Joschka Fischer in Prag
Aufgrund der jüngsten Aussprüche von Premier Milos Zeman in Israel, die von der Europäischen Union klar abgelehnt wurden, stand der Prag-Besuch von Bundesaußenminister Joschka Fischer nicht gerade unter einem günstigen Stern. Entgegen der ursprünglichen Planung war die Reise wegen der Äußerungen Zemans über Sudetendeutsche letztlich auch zu einer Nagelprobe für den für März geplanten, durch die jüngsten Irritationen jedoch in Frage gestellten Tschechien-Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder geworden. Inwieweit es Fischer und seinen tschechischen Gesprächspartnern am Mittwoch gelungen ist, die Wogen im gegenseitigen Verhältnis zu glätten, berichtet Silja Schultheis.
"Wir akzeptieren die Erklärung von Premierminister Zeman, dass er auf der Grundlage der Nahostpolitik der Europäischen Union steht, und das in ihrer letzten beschlossenen Position auf der Erklärung von Laeken."
Bekräftigend fügte Fischer hinzu:
"Wir konnten uns nicht vorstellen, dass unser Partner und Nachbar und kommendes EU-Mitglied in der Europäischen Union eine solche krass abweichende Position von der Haltung der europäischen Staats- und Regierungschefs und damit von der vereinbarten Nahostpolitik der Europäischen Union eingenommen hätte."
Der tschechische Premier rückte seine umstrittenen Äußerungen über die Sudetendeutschen und deren z.T. pauschale Verurteilung als "fünfte Kolonne" Hitlers gerade, indem er erklärte:
"Ich habe mehrfach betont, dass ich den Mechanismus der Kollektivschuld nicht anerkenne. Deshalb habe ich auch vorgeschlagen, dass wir die sudetendeutschen Opfer des Faschismus entschädigen, das heißt diejenigen, die gegen das Hitler-Regime gekämpft haben."
Ein Vorschlag, den Fischer begrüßte, der vom Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, Vaclav Klaus, jedoch abgelehnt wird. Eines der entscheidenden Ergebnisse des Fischer-Besuches dürfte die einvernehmliche Bekräftigung beider Seiten sein, dass für die gegenseitigen Beziehungen die Deutsch-tschechische Erklärung von 1997 und somit die Zukunftsorientierung ausschlaggebend sei. Ebenjene Erklärung führten sowohl Fischer als auch Zeman und Außenminister Kavan immer wieder an, wenn Journalisten nach strittigen Themen aus der jüngeren Vergangenheit wie den Benes-Dekreten und der Vertreibung der Sudetendeutschen fragten. Durch die Erklärung seien diese Fragen zwar nicht aus der Welt geschafft, ihnen sei aber ein deutlich geringerer Stellenwert beigemessen worden als den gegenwärtigen und zukünftigen Beziehungen beider Länder. Fischer brachte dies auf den Punkt, in dem er nochmals auf die durch Zeman verursachten Irritationen anspielte und dafür von seinem Amtskollegen Jan Kavan lachende Zustimmung bekam:
"Für mich ist es sehr wichtig zu unterstreichen, dass wir ein starkes Interesse daran haben, die sehr guten Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern fortzuentwickeln, sie vertieft europäisch einzubetten. Die deutsch-tschechischen Beziehungen, das kann man heute sagen, sind Gott sei dank so gut, dass sie selbst manche unvorhergesehenen Turbulenz unbeschadet überstehen werden. Und das zeigt doch ein Maß an europäischer Zukunftsfähigkeit, die diesen Beziehungen zu eigen ist, wo ich mir wünsche, dass wir die noch verstärken und in Zukunft ausbauen werden."
Außer mit Premier Milos Zeman und Außenminister Jan Kavan traf sich Fischer mit den Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern, Petr Pithart und Vaclav Klaus und sprach mit Staatspräsident Vaclav Havel über eine Reform der NATO, deren alljährliches Gipfeltreffen im November in Prag stattfindet.