Regierungsentwurf über Referendum passierte Prager Abgeordnetenhaus
Am Donnerstag hat die untere Kammer des tschechischen Parlaments, das Abgeordnetenhaus, den Regierungsentwurf über die grundsätzliche Möglichkeit zur Durchführung von Referenden in der Tschechischen Republik verabschiedet. Bei einer Bestätigung dieser Gesetzesvorlage durch die obere Kammer - den Senat, gilt es als wahrscheinlich, dass über den Beitritt der Tschechischen Republik in die Europäische Union letztendlich per Volksentscheid abgestimmt wird. Näheres zu den Rahmenbedingungen und den Reaktionen über den gebilligten Regierungsentwurf von Lothar Martin.
Was lange währt wird gut, sagt ein altes Sprichwort. Bezüglich des Volksentscheids, dessen mögliche Durchführung verfassungsrechtlich festgeschrieben wird, dauerte es immerhin neun Jahre, bis eine entsprechende Gesetzesvorlage das Prager Abgeordnetenhaus passiert hat. Der erfolgreiche Regierungsentwurf erhielt am Donnerstag die dafür erforderliche Drei-Fünftel-Mehrheit, d.h. genau 120 Abgeordnete stimmten für ihn. Neben den Abgeordneten der regierenden Sozialdemokraten wurde er ebenso von den Christdemokraten, den Kommunisten und sieben Abgeordneten der Freiheitsunion unterstützt. Die Gesetzgeber der Bürgerdemokraten (ODS) hingegen votierten gegen den Vorschlag.
Warum er, der Fraktionschef der konservativen Freiheitsunion für den Entwurf gestimmt habe, dazu sagte Karel Kühnl:
"Weil es sich um ein Gesetz handelt, das die Durchführung von Referenden zu den allerwichtigsten Fragen sicherstellt, wie insbesondere der Frage nach dem Beitritt des Landes zur Europäischen Union. Gleichzeitig stellt der Gesetzentwurf eine ausreichend hohe Hürde für die Durchführung von allgemeinen Referenden zu allen anderen Fragen dar. Die Latte ist so hoch gelegt, dass eine ganze Reihe von Fragen ausgeschlossen ist von der Durchführung eines Volksentscheids, ja noch mehr: Der Volksentscheid kann nur dann durchgeführt werden, wenn ihn mindestens 500.000 Bürger mit ihrer Unterschrift eingefordert haben. Das stellt sicher, dass der Volksentscheid nicht für reine, gerade aktuelle politische Zwecke missbraucht werden kann."
Vladimír Spidla, der Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokraten, äußerte sich zu den Bedingungen für die Ausrufung und den Konsequenzen nach der Auswertung eines Referendum wie folgt:
"Das Referendum kann entweder durch das Abgeordnetenhaus, den Senat oder auf der Grundlage einer Bürgerinitiative ausgerufen werden. Letzteres in dem Fall, wenn bei einer entsprechenden Unterschriftenaktion dafür zumindest eine halbe Million Unterschriften zustande kommen. Das Ergebnis des Referendums ist für die Gesetzgeber bindend. Unter ihnen wird hernach nicht über ein Gesetz, sondern über die politischen Konsequenzen entschieden, die das Ergebnis des Volksentscheids verlangt. Also, wenn zum Beispiel in einem Referendum entschieden wird, dass der Staatspräsident in einer Direktwahl ermittelt werden soll, dann ist es die Verpflichtung der gesetzgebenden Organe, einen entsprechenden Gesetzentwurf auszuarbeiten."
Das Abgeordnetenhaus hat mit seiner Abstimmung für den Regierungsentwurf die Möglichkeit geschaffen, dass das Gesetz über den Volksentscheid noch vor den Parlamentswahlen im Juni in der Verfassung verankert sein könnte. Und das diese Entscheidung bereits ein Bestandteil des Wahlkampfes geworden ist, daran lässt auch Cyril Svoboda, der Chef der Christdemokraten, keinen Zweifel. Zu den Gründen, warum er und seine Parteigenossen für den Entwurf gestimmt haben, erklärte er:
"Weil das allgemeine Referendum ein Ausdruck der Wertschätzung der Bürger ist, und zwar dahingehend, dass sie ein gesundes Urteilsvermögen haben. Denn wenn der Bürger bei Wahlen entscheidet, wer für ihn der Richtige ist, dann wird er sich auch bei einem möglichen Referendum richtig entscheiden."