Historiker diskutierten über die Ursachen und Auswirkungen der Kaadener Tragödie vom 4. März 1919
Am 4. März 1919 - also kurz nach der Entstehung der Tschechoslowakischen Republik - spielte sich im westböhmischen Kadan/Kaaden ein höchst tragisches Ereignis ab, das unter dem Begriff "die Tragödie von Kaaden" in die Geschichte eingegangen ist. Was genau damals in Kaaden passiert ist und
wie die Stellung der Deutschen im tschechoslowakischen Staat kurz nach seiner Entstehung im Jahre 1918 war - mit diesen Fragen befassten sich tschechische und deutsche Historiker, Archivare und Politologen am Freitag bei einem Seminar mit dem Titel "Kaadener Tragödie oder Sudetendeutsche und die Entstehung der Tschechoslowakei". Die Hauptveranstalter des Seminars waren Studenten - Mitglieder der Bewegung "Antikomplex" - Bewegung gegen Fremdenhass. Einer von ihnen, Matej Spurny, begründete die Wahl des Seminarthemas gegenüber Radio Prag:
"In allem, was wir machen, oder fast allem, geht es um die Reflexion von uns selber, d.h. von unserer Gesellschaft, von unserer Geschichte, d.h. wir konzentrieren uns vor allem auf die tschechisch-deutschen Beziehungen und auf die Reflexion von den Konflikten, aber auch schöneren Sachen der deutsch-tschechischen Beziehungen in der Geschichte. Von diesen Ereignissen sind nicht nur die Ereignisse aus dem Jahr 1945 oder 1938 wichtig, sondern auch Ereignisse, die viel früher geschehen sind. Dazu gehören auch die Anfänge der tschechisch-deutschen Beziehungen in der Tschechoslowakischen Republik und vorher im Ersten Weltkrieg. Der 4. März - die Kaadener Ereignisse - die wurden zu einem Symbol von dieser schwierigen Zeit. Deshalb wollten uns damit beschäftigen, weil diese Ereignisse nicht so bekannt sind - wie andere Ereignisse, die ebenso wichtig sind."
Was sich am 4. März in Kadan abspielte - dazu noch einmal Matej Spurny:
"Es ist immer schwierig, etwas aus der Geschichte kurz zusammen zu fassen, aber ich versuche es. Am 4. März 1919 wollten Deutsche aus Böhmen, Mähren und Schlesien zeigen, dass es ihnen nicht gut geht - in vielerlei Sinn. Erstens war es ihre Reaktion gegen Hungernot, gegen Währungsreform, aber es waren auch Demonstrationen mit einem politischen Ziel. Die Deutschen wollten sagen, dass sie zu dem neuen Staat nicht gehören, dass sie zur tschechischen Nation nicht gehören und in diesem Staat nicht leben wollen. Das haben sie mit ihrer Demonstration gezeigt, und die tschechische Reaktion war sehr hart, brutal - kann man sagen. Es war die härteste Reaktion auf eine Demonstration in der ganzen Geschichte der Ersten Tschechoslowakischen Republik."