Sportreport

Katrina Neumannova

2002, das Jahr der Olympischen Winterspiele von Salt Lake City und der Fußball-Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea, neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Ein Grund für uns, an dieser Stelle noch einmal auf die Erfolge, Missgeschicke und Aufreger dieses Jahres aus der Sicht des tschechischen Sports zurück zu blicken. Wollen auch Sie einige dieser Highlights noch einmal Revue passieren lassen, dann begleiten Sie uns jetzt auf unserer kurzen Zeitreise durch das Sportjahr 2002.

Katerina Neumannova
Gleich im Februar stand auch schon das erste sportliche Topereignis des Jahres an: die Olympischen Winterspiele in Salt Lake City. Die Tschechische Republik war mit 78 Sportlern in die mormonische Hauptstadt des US-Bundesstaates Utah gereist und hegte durchaus Medaillenhoffnungen. Doch nicht alle Blütenträume reiften. Die Eishockeycracks wollten ihren Olympiasieg von 1998 nach Möglichkeit wiederholen, doch es langte diesmal nur zum 5. Platz. Skilangläuferin Katerina Neumannová strebte nach der Silber- und Bronzemedaille von Nagano nunmehr eine goldene an - aber es reichte wieder "nur" zu Bronze über die 15-km-Distanz im freien Stil. Wie sich später jedoch herausstellen sollte, waren die russischen Kontrahentinnen Lazutina und Danilova gedopt und mussten daher ihre Plaketten zurück geben. Daher rückte Katerina Neumannová in zwei Disziplinen nachträglich noch um einen Rang nach vorn und ward wieder als Silber- und Bronzemedaillengewinnerin gefeiert. Den größten Grund zum Feiern hatte allerdings der 29-jährige Skiakrobat Ales Valenta. Im Freestyle-Wettbewerb der Männer schockte er die Konkurrenz im zweiten Durchgang mit einem waghalsigen Sprung, dem vor ihm noch keiner zeigte: einen dreifachen Salto mit fünffacher Schraube! Weil er ihn perfekt meisterte, wurden sein Mut und Können auch reich belohnt - mit dem Olympiasieg! Es war nach Skispringer Jirí Raska und der Eishockey-Auswahl erst das dritte Olympiagold, das ein tschechischer Winterathlet gewann. Und das völlig zurecht. Nach seiner Rückkehr aus Salt Lake City wusste uns nämlich Ales Valenta auf die Frage, ob sein Erfolg auch bei den Gegnern und dem amerikanischen Publikum Anerkennung fand, zu antworten: "Ganz sicher, denn danach kamen eigentlich alle auf mich zu, um mir zu gratulieren, und zwar weniger zu der Medaille, sondern vielmehr zu meiner Leistung."

Die tschechischen Eishockeyspieler mussten drei Monate später, bei der Weltmeisterschaft in Schweden, erneut mit dem 5. Rang vorliebnehmen, was eine Enttäuschung war und die Entlassung der Trainer Augusta und Martinec zur Folge hatte. Nichtsdestotrotz wurde im Play off der heimischen Extraliga wieder großartiges Eishockey geboten, insbesondere bei den Finalduellen zwischen Sparta Prag und dem HC Vítkovice:

Auch wenn die Prager das erste Spiel trotz der geschilderten 2:0-Führung noch mit 2:3 verloren, danach ließen sie nichts mehr anbrennen und sicherten sich mit drei Siegen in Folge ihre fünfte Meisterschaft. Eine der großen Stützen des Teams war Goalie Petr Bríza, der sich jedoch auch nur als ein Teil der Mannschaft sah:

"Ich sehe das nicht so, dass ich der Vater des Erfolges war. Wir haben wirklich als Team gespielt, und weil wir so kompakt als Mannschaft gespielt haben, dann kommen natürlich die Persönlichkeiten aus dem Spiel heraus."

Ähnlich kompakt wie die Cracks von Sparta Prag trat auch der FC Slovan Liberec in der höchsten tschechischen Fußball-Liga auf. Als verdienten Lohn durften die Nordböhmen im Mai ihren ersten Meistertitel in Empfang nehmen. Noch stärker aber trumpften die Blau-Weißen im UEFA Cup auf, wo sie immerhin bis ins Viertelfinale vordrangen. Auch wenn sie dort am späteren Cupfinalisten Borussia Dortmund gescheitert sind, die internationale Anerkennung für die Skorpil-Schützlinge war überall zu spüren. Deutschlands Nationalspieler Christoph Metzelder zum Beispiel sagte nach dem Prager Hinspiel:

"Wir wussten, dass Liberec gerade zu Hause in punkto Kampfkraft und Moral alles aufbieten wird. Das haben sie dann auch gezeigt. So war es wichtig für uns, dass wir kein Gegentor kriegen, und das haben wir erreicht."

Die tollen Spiele von Slovan Liberec im UEFA-Cup waren auch ein kleines Trostpflaster für die verpasste Teilnahme der tschechischen Fußballer an der WM in Japan und Südkorea. Mit einem noch gewichtigeren Erfolg wussten jedoch die Nachwuchskicker aufzuwarten. Bei der U-21-EM in der Schweiz gelangten sie nicht nur wie zwei Jahre zuvor in der Slowakei ins Finale, sondern entschieden es sogar für sich. Gegen Frankreich gewannen sie nach einem 0:0 nach Verlängerung das Elfmeterschießen mit 3:1, woran Torwart Petr Cech mit zwei gehaltenen Bällen großen Anteil hatte. Die von ihm und seinen Mitspielern beherzigte und zum Sieg geführte Taktik beschrieb der 19-jährige so:

"Wir haben uns gesagt, dass wir so lang als möglich kein Gegentor der Franzosen zulassen wollen. Denn sie haben das gesamte Turnier mit einer nahezu unveränderten Formation durchgespielt, da musste sich irgendwann eine gewisse Müdigkeit zeigen. Im Verlauf der Begegnung deutete sich schon an, dass unsere Taktik erfolgreich sein kann, denn zum Ende der Partie kamen wir immer besser ins Spiel und hatten auch die ein oder andere Chance."

Nicht nur, weil die Fußballer bei der WM nur Zaungast waren, hielt die zweite Jahreshälfte einige Höhepunkte weniger für die tschechischen Sportler parat. Einer war jedoch fraglos die Leichtathletik-Europameisterschaft, die im August in München stattfand. Erfreulich, weil nicht ganz erwartet, stimmte vor allem das Resultat, dass Hürdenläufer Jirí Muzík über der 400-m-Strecke erzielte: Platz 2 und erster Medaillenerfolg für ihn. Der wiederum war fest eingeplant beim Zehnkampf-Weltrekordler Roman Sebrle, der schon vor der EM verkündet hatte:

"Ich will natürlich meine Fans erfreuen, ihnen eine Freude bereiten, ebenso meinen Eltern und für mich selbst will ich eine große Medaille gewinnen. Ich will mich für all meine Schinderei im Training belohnen. Wenn mir nämlich manchmal auch schlecht ist nach dem Training, dann soll selbstverständlich auch eine Medaille herausspringen. Ja, deshalb will ich gewinnen!" Das hat er dann auch, womit er sich selbst für so manche, zumeist verletzungsbedingte Enttäuschung aus der Vergangenheit entschädigte.

Ales Valenta
Erfolgreich gekrönt hat sich auch ein anderer Star des nationalen wie internationalen Sports: der Eishockey-Torwart Dominik Hasek. Zum Abschluss seiner glänzenden Karriere holte der 37-Jährige mit den Detroit Red Wings endlich auch den heißbegehrten Stanley Cup. Darauf hatte er in den zurückliegenden Jahren, in denen er zum besten NHL-Goalie der 90er Jahre aufgestiegen war, sein ganzes Denken und Handeln abgestellt. Entsprechend lang und ausschweifend ging es bei den anschließenden Siegesfeiern zu, zu denen Hasek bemerkte: "Die Feiern waren insgesamt doppelt bis dreifach so lang, wie ich erwartet habe."

Dominik Hasek wusste jedoch nicht nur zu feiern. Er war auch einer der Aktivsten, als es im August hieß, reichlich Spenden für die Hochwasseropfer in Tschechien zu erbringen. Auch viele Sportler, denen die Flut Trainings- und Wettkampfstätten zerstört und Sportutensilien hinweggespült hatte, waren davon betroffen. Doch gerade in dieser Extremsituation hat sich der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung unter den Sportlern wieder hervor getan. Und dies ist am Ende die vielleicht wertvollste Erkenntnis aus dem Sportjahr 2002.