Nový Jicín (Neutitschein) - Stadt der Zerotein und der Hüte

Nový Jicín: als eine Stadt der Zeroteiner und der Hüte kann man diese Stadt in Nordmähren besuchen. Nach Novy Jicin /Neutitschein/ laden Sie Markéta Maurová und Gerald Schubert in der folgenden Touristensprechstunde ein.

Beginnen wir unsere Erzählung mit dem Namen der Stadt. Es gibt diesbezüglich zwei Theorien - eine märchenhafte und eine wissenschaftliche, und beide sind interessant. Die erste erzählt, dass die Stadt nach Jitka, der tapferen Tochter des Burgbesitzers benannt wurde. Jitka wagte es einmal, den Kampf mit einem Bären aufzunehmen, um einen kleinen Knaben zu retten. Wie man es aber bei dem starken Tier erwarten kann, brauchte sie selbst recht schnell Hilfe. Und da erschien ein Hirte, der ihr zur Hilfe kam. Dass dieser später ihr Gatte wurde, muss wohl gar nicht betont werden. An der Stelle, wo sie sich getroffen haben, ließ Jitka eine kleine Kapelle errichten. Ihr Mann baute daneben ein Jagdschloss und widmete es ihr, Jitka. Es war Jitkas-Jitcin Schloss.

Eine linguistische Theorie leitet den Stadtnamen vom slawischen Wort "dik" ab. Dies bezeichnet den Eber, der in dieser Region sehr häufig vorkam. Vom "Dik" (Eber) entstand Dicin, und diese Form entwickelte sich später zu Jicin.

Der älteste schriftliche Bericht von Neutitschein stammt aus dem Jahre 1313. Der damalige böhmische König Johann von Luxemburg gab eine Urkunde zu Gunsten der Stadt heraus, in der er ihr das Recht erteilte, Zoll- und Mautgebühren zu erheben. Die Gründungsurkunde der Stadt hat sich nicht erhalten. Wir wissen nur, dass die Vorgängerin der Stadt eine Gemeinde unter der Burg war, nämlich Alttitschein. Sie lag an der Kreuzung wichtiger Handelswege, was deren Entwicklung günstig beeinflusste. Gleich bei ihrer Entstehung erhielt die Stadt ihre quadratische Form, und das ursprüngliche Straßennetz erhielt sich bis heute. Die Hauptstraßen orientierten sich dabei von Nordwest nach Südost, in der Richtung des Handelswegs aus Fulnek nach Valasske Mezirici (Wallachisch Meseritsch). Rechteckig war auch die Stadtbefestigung. Der ursprüngliche Tonwall wurde im 14. Jahrhundert in echte steinerne Stadtmauern verwandelt. Gleichzeitig wurde auch mit dem Bau des Schlosses begonnen. Mehr darüber erzählte uns Ivo Otahal, ein Mitarbeiter des Museums, das im Zerotin-Schloss untergebracht ist.

"Das Schloss entstand im 14. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Bau der Stadtmauern, und zwar als ein sog. gotisches Steinhaus der Herrenfamilie von Krawarn. Der älteste Teil befindet sich an einer Ecke der Stadtmauern. Das gotische Haus sollte nicht als Unterkunft dienen, sondern es handelte sich um einen Teil der Befestigungsanlage der Stadt. Es wurde auf dem am verletzlichsten Ort der Stadt gebaut, gegenüber einem Hügel, auf dem heute die spanische Kapelle steht."

Das Schloss wurde von der Familie von Krawarn gegründet, die mehrere Schlösser und Residenzen in der Umgebung besaß: Fulnek, Bilovec (Wagstadt) und weitere. Für die bauliche Entwicklung des Schlosses und für den Aufschwung der ganzen Stadt war aber vor allem die etwa 50 Jahre lange Ära von großer Bedeutung, als die Zerotin im Besitz von Neutitschein waren. Sie schenkten der Stadt ein Haus auf dem Stadtring, das als ehrwürdiges Rathaus genutzt wurde. Als nach einem Brand im Jahre 1503 die Holzhäuser am Stadtring in Schutt und Asche lagen, machten sich die Zeroteiner durch den Bau eines Steingewölbes und neuer Bürgerhäuser verdient. Aber auch die Bauentwicklung des Adelssitzes ging weiter...

"Das Schloss erweiterte sich am Ende des 15. Jahrhunderts durch verschiedene Anbauten und Nebengebäude und verwandelte sich in eine gelegentliche Residenz der Herrschaftsbesitzer, d.h. der Herren von Zerotein. Es wurde insbesondere von Viktorin im Jahre 1520 und später von dessen Neffen Friedrich genutzt. Im Durchgang finden wir heute Wappen von Friedrich von Zerotein und seiner Frau Libuse von Lomnice. Das Haus entwickelte sich zu einer Stadtzitadelle zur Abwehr der Türken, ergänzt durch Türme, von denen leider nur drei bis heute stehen geblieben sind."

Das 16. Jahrhundert war eine Blütezeit der Handwerke. Die Stadt wurde durch Bierbrauerei und Ausschank reicher, es entwickelte sich dort jedoch vor allem die Tuchmacherei. Von den insgesamt 200 Handwerkern bestand ein Drittel aus Tuchmachern. Neutitschein war nach Jihlava/Iglau das zweitbedeutendste Zentrum der Tuchmacherei in Mähren. Dank dieses Aufschwungs wurde auch die Stadtkasse immer reicher. 1558 war die Stadt wirtschaftlich schon so stark, dass sie sich aus der feudalen Abhängigkeit freikaufen konnte. Novy Jicin war von nun an nur mehr der königlichen Krone unterstellt.

Während das 16. Jahrhundert im Zeichen der Prosperität stand, brachte das 17. Jahrhundert Instabilität mit sich. Die Freiheit der Stadt wurde durch zahlreiche religiöse und politische Kampfhandlungen gefährdet. Der Dreißigjährige Krieg brach auch in Neutitschein ein, das wiederholt angegriffen wurde. Die überwiegend lutherische Stadt wurde für ihre Teilnahme an dem gegen den Kaiser gerichteten Aufstand bestraft. Sie verlor ihre Unabhängigkeit und wurde den Jesuiten überantwortet. Unter dem Einfluss dieses Ordens wurde die Stadt katholisiert. Und wie erlebte das Zerotin-Schloss diese dramatischen Jahrzehnte?

"Im 16. Jahrhundert entstand der Renaissancepalast der Herren von Zerotein. Ab 1558 stand das Schloss leer und war ohne Obrigkeit. Kurz wurden hier das Rathaus und die Behörden untergebracht, und zwar zu der Zeit, als die Jesuiten die Stadt übernommen hatten. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden auf zwei Flügeln des Baus die Attiken niedergerissen. Ich muss daran erinnern, dass hier im 19. Jahrhundert der Herrschaftsverwalter saß. Er wurde vom Historiker und Politiker Frantisek Palacky besucht, der hier auch übernachtete. Zur Jagd und zu gelegentlichen Besuchen pflegte auch der Reichsrat und spätere Regierungsvorsitzende Baron Gautsch hierher zu fahren. Und der letzte bedeutende Besuch ereignete sich 1912, als Karl I. und Zita als Thronfolger hierher kamen. Sonst war das Schloss mehr oder weniger leer, es diente nur noch zur Herrschaftsverwaltung."

Soweit die Entwicklung des Schlosses. Und das Leben der Stadt? Im 18. Jahrhundert kehrte man dort wieder zum Handwerk zurück, welches jedoch allmählich von der Industrie abgelöst wurde.

"Die Stadt war besonders hinsichtlich der - wie wir heute sagen würden - Textil- oder Verbrauchsindustrie bedeutend. Sie lebte von der Weberei, die am entwickeltsten und als Handwerk oder Beruf im ganzen Herrschaftsgebiet sehr verbreitet war. Es gab hier Webermanufakturen - in Neutitschein, Fulnek und an anderen Orten. Und seit dem 19. Jahrhundert etablierte sich die Hüterproduktion, die europäisches Niveau, ja Weltniveau erreichte.

Von den Hüten werden wir in der nächsten Folge unserer Sendereihe wesentlich mehr erzählen. Heute möchten wir uns noch auf einen Spaziergang durch die Stadt begeben um uns dort ein bisschen umzuschauen. Es gibt nur wenige Städte, deren Besichtigung so einfach wie die von Neutitschein wäre. Alles liegt hier nah aneinander und die regelmäßige Struktur der Stadt erlaubt einem nicht, sich zu verirren.

"Es gibt hier zahlreiche Denkmäler, einige schon wirklich bejahrt, andere etwas jünger. Als das älteste Gebäude sollten wir die sog. Alte Post erwähnen. Sie wurde 1563 gebaut. Das Gebäude fesselt unsere Aufmerksamkeit durch seine Arkaden im italienischen Stil. Die Arkaden, die es schmücken, sind nicht in den Hof gewandt, wie es üblich war, sondern zum Stadtring.

Das Haus des Bürgermeisters Ondrej Repa stellt ein hervorragendes Beispiel der bürgerlichen Renaissance in den böhmischen Ländern dar. Seit 1787 diente es als Postamt. Dieses Gebäude begrüßte einst so berühmte Gäste wie den russischen General Suworow und den Zaren Alexander I. Aber auch ein anderer Kriegsführer suchte hier Zuflucht, General Laudon, der in Österreich vor allem dank des verbreiteten Fluches bekannt ist, und von dem in Tschechien ein bekanntes Lied erzählt. Im 19. Jahrhundert herrschte in Neutitschen ein reges gesellschaftliches Leben. Im Schloss lebte zwar keine Adelsfamilie, doch viele noble Gäste besuchten die Stadt, um sich dort zu erholen und zu unterhalten.

"Die Stadt wachte eifersüchtig darüber, dass kein Adelsgeschlecht dort seinen ständigen Sitz findet. Der Adel suchte aber Neutetschein aus, es kamen z.B. die Kinskys hierher. Es wurden hier Bälle veranstaltet, bei denen Johann Strauss Vater und Sohn konzertierten. Hier befand sich der zweitgrößte Tanzsaal in Mähren."

Mit den Tönen eines Strauss- Walzes möchten wir uns von Ihnen für heute verabschieden. Nach Novy Jicin werden wir aber noch einmal, in zwei Wochen reisen. Wie bereits erwähnt wurde, wenden wir dann unsere Aufmerksamkeit der dortigen Hütertradition zu. Für Ihre Aufmerksamkeit bedanken sich Gerald Schubert und Markéta Maurová.

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