in einigen Bereichen auf das Ansuchen um Übergangsfristen verzichtet, um die EU-Beitrittsverhandlungen zu beschleunigen. Genaueres über diese Änderung in der tschechischen Strategie erfahren Sie von Dagmar Keberlova.

Am Vorabend seiner Verhandlungen in Brüssel gab Premier Milos Zeman bekannt, dass die Tschechische Republik in einigen Bereichen von ihrem Ansuchen um Übergansfristen zurückgetreten ist. Diese Übergangsfristen betrachtete Tschechien bisher als erforderlich für eine einfachere Implementierung der EU-Richtlinien, des sogenannten acquis communautaire, in die tschechischen Strukturen. Konkret handelte es sich dabei um ca. 10 solcher Fristen. So meldete Prag nach Brüssel, dass Tschechien fortan nicht mehr um eine Verschiebung der Liberalisierung des Strommarkts bis 2005, wie ursprünglich vorgesehen, ansuche. Ebenfalls verzichte Tschechien auf Ausnahmen im Bereich der Telekommunikations- und Treibstoffsteuern sowie teilweise auch im Umweltbereich. Dies bedeutet, dass zum Zeitpunkt des EU-Beitritts Tschechiens hierzulande die gleichen Gesetze gelten werden wie in der Europäischen Union. Der tschechische EU-Chefunterhändler, Pavel Telicka, erklärte, dass diese Abstriche wahrscheinlich nicht die letzten sein werden:

"Die entscheidende Phase, in der wir von unseren Positionen möglicherweise abtreten werden müssen, liegt noch vor uns. Tschechien hat einige Interessen im Spiel, einige Übergangsfristen sind erforderlich und auf denen, die legitim sind, wollen wir bestehen."

Die Rücknahme einiger Forderungen ist ein Resultat der ständigen Neubewertung der Positionen bezüglich der einzelnen Kapitel auf beiden Seiten. Ferner ändere sich seit der Ausarbeitung der Verhandlungspositionen oft die Situation in den einzelnen Ressorts im Lande, so dass sich die Übergangsfristen teilweise als überflüssig erwiesen, fügte Telicka hinzu. Darüber hinaus ist der Verzicht Tschechiens sowie weiterer Beitrittskandidaten wie Polen und Ungarn eine Folge des wachsenden Drucks der EU auf die Beschleunigung der Beitrittsverhandlungen.

Die Europäische Kommission fordert die Kandidatenländer auf, von den Übergangsfristen abzusehen, um die Verhandlung der EU-Positionen zu erleichtern. In diesem Sinne äußerte sich auch der EK-Generaldirektor für Erweiterung Eneko Landaburu: "Wenn das Kandidatenland erklärt, es akzeptiert zur Gänze die EU-Richtlinien, und beweist, dass es den acquis communautaire anwenden kann, können wir sehr schnell voranschreiten", so Landaburu, der Flexibilität von den Kandidatenländern verlangt, sie aber auf der anderen Seite auch von EU-Seite verspricht.