Eiswein
Herzlich willkommen verehrte Hörerinnen und Hörer zum ersten Regionaljournal im neuen Jahr. Gleich am Anfang wollen wir über angenehme Themen berichten. Wir schauen nach Südmähren, das traditionell als die warme Region des guten Weins und freundlicher Menschen bezeichnet wird. Über Wein wird auch gleich in den folgenden Minuten die Rede sein. Außer den prächtigen südmährischen Weinbergen, wo ein besonderer Wein des Winters vorbereitet wird, besuchen wir ein Kinderdorf in der mährischen Metropole Brno/Brünn. Dieses Kinderdorf wird dank der Großzügigkeit der Menschen, die durch Spenden viel Geld aufgebracht haben, erweitert. Guten Empfang wünschen Ihnen am Mikrophon Philipp Kauthe und Dagmar Keberlova.
Bei dem kalten Winterwetter, dass in Mitteleuropa dieses Jahr besonders hart eingeschlagen hat, ist es schwer vorstellbar, dass noch irgendwelche Früchte der Erde gesammelt werden könnten. Und schon gar nicht solche wie Weintrauben, die ja als Früchte der Sonne und der Wärme bekannt sind und auch danach schmecken. Doch für den sogenannten Eiswein sind die Temperaturen knapp unter Null Grad Celsius die besten, sagen die Weinhersteller. So haben bei dem Frostwetter ca. 50 Angestellte der Herstellerfirma Znovin Znojmo ungefähr 6 Tonnen vom Grünen Weltliner gesammelt. Radio Prag hat den Verantwortlichen für die Herstellung von Eiswein der Firma Znovin, Antonin Zatloukal, angerufen, um mehr über diesen besonderen Wein zu erfahren. Antonin Zatloukal stellt diese Spezialität vor:
"Der Eiswein ist wirklich etwas Exklusives unter den Weinsorten. In letzter Zeit gehört er zu sehr beliebten Weinsorten. Es ist kein üblicher Wein für das gewöhnliche und längere Trinken, sondern er eignet sich eher für feierliche Anlässe. Weil es ein süßer Wein ist, passt er gut zu verschiedenen Nachspeisen und er ist ein sehr passendes Geschenk."
Viel trinken kann man davon nicht, sagt Herr Zatloukal, denn diese Weinsorte hat einen hohen Zuckeranteil, etwa zwischen 150 bis 200 Gramm. Auch der diesjährige Wein soll sehr süß sein. Der Eiswein wird aus Weintrauben produziert, die bei minus 6 Grad Celsius gepflückt wurden. Noch gefrorene Weintrauben werden sofort gepresst, womit der hohe Anteil an natürlichem Zucker erzielt wird. Nach dem Zuckeranteil gehört der Eiswein neben dem Strohwein, über den noch später die Rede sein wird, mit 27 Prozent Zuckeranteil zu den süßesten Weinsorten überhaupt. Den Wein aus der Weinlese dieser Saison wird man im dritten Quartal des Jahres 2002 kaufen können. Eine Flasche von 0,375 Liter wird ungefähr an die 500 Kronen ausmachen, was ja für einen Wein relativ teuer ist. Warum, hierzu Antonin Zatloukal:
"Der Preis ist deshalb so hoch, weil man für den Eiswein besondere Weintrauben benötigt, die gesund und unbeschädigt sind. Erstens müssen die Weintrauben sehr lange in den Weinbergen bleiben und zweitens bekommt man nach der Weinlese ungefähr 25 Prozent Wein aus der gesamten Lese."
Für den Eiswein wird die Weinsorte grüner Weltliner verwendet. Antonin Zatloukal sagt warum:
"Erstens ist es die am weitesten verbreitete und die beste Weinsorte hier in der Gegend um Znojmo/Znaim, zweitens glauben wir, dass sie für die Herstellung am besten geeignet ist. Es ist keine stark aromatische Weinsorte, sondern sie zeichnet sich mit einem natürlichen Charakter aus, der die beste Grundlage für Eiswein bietet."
Die Region um Znojmo hat laut Herr Zatloukal die besten Bedingungen für die Herstellung sowohl von dem geläufigen Wein, als auch für den Eiswein. Und der Wein aus Znojmo ist unter den Tschechen tatsächlich beliebt. In Znovin werden beispielsweise ca. 20 Weinsorten verarbeitet, die auch nach der Lage unterschieden werden.
Aber wie wir bereits erwähnt haben, ist der Eiswein nicht die einzige Spezialität der Weinregion Znojmo. Was man sich unter dem Strohwein vorstellen kann, erklärt noch einmal Antonin Zatloukal:
"Der Strohwein gehört ebenfalls zu den Delikatessen. Wieder wird ein besonderer Wein ausgesucht, der nach der Lese drei Monate lang auf Stroh gelagert wird. Im Laufe dieser Zeit entwässern sich die Weintrauben und so erreichen wir einen besonderen Charakter; der Wein schmeckt nach dem Stroh."
Und wie finden diese Weine ihre Kunden? Interessierte gibt es, so Antonin Zatloukal, mehr als genug:
"Die Nachfrage ist höher als was wir tatsächlich erzeugen können. Es sind nicht nur die Feinschmecker, die diesen Wein suchen, sondern auch normale Leute, die damit Freude beschenken wollen. Aber auch für Sammler ist es eine wichtige Weinsorte."
Dieser Wein wird erst im Februar gepresst, aber auch hier teilte Antonin Zatloukal gegenüber Radio Prag mit, dass die diesjährige Weinlese gut war.
Wie bereits erwähnt, bleiben wir in Südmähren, doch wir wechseln nun das Thema unseres Regionalbesuches. Das zweite Ziel ist das Kinderdorf in der mährischen Stadt Brno/Brünn, das in diesem Jahr fertiggebaut wird.
Die Kinderdörfer, deren Gründervater der Österreicher Dr. Hermann Gmeiner ist, haben auch in Tschechien eine lange Tradition, die durch die Jahre des Kommunismus unterbrochen wurde. Die Tätigkeit des ersten Kinderdorfes in der damaligen Tschechoslowakei wird auf 1970 datiert. In den 70er Jahren wurde auch mit dem Bau des Dorfes in der südmährischen Metropole Brünn begonnen. Dieses Kinderdorf wurde dann aber Mitte der 70er Jahre wie die zwei anderen geschlossen. Heutzutage werden in Tschechien bereits vier Kinderdörfer unterhalten, wobei dasjenige in Brünn, dass seit 1997 die ersten zwei Häuser in Betrieb hat, in diesem Jahr fertiggebaut wird. Mehr zur Geschichte des Kinderdorfes sagte uns eine der Angestellten, Sona Hyska:
"Für dieses Dorf wurde bereits dreimal Geld gesammelt, sowohl in den 70er Jahren als auch nach der Wende, nachdem die Tätigkeit der Organisation der Kinderdörfer wieder aufgenommen wurde. Die Euphorie bei der Sammlung war groß und das, was man hier heutzutage sieht, wurde aus den Geldsammlungen nach 1989 gebaut."
Wenn das Dorf fertiggebaut ist, werden dort insgesamt 56 Kinder in 8 Familien wohnen, sagte des weiteren Sona Hyska zu Radio Prag. Die Direktorin des Kinderdorfes in Brünn, Lenka Pospichalova, haben wir gefragt, wie man die richtigen Mütter für die Kinder aussucht:
"Frauen findet man im Laufe der Zeit, aber einfach ist das gar nicht. Zum Beispiel suchen wir von 200 Interessierten 4 aus, die dann unseren Kurs absolvieren. Es ist zwar ein Beruf, der aber gleichzeitig ein Leben mit den Kindern bedeutet, wofür sich die interessierten Frauen entscheiden müssen. Derzeit haben wir für Brünn zwei Mütter und 6 Kinder, die sich noch in einem anderen Kinderdorf befinden, aber mit dem Umzug rechnen."
Der Direktorin Pospichalova zufolge ist es für das Kind viel besser, eine solche Mutter zu haben und in einer familiären Umgebung zu leben, als in einem Kinderheim. Die Frau lebt mit dem Kind wie eine Mutter, nicht wie eine Erzieherin. Und dies auch nicht nur in einem begrenzten Zeitraum, sondern so lange, bis das Kind erwachsen wird. Heute haben wir Mütter, die 20 Enkelkinder haben. Das Kind lernt Gefühle zu empfinden, wie es in einem Kinderheim unmöglich ist, so sagt abschließend Direktorin Pospichalova.