KHAMORO 2001 - Festival der Roma-Kultur
Wie wir bereits in den vergangenen Tagen berichteten, findet diese Woche in Prag - bereits zum 3.Mal - das Roma-Kultur-Festival "Khamoro" statt. Nicht wegzudenken von ihm sind - wie könnte es bei der so stark von Musik geprägten Roma-Kultur auch anders sein - Konzerte von Gruppen, die aus diesem Anlass aus ganz Europa, aber auch z.B. aus Ägypten nach Prag kamen. Zum Festival gehören aber auch Fachseminare, bei denen die Roma-Problematik aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet wird. Unter dem Motto "Kultur und Sprache der Roma" - fand am Donnerstag beispielsweise im Gebäude des tschechischen Senats ein Seminar statt, das auch Radio Prag verfolgt hat. Mehr dazu von Jitka Mladkova.
Die thematisch vielfältigen Khamoro-Seminare sind für eine breite Öffentlichkeit bestimmt, wissen wir - die sogenannte Mehrheitsgesellschaft - doch immer noch so wenig über die Roma, über ihre reichhaltige Kultur, alten Traditionen und Lebensweisen. Das Thema "Kultur und Sprache der Roma" kam aber offensichtlich vor allem bei Angehörigen der Roma - Minderheit gut an, wovon nicht zuletzt auch die zumeist von ihnen gefüllten Senatorenbänke zeugten. Viele der Fakten, die es in den einzelnen Vorträgen zu hören gab, wie z.B. in dem von Nadeschda Demeter aus Moskau, gelten beinahe als allgemein bekannt. Und doch werden sie oft übersehen, ja ignoriert, wenn ein Gadscho - so nennen die Roma ihre "weißen" Mitbürger - ein Bild der Roma zeichnet und dabei nicht selten von bestimmten Stereotypen beeinflusst ist.
Im Seminar war viel von den traditionellen Werten der Roma die Rede, die Jahrhunderte lang überlebt haben. Und dies obwohl sich die Roma auf der anderen Seite von der jeweiligen Gesellschaft bzw. dem Land, in dem sie lebten, stark beeinflussen ließen. Das Industriezeitalter verdrängte sie oft an den Rand der Gesellschaft. Hier ist aber für das traditionelle Handwerk wenig Platz und die oft lückenhafte Grundausbildung der Roma reicht nicht für ein besseres Dasein aus. Bereits das Verhältnis der meisten Roma zur Bildung ist traditionell negativ, da diese nie eine bedeutende Stelle in der Werteskala einnahm, weil sie den Roma als etwas galt, was einen in Versuchung versetzen könnte, andere Ziele als die der eigenen Sippe zu verfolgen. Nun aber gilt Bildung als Grundlage für die weitere Existenz. Auf der Suche nach einer eigenen Identität, die ihnen Selbstbewusstsein gibt und die allgemein verbreiteten Gefühle der Minderwertigkeit verdrängt, brauchen die Roma vor allem eine eigene Sprache in einer standardisierten und kodifizierten Form. Diese gibt es aber bislang nicht. Die Roma-Sprache war also das Motto des Seminars. Ich fragte Dr. Milena Hübschmannova von der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität Prag, welche Möglichkeiten Roma-Kinder in Tschechien haben, ihre Muttesprache zu lernen:
"Also, ich würde sagen, der politische Wille der obersten Stellen ist vorhanden, aber das Problem besteht darin, dass es immer noch nicht genug Lehrer bei uns gibt, die in der Lage sind, die Roma-Sprache zu unterrichten. Da gibt es zwar viele Roma, die diese Sprache perfekt beherrschen, aber keine pädagogische bzw. theoretische Ausbildung in ihrer Muttersprache absolviert haben. Die Roma-Sprache gibt es bei uns als Fach an der philosophischen Fakultät seit 1991. Im ersten Jahr gab es insgesamt sechs Absolventen dieses Studienganges. Ein Jahr später gab es schon 45 Bewerber, aber nur 20 durften angenommen werden, und von diesen 20 haben 13 das Studium abgeschlossen.
Guter Wille ist also da, was natürlich noch nicht gleichbedeutend mit voller Unterstützung ist. Das ist kein einfacher Prozess. Viele Roma zeichnen sich immer noch durch ein kolonialisiertes Bewusstsein aus. Das bedeutet, sie glauben nicht daran, dass ihre Sprache funktionieren kann. Es wird noch eine Zeitlang dauern, bis sie das Gefühl der Minderwertigkeit überwinden,. Es ist notwendig, der Roma-Sprache ein gesellschaftliches Prestige zu verleihen. Mit anderen Worten: Sie muss im Fernsehen, im Radio zu hören sein, und das ist immer noch nicht der Fall."