Nachrichten Donnerstag, 29. Januar, 1998

Willkommen bei Radio Prag, den Auslandssendungen in deutscher Sprache. Nach den Nachrichten folgt der Aktuelle Beitragsblock und abschliessend die Sendung "Thema heute". Zunächst die Nachrichten mit Andrea Kopelentova.

Regierung hat Vertrauen des Parlaments

Am Mittwoch Abend hat die Übergangsregierung von Premierminister Josef Tosovsky die erforderliche absolute Mehrheit der Abgeordneten für ihren Vertrauensantrag erhalten. Bei namentlicher Abstimmung sprachen sich von 197 anwesenden Abgeordneten 123 für und 71 gegen das Tosovksy-Kabinett aus.

Havel begrüsst Abstimmungsergebnis zur Vertrauensfrage

Präsident Vaclav Havel, der noch am Dienstag zuvor zu Beginn der Sitzung an die Abgeordneten den Appell gerichtet hatte, die Regierung zu unterstützen, begrüsste das Abstimmungsergebnis. Präsidentensprecher Spacek zufolge werde dadurch die weitere Entwicklung nicht kompliziert und die Phase der Instabilität sei (eigentlich) beendet. Mehr dazu im folgenden Beitragsblock.

Eid des Präsidenten - Nato

Wahrscheinlich schon am Montag kommender Woche wird die gemeinsame Sitzung beider Parlamentskammern fortgesetzt, bei der der Eid des Präsidenten Gegenstand der Zusammenkunft ist. Für Dienstag wird der Beginn der Fortsetzung der normalen Abgeordnetensitzung vorausgesetzt, auf der einer der wichtigsten Punkte der Beitritt der Tschechischen Republik in die Nordatlantische Allianz ist.

Kabinettssitzung

Die regelmässig am Mittwoch stattfindende Kabinettssitzung wird in Folge der verlängerten Abstimmung über den Vertrauensantrag der Regierung im Abgeordnetenhaus diesmal erst am Donnerstag durchgeführt. Unter anderem werden Fragen der Wohnungspolitik, der Zollquoten für Apfelimporte aus EU-Ländern sowie der Haushaltsentwurf für den Fond des Nationaleigentums für 1998 erörtert. Die Regierung soll weiterhin die methodischen Anweisungen für die Erarbeitung des Positionsberichts für die Beitrittsverhandlungen der Tschechischen Repulbik in die EU debattieren.

Europäische Kommission protestiert gegen Apfelquoten

Laut Nachrichtenagentur CTK hat die Europäische Kommission in Brüssel der Delegation der Tschechischen Republik am Mittwoch ihre prinzipielle Ablehnung zur Entscheidung der tschechischen Regierung über eine Quoteneinführung für Apfelimporte aus EU- Ländern mitgeteilt, die ihrer Meinung nach im Gegensatz zu dem Assoziationsvertrag stehe. Die Europäische Kommission bezeichnete diese als unbegründete Diskriminierung und drohte mit Gegenmassnahmen, sollte Tschechien diese Massnahmen nicht zurücknehmen.

Zukunftsfonds

Wichtigste Aufgabe des tschechisch-deutschen Zukunftsfonds ist nach Meinung des Verwaltungsratsmitglied auf tschechischer Seite, Dagmar Buresova, die schnellstmögliche Entschädigung tschechischer Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. Buresová führte dies in einem Interview für die Tageszeitung Pravo an. Weiter heisst es, dass sie auf erste konkrete finanzielle Hilfe im März hoffe, da die jährliche Todesrate bei den Betroffenen bei 20 Prozent liege. Für unzureichend halte sie die Höhe des finanziellen Beitrags von maximal 2000 Kronen monatlich. Diesbezüglich wünschte sie sich eine Verbesserung. Es gelte, einen der deutschen Partner des Verwaltungsfonds dafür zu gewinnen. Gewisse Probleme sehe sie - so Buresova - in der Entschädigung betroffener Roma, die teilweise nichts von ihrem Recht auf Anspruch wüssten. Buresova erinnerte auch daran, dass der Fonds nicht nur den Opfern, sondern auch der Verbesserung der tschechisch-deutschen Beziehungen diene und Projekte für die Jugend vorsehe.

deutscher Botschaft Rossbach beendet Tätigkeit in Prag

Der deutsche Botschafter in Prag, Anton Rossbach, nahm am Mittwoch offiziell und nach rund zweijähriger Amtsdauer Abschied von Prag. Anton Rossbach wird sich jedoch als Mitglied des Verwaltungsrats des tschechisch-deutschen Zukunftsfonds für die deutsche Seite auch weiterhin in den tschechisch-deutschen Beziehungen engagieren.

Untersuchung des Innenministers ergebnislos

Ohne konkretes Ergebnis verlief am Mittwoch in der Abgeordnetenkammer die Behandlung der von Innenminister Cyril Svoboda vorgelegten Informationsmaterialien über die Untersuchung des Überfalls auf den sozialdemokratischen Abgeordneten Pavel Dostal im vergangenen Jahr. Die Debatte, die auf Initiative des Republikanerabgeordneten Krejsa verlief, war geprägt von kontroversen Diskussionen mit den Republikanerabgeordneten. Krejsa behauptete, dass der Überfall in Zusammenarbeit der Prager Burg, des Sicherheits- und Informationsdienstes BIS und den Abgeordnetem selbst initiiert wurde und noch nicht alle Zeugen verhört wurden.

Rassismus

Zu dem Brandangriff auf eine Roma-Familie in Krnov vor zehn Tagen hat sich die faschistische Organisation NSDAP bekannt. Die Nachrichtenagentur CTK führt dies mit Bezug auf die Nachrichtensendung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens am Mittwoch an. Dieses wiederum beruft sich auf einen veröffentlichten Artikel der regionalen Wochenzeitschrift "Nové Bruntalsko". Diese Wochenzeitschrift führt als Beweis ein Flugblatt mit rassistischem Inhalt an, das an die Redaktion adressiert war. Die Wochenzeitschrift soll bereits vor einem halben Jahr von der angeblichen Gründung einer gleichnamigen faschistischen Organisation mit 500 Mitgliedern berichtet haben. Wie das Fernsehen kommentierte, gehe aus dem Artikel hervor, das die Wochenzeitischrift Kontakt zu dieser Organisation habe. Die faschistische Organisation mit diesem historischen Namen sei ausserdem angeblich mit Waffen ausgerüstet. In einer Erklärung soll es heissen, dass man das angebliche Roma-Problem lösen wolle. Den Urhebern des Brandüberfalls auf die Romafamilie in Krnov droht eine bis zu achtjährige Haftstrafe. Es wurde eine Summe von 20.OOO Kronen auf die Ergreifung der Täter ausgesetzt.

Klaus-Tosovsky-Pilip-Weltwirtschaftsforum in Schweiz

Expremier Vaclav Klaus, gleichzeitig Vorsitzender der Bürgerlichen Demokratischen Partei ODS, wird der Nachrichtenagentur CTK zufolge sehr wahrscheinlich nicht an dem Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos teilnehmen. Über die Teilnahme des amtierenden neuen Premierministers Josef Tosovsky wurde noch nicht definitiv entschieden. Die Teilnahme von Finanzminister Ivan Pilip dagegen soll feststehen.

Zieleniec-Präsidentschaftskandidat

Wie der politische Berater von Präsident Havel, Jiri Pehe, in einem Interview für die Tageszeitung Pravo am Mittwoch erklärte, hätten bei den nächsten direkten Präsidentschaftswahlen die Exaussenminister Josef Zieleniec, Jiri Dienstbier bzw. Dagmar Buresova, Mitglied des Verwaltungsrats des tschechisch-deutschen Zukunftsfonds gute Aussichten auf Erfolg.

Das waren die Nachrichten . Durch das weitere Programm führt Sie nun meine Kollegin Anna Knechtel. Guten Empfang!