Neues Selbstbewusstsein in schweren Zeiten: Treffen der Visegrád-Gruppe in Warschau

Foto: ČTK

Vom Brexit bis Donald Trump – Europa und die Welt sind im Umbruch. Dessen sind sich auch die vier Staaten der Visegrád-Gruppe bewusst. Zu Anfang dieses Monats übergab Tschechien den Vorsitz des Bündnisses an Polen. Auf dem ersten Treffen der Regierungschefs unter polnischer Leitung in Warschau wurde eine (neue) Grundhaltung deutlich: Zusammenstehen und Selbstbewusstsein zeigen. Strahinja Bucan fasst zusammen.

Robert Fico,  Bohuslav Sobotka,  Beata Szydło und Viktor Orbán  (Foto: ČTK)
Es ist ein anstrengender Juli für Polen, ein Juli voller Gipfel. Erst trafen sich in Warschau die führenden Repräsentanten der Nato, nun jene der Visegrád-Staaten und Ende des Monats kommt Papst Franziskus zu den Weltjugendtagen nach Krakau. Das hat auch einen Grund: Mitteleuropa, und somit auch Polen, wird zu einem der wichtigsten Schauplätze europäischer Politik.

Gerade die Visegrád-Gruppe – die lose Kooperation der mitteleuropäischen Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn – soll zu einem wichtigen Player auf dem Kontinent werden. Und das auch in der Frage, wie die EU in Zukunft aussehen soll nach dem Ja der Briten zum EU-Austritt. Robert Fico ist Premier der Slowakei, die zurzeit den Vorsitz des Rates der EU hat:

Foto: Europäische Kommission
„Ich erwarte, dass wir verbliebenen 27 Staaten jetzt mit der Suche eines neuen Angebots für die europäische Öffentlichkeit beginnen. Und zwar eines Angebots, das auf der einen Seite die Stärken der EU hervorhebt. Auf der anderen Seite sollte es aber auch auf die noch vorhandenen Fehler und Schwächen der Union aufmerksam machen. Ein Angebot, das Vertrauen zurückbringt. Ich bin froh, dass wir bei unserem Treffen zu diesem Schluss gekommen sind: Die Visegrád-Gruppe wird einen gemeinsamen Standpunkt in dieser Frage einnehmen.“

Man müsse vor allem auf die Befindlichkeiten und Wünsche der jeweiligen Völker eingehen, so Fico weiter. Auch seine polnische Amtskollegin, Beata Szydło, stimmt dem uneingeschränkt zu:

Die EU verkörpere Werte, die es zu schützen und weiterentwickeln gelte, so die polnische Regierungschefin. Aber man sollte auch nicht davor zurückschrecken, die Union zu verändern.

Foto: Jeff Djevdet,  CC BY 2.0
Vor allem das Ja der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union war ein Schock für die Visegrád-Staaten. Und das nicht nur wegen eines drohenden Auseinanderbrechens der Gemeinschaft. Allein rund eine Million Polen arbeiten zurzeit im Vereinigten Königreich und sind somit die größte Einwanderergruppe dort. Ihre Zukunft ist nun ungewiss, besonders deshalb, weil es nach dem Referendum vermehrt zu fremdenfeindlichen Übergriffen gekommen ist. Tschechen dahingegen stellen eine kleinere Gruppe jenseits des Ärmelkanals dar. Dennoch hat auch das Schicksal dieser rund 40.000 Menschen höchste Priorität bei den Austrittverhandlungen, so der tschechische Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten):

Donald Trump  (Foto: ČTK)
„Es ist einer der unumstößlichen Grundsätze der tschechischen Haltung, aber auch der restlichen Visegrád-Staaten: Unsere Arbeitskräfte dort sollen soweit die gleichen Bedingungen haben, wie die Briten selbst.“

Daneben mussten sich die Regierungschefs aber noch mit einer globaleren Frage auseinandersetzen, die mehr oder weniger in den Gipfel platzte: Die Präsidentschaftswahlen in den USA und ihr möglicher Sieger Donald Trump. Dieser verkündete auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner, er wolle als Präsident nicht für die Sicherheit der restlichen Nato-Staaten garantieren. Jedenfalls solange nicht, bis die Zahlungen an das Bündnis stimmen. Die Nato selbst ist von diesen Ideen eher überrascht. Petr Pavel ist Vorsitzender des Nato-Militärausschusses:

Foto: Jan Černý,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Sollte ein Mitglied der Allianz angegriffen werden, tritt nach wie vor Artikel fünf des Nato-Vertrages in Kraft, so der General.

Der Artikel fünf regelt im Verteidigungsfall den Beistand in der Nato. Bisher wurde er erst ein einziges Mal bemüht: Für die USA nach den Anschlägen am 11. September 2001.