Mobil ans Ziel
Ahoi und Signal auf Grün für eine neue Ausgabe unseres Verkehrsmagazins "Mobil ans Ziel". Aus dem Prager Studio begrüßen Sie dazu Martina Schneibergová und Lothar Martin.
An diesem Wochenende beginnen in der gesamten Tschechischen Republik für alle Schüler und Gymnasiasten die längst herbeigesehnten Sommerferien. Die Jüngeren von ihnen zieht es zumeist hinaus aus der Stadt in die hierzulande schon traditionellen Zelt- und Blockhüttenlager, die Älteren wiederum bevorzugen einen Sprachkurs- und Erholungsaufenthalt im Ausland, falls es der Geldbeutel der Eltern zulässt. Die Millionenmetropole Prag aber wird in dieser Zeit von den Einheimischen in der Regel gemieden. Daher ist das Sprachgewirr alljährlich im Juli und August in der tschechischen Hauptstadt am größten, ergreifen doch vor allem ausländische Touristen in dieser Zeit Besitz von den Schönheiten und Attraktionen der Goldenen Stadt. Und der Verkehr kommt damit auch nicht zum Erliegen. Die Busse und Straßenbahnen der Städtischen Verkehrsbetriebe fahren zwar, vor allem in den Außenbezirken der Stadt, in größeren Intervallen, doch für die Prager Metro gilt diese Sommerregelung quasi nicht. Ohne die Metro wäre die Moldaumetropole schon längst im Verkehrschaos versunken. Daher haben wir kurz vor den Sommerferien diesem Verkehrsträger einen Blitzbesuch abgestattet, um das Neueste über den aktuellen Stand und die Zukunftsplanungen bei der Metro zu erfahren. Wenn Sie das auch wollen, dann bleiben Sie doch ganz einfach dran.
Die Frage, die von den Pragern in Bezug auf ihre Metro zuletzt an häufigsten gestellt wurde, war die: "Wann endlich verkehren die neuen Wagenzüge auf den drei Trassen A, B und C durch die Stadt?" Schon vor Jahren hatten die Verantwortlichen der Städtischen Verkehrsbetriebe den Bau von 22 neuen Wagenzügen für das beliebteste Transportmittel der Prager in Auftrag gegeben. Doch der Lieferant, die hauptstädtische Firma Dopravni systemy (DS), befindet sich seit Monaten im Konkursverfahren und konnte daher die fristgemäße Erfüllung des Auftrags nicht einhalten. Einer dieser modernen Metrozüge verkehrte bereits im Frühjahr vergangenen Jahres auf der Trasse C, allerdings nur um das aufwendige Testprogramm zu realisieren. Dennoch wurde von Seiten der Betreiber vor Jahresfrist optimistisch verkündet, dass man bereits zur Jahreskonferenz des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, die im September 2000 stattfand, fünf der neuen Metrozüge im Stadtverkehr einsetzen werde. Nichts dergleichen ist passiert. Erst im Frühjahr dieses Jahres änderte sich dies, weshalb wir Metro-Sprecherin Zuzana Knoblochová auch sogleich nach dem Ist-Zustand des Wagenparks der Prager Metro befragten: "Gegenwärtig sind acht neue Metrozüge komplett hergestellt und nach Absolvierung der entsprechenden Fahrtests werden sie schrittweise in den regelmäßigen Betrieb auf der Trasse C eingeführt. Die Herstellung der weiteren Metrozüge verläuft nach einem festgelegten Zeitplan, der vorsieht, dass die Übergabe des letzten, 22. Metrozuges bis Mitte nächsten Jahres erfolgt. Zur Zeit verkehren bereits vier neue Metrozüge auf der Trasse C und bei den anderen vier erfolgen gerade die notwendigen technischen Überprüfungen."
Soweit, so gut. Als ich jüngst einen der "neuen" Metrozüge benutzen durfte, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich zumindest bei diesem um einen komplett rekonstruierten der alten russischen Bauart anstatt eines völlig neuartigen handelt. Aber wesentlicher ist, dass sowohl neue als auch rekonstruierte Metrozüge im Prager Stadtbild verkehren und damit den arg strapazierten Wagenpark des Unternehmens entlasten. Die Tatsache nämlich, dass einige der in den 70er Jahren hergestellten Metrozüge russischer Bauart bereits abgewirtschaftet sind bzw. das vorgeschriebene Ende ihrer Betriebszeit erreicht haben, hat u.a. dazu geführt, dass die Betreiber einige Metrozüge aus dem Verkehr ziehen und daher die Fahrtintervalle vergrößern mussten. Ein Zustand, der weder die Fahrgäste noch die Betreiber zufriedenstellen kann. Aber auf unsere Frage, ob aufgrund der verspäteten Erneuerung des Wagenparks im Sommer mit weiteren Fahrplaneinschränkungen zu rechnen sei, gab Metrosprecherin Zuzana Knoblochová Entwarnung: "Nein, wir wollen keine größeren Abstände der Fahrtintervalle mehr zulassen. Selbstverständlich ist es dazu gekommen aufgrund der Situation beim Unternehmen CKD Dopravni systemy. Die schlechte Lage dieses Unternehmens hat sich halt auch auf die Metro und ihren überlasteten Wagenpark ausgewirkt."
Neben der nach wie vor angespannten Situation im Wagenpark gibt es allerdings auch weit Erfreulicheres über die Prager Metro zu berichten. So ist zum Beispiel vor kurzem mit der Station Kolbenova die 26. und vorerst letzte Station auf der Trasse B eröffnet worden. Die Station ist im industriellen Nordosten der Stadt angesiedelt und Bestandteil der im November 1998 in Betrieb genommenen Verlängerung der Trasse B von der Station Ceskomoravská bis zur Station Cerný Most. Seinerzeit blieben zwei der fünf neuen Stationen wegen Geldmangels jedoch unvollendet. Im Oktober 1999 gelang es dann die Station Hloubetin und nun halt auch die Station Kolbenova fertigzustellen. Die Kosten für die Fertigstellung der letzteren betrugen 280 Millionen Kronen (ca. 15,5 Millionen Mark).
Aber auch auf der Trasse C tut sich etwas. Vor Jahresfrist wurde mit dem Bau der Verlängerung der Trasse Richtung Norden begonnen und vor einem Monat wurden die Arbeiten am Tunnel von Trója nach Kobylisy aufgenommen. Die erste Phase der Verlängerung ab dem Bahnhof Holesovice umfasst eine Streckenlänge von ca. vier Kilometern, zwei neuen Stationen und soll bis zum Ende des Jahres 2003 abgeschlossen sein. Man rechnet mit einem Kostenaufwand von 7,5 Milliarden Kronen. Die endgültige Verlängerung bis in den Stadtteil Letnany sieht danach den Bau von drei weiteren Stationen vor und soll bis zum Jahr 2006 vollzogen sein.
Um all diese Vorhaben zu realisieren, müssen die Städtischen Verkehrsbetriebe auf weitere Zuschüsse aus dem Staatshaushalt, dem Geldsäckel der Stadt Prag oder von privaten Investoren hoffen. Die eigenen Möglichkeiten sind dafür viel zu gering. Auch wenn sich die Verkehrsbetriebe bemühen, die ohnehin subventionierten und daher relativ billigen Fahrpreise auch einzutreiben. So hat das Unternehmen im letzten Jahr allein 62,6 Millionen Kronen (ca. 3,5 Millionen Mark) an Bußgeldern bei Schwarzfahrern eingenommen. Damit wurde das Ergebnis des Vorjahres um 12,3 Millionen Kronen übertroffen, was allerdings vor allem darauf zurückzuführen ist, dass im Jahr 2000 der Bußgeldbetrag von 200 auf satte 800 Kronen (ca. 45 Mark) angehoben wurde. Die Zahl der Bußgeldsünder habe sich daher - so der Chef der Revisoren Josef Hodek - im vergangenen Jahr auch rapid verringert. Hodek zufolge seien im Jahr 2000 insgesamt 6,5 Millionen Menschen kontrolliert worden, von denen rund 272.000 nachträglich zur Kasse gebeten wurden. Doch die Dunkelziffer der Schwarzfahrer ist natürlich weitaus höher, auch wenn 130 Kontrolleure mit einem per Computer ausgekügelten Einsatzplan, der ständige Positions- und Zeitwechsel vorsieht, versuchen, auch denen beizukommen.