Behindertensportler

Ahoi und herzlich willkommen zum Sportreport von Radio Prag. Am Mikrofon begrüßen Sie Jörn Nuber und Lothar Martin.

Je näher sich ein laufendes Kalenderjahr dem Ende zuneigt, desto mehr nimmt die Zahl der Umfragen, insbesondere nach den besten Sportlern des Jahres, zu. In einer unserer Tagesecho-Sendungen der letzten Woche haben wir Sie bereits über den Ausgang der Wahl nach dem besten tschechischen Leichtathleten des Jahres 2001 informiert. Zur Erinnerung: in dieser Umfrage setzte sich - zum nunmehr bereits siebten Male - der dreimalige Olympiasieger, dreifache Weltmeister und Weltrekordler im Speerwurf Jan Zelezný vor dem dreifachen Weltmeister im Zehnkampf Tomás Dvorák und dem aktuellen Zehnkampf-Weltrekordler Roman Sebrle durch. Wenn man so will war diese Umfrage eine Verbeugung vor den derzeitigen Topathleten nicht nur in Tschechien, sondern in ihren Disziplinen auch in der Welt.

Zum Glück aber verneigt man sich bei diesen Umfragen nicht nur vor den Athleten, die ihre Leistungen bei bester Gesundheit und unter Ausnutzung optimaler Trainingsbedingungen sowie erstklassiger medizinischer Betreuung erzielen können, sondern auch vor jenen, die schon in jungen Jahren einschneidende Einschränkungen in ihrem körperlichen oder nervlichen Zustand hinnehmen mussten. Ich spreche von Behindertensportlern, vor denen man nur den Hut ziehen kann, wie sie trotz körperlicher oder anderer gesundheitlicher Nachteile immer wieder in der Lage sind, diesen Benachteiligungen zu trotzen und große Leistungen zu vollbringen.

Der gleichen Meinung ist offensichtlich auch der tschechische Präsident Václav Havel, der es sich Jahr für Jahr nicht nehmen lässt, die besten Behindertensportler des Landes auf der Prager Burg zu empfangen und sie für die vorbildliche Repräsentation der Heimat bei internationalen Spitzenwettbewerben zu würdigen. "Dies ist hervorragend und ich bewundere jeden, der etwas kann und etwas erreicht, der sich in irgendeiner Art als tapfer erweist - und so schätze ich auch euch und eure Erfolge," sagte das Staatsoberhaupt am vergangenen Freitag gegenüber den geladen Sportlern und Gästen während seiner Audienz.

Beim Treffen auf der Prager Burg wurde gleichzeitig auch der beste tschechische Behindertensportler des Jahres 2001 geehrt. Wie im Vorjahr wurde diese Ehre dem spastisch behinderten Leichtathleten Roman Musil zuteil. Der 30-jährige Athlet vom TJ Nola Teplice ist zweifacher Weltmeister im Speerwerfen und Kugelstoßen sowie Speerwurf-Weltrekordler in seiner Behinderten-Kategorie. Im auslaufenden Jahr gewann er neben den WM-Goldmedaillen in seinen Spezialdisziplinen auch WM-Silber im Diskuswerfen und er verbesserte seinen eigenen Weltrekord im Speerwerfen gleich dreimal. Auf dem zweiten Platz hinter Musil kam die 25-jährige hörbehinderte Athletin Margareta Trnková ein, die jedoch in der Danksagung des Siegers, dem als Preis u.a. ein Auto vom Typ Skoda Fabia zusteht, eine Hauptrolle spielte: "Ich möchte ihnen allen hier im Saal recht herzlich dafür danken, dass ich den Preis schon zum zweiten Male entgegen nehmen kann. Also einen schönen Skoda Fabia, wie jener, der mich bereits ein Jahr befördert und der draußen vor der Burg steht. Aber was mache ich mit dem zweiten? Ich möchte ihn, und das gern, meiner sportlichen Kollegin, Fräulein Trnková, überlassen, denn sie hat es sich verdient."


Der aufrichtige Beifall für die Behindertensportler gehörte in der vergangenen Woche ebenso den tschechischen Fußballern. Genauer denen der beiden einzig noch in den europäischen Wettbewerben vertretenen Vereinen Sparta Prag und Slovan Liberec. Von der tollen Leistung des tschechischen Rekordmeisters im Auftaktspiel der Champions-League-Zwischenrunde gegen den erfolgreichsten Klub der europäischen Fußballgeschichte, Real Madrid, haben wir schon berichtet. Dennoch, es war so ein erstklassiges Fußballspiel, ohne größere Fouls und ohne gelben Karten, in einer hervorragenden Atmosphäre, wo die Leistungen beider Teams von den Zuschauern sportlich fair und mit Beifall anerkannt wurden, dass wir Ihnen noch einen kleinen Nachschlag liefern wollen:

Fast etwas im Schatten der in diesem Herbst großartig auftrumpfenden Sparta-Elf sorgt auch die nordböhmische Mannschaft von Slovan Liberec für Furore im UEFA-Cup. In der zweiten Runde dieses Wettbewerb hatte sie mit Celta Vigo den damaligen Spitzenreiter der spanischen Primera Division sensationell ausgeschaltet, indem sie der 1:3-Niederlage vom Hinspiel einen überzeugenden und jederzeit verdienten 3:0-Heimsieg folgen ließ. Und auch in der nun zur Austragung kommenden 3. Runde wollen die Reichenberger wieder einen spanischen Stier bei den Hörnern packen. Im Hinspiel vor heimischer Kulisse gelang ihnen das auch wieder vorzüglich - zumindest bis zur 60. Minute. Da führten die Blau-Weißen bereits wieder mit 3:0, ehe sie eine Minute später das Gegentor zum 3:1-Endstand hinnehmen mussten. Diese Tatsache bedauerte nach dem Spiel auch der ansonsten zufriedene Nationalspieler in den Reihen der Platzherren, Petr Johana: "Ich denke, dass wir die Chancen, die wir hatten, auch gut genutzt haben. Ich denke, die Tore waren der verdiente Lohn unserer kämpferischen Leistung. Wir haben uns bemüht, druckvollen Fußball zu spielen und dem Gegner mit unserem Pressing den Schneid abzukaufen, was uns auch gelang. Wir haben drei Tore gemacht, aber großes Pech, dass wir das Gegentor zum 3:1 erhalten haben."

Am kommenden Donnerstag tritt Liberec in Mallorca zum Rückspiel an, während Sparta Prag in der Champions League beim FC Porto ran muss.


Zum Abschluss unserer heutigen Sendung haben wir noch eine erfreuliche Nachricht für alle Eishockeyfans bzw. alle jene, die die Weltmeisterschaft der Kufencracks im Jahr 2004 in der Tschechischen Republik erleben wollen. Die WM in zweieinhalb Jahren findet aller Voraussicht nach ohne Einschränkungen in Prag und Ostrava/Ostrau statt. Große Zweifel gegenüber der Ausrichtung der Titelkämpfe in Böhmen und Mähren hegte nicht zuletzt u.a. die Internationale Eishockeyföderation (IIHF), da die tschechische Seite anscheinend nicht in der Lage war, eine wesentliche mit der WM-Vergabe verbundene Bedingung zu erfüllen: die Errichtung einer neuen, multifunktionalen Arena. Diese Auflage schien den Verantwortlichen in Tschechien in der Tat über den Kopf zu wachsen, sahen sie sich doch gezwungen, wegen der ungelösten Probleme bei der Grundstücksicherung in Prag und der Finanzierung eines solchen Baues, das ursprünglich für 2003 erhaltene Austragungsrecht mit Finnland zu tauschen. Doch auch nach der WM im Mai in Deutschland sah es einige Zeit so aus, als sollte man hierzulande diese Herausforderung nicht in den Griff kriegen - bis sich Mitte August die hiesige Lotteriegesellschaft SAZKA allen Risiken zum Trotz vor den in der Sackgasse stehenden Karren spannte und sich der Problemfelder Grundstück und Finanzierung annahm. Am Dienstag dieser Woche präsentierten SAZKA und ihre Tochter BESTSPORT nun das Projekt einer 17.000 Zuschauern Platz bietenden neuen Arena, die auf einem alten Industriegrundstück im Prager Nordosten entstehen soll. Die Zeit für die Beseitigung der Altlasten auf dem Grundstück, alle Genehmigungsverfahren und die Bauphase selbst sei sicher sehr kurz, aber alle Behörden und Institutionen, mit denen man es dabei zu tun haben werde, hätten signalisiert, dem Projekt unterstützend entgegen zu kommen, hat der Vorstandsvorsitzende und Generaldirektor der SAZKA AG, Ales Husák, auf der Pressekonferenz verkündet. Von Radio Prag befragt, warum sich SAZKA in wahrscheinlich letzter Minute dieser großen Aufgabe angenommen habe, antwortete Husák:

"Diese Frage müsste besser unseren Aktionären gestellt werden, denn wir führen nur deren Wünsche aus. Aber es war ganz einfach: der tschechische Sport hat sich entschieden, damit die Schande, die sich auf uns niederzulegen drohte, abgewendet wird, diese Sache in die eigene Hand zu nehmen."

Zum besseren Verständnis sei noch hinzugefügt, dass ursprünglich finnische Investoren für den Bau einer neuen Arena verantwortlich zeichnen sollten, an diese Aufgabe aber immer wieder neue Bedingungen knüpften und aus diesem Grund kurz vor der WM in Deutschland quasi absprangen.

Autoren: Lothar Martin , Jörn Nuber
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