Sportveranstaltungen, die man noch zu Weihnachten und Silvester in Prag besuchen kann
Erinnern Sie sich noch an das letzte Jahr? Da wollten Sie es sich mit uns so recht gemütlich machen, um vielleicht eine nette Weihnachtsgeschichte von uns zu hören, oder aber die Empfehlung eines für Böhmen, Mähren oder Schlesien typisch weihnachtlichen Kochrezepts - doch was haben wir getan: Wir haben Sie hinaus in die Kälte getrieben, um Ihnen zu berichten, dass Weihnachten in Prag nicht nur opulentes Essen, Schlemmen oder Müßiggang bedeuten, sondern durchaus auch Körperertüchtigung und gesunde Lebensweise. Ja, wir hatten Sie zur eiskalten Moldau geführt, wo sich alljährlich am Zweiten Weihnachtsfeiertag die Eisbader die Ehre geben und vor Hunderten von Schaulustigen unterhalb der Brücke der Legionen ins Wasser steigen, um einige Minuten zu schwimmen. Nun, diesmal soll es nicht ganz so frostig werden, denn die traditionellen Sportveranstaltungen, die man außerdem noch zu Weihnachten und Silvester in der "Goldenen Stadt" besuchen kann, werden in der Halle oder zumindest nicht im kalten Wasser ausgetragen. Lothar Martin wird sie Ihnen in den nächsten Minuten etwas näher bringen.
Vor zwei Jahren konnte man sie noch gemeinsam zu Gesicht bekommen und zu Weihnachten als Ehrengäste begrüßen: Josef Bican, den leider schon verstorbenen Welttorjäger des 20. Jahrhunderts, der einst sowohl für Rapid und Admira Wien als auch für Slavia Prag gekickt hat, und Josef Masopust, der Vizeweltmeister und "Europas Fußballer des Jahres 1962". Wo, werden Sie fragen? Nun, beim Hallen-Fußballturnier der tschechischen Altinternationalen, das in diesem Jahr zum bereits zum achten Male ausgetragen wird, und zwar wie immer am zweiten Weihnachtsfeiertag in der Sporthalle des SK Slavia Prag im zehnten Prager Stadtbezirk. Es ist das weihnachtliche Stelldichein vieler großer tschechischer Fußballgrößen vergangener Tage wie Antonín Panenka, Zdenek Nehoda, Frantisek Veselý oder Jan Berger. Sie stehen nur stellvertretend als die wohl namhaftesten Vertreter der vier bekannten Hauptstadtclubs Bohemians, Dukla, Slavia und Sparta Prag, die in der Regel mit einer Mannschaft beim Turnier vertreten sind. Ihre Gegner sind weitere vier Teams aus Tschechien und der Slowakei, die es jedoch immer schwer haben, in die Phalanx der Prager einzudringen. Dies gelang jedoch einer aus vielen populären Altstars zusammengestellten Vertretung der Lotteriegesellschaft Tipsport, die in den zurückliegenden zwei Jahren als Sieger hervor ging. Kein Wunder, spielten doch in dieser Mannschaft mit Ivan Hasek, Jozef Chovanec und Pavel Rehák gestandene Haudegen der beiden Erzrivalen Sparta und Slavia Prag miteinander - ein Novum, was nicht alle Tage zu bestaunen ist. Aber dieses Turnier, in dem Slavia Prag als dreimaliger Gewinner bisher am erfolgreichsten war, wird nicht aus Prestige oder aus kommerziellen Gründen ausgetragen. Im Gegenteil. An erster Stelle stehen der Spaßfaktor und das Verlangen, zu Weihnachten nicht nur auf der faulen Haut zu liegen. Für viele Fußballfans ist es zudem eine einmalige Gelegenheit, ihre Idole von einst erneut sehen zu können, Autogramme zu erhaschen oder ein bisschen Small talk zu pflegen. Fünf Tage später, stets zu Silvester, haben die Sparta- und Slavia-Anhänger dazu noch eine weitere Gelegenheit. Welche, das verraten wir Ihnen gleich.
Sparta und Slavia Prag sind die zwei traditionsreichsten Vereine der Tschechischen Republik. Beide Clubs wurden schon vor über 100 Jahren, zu Ende des 19. Jahrhunderts gegründet, und seit jeher kennt ihre Rivalität so gut wie keine Grenzen. Aber, und das ist das Schöne, es ist eine Rivalität, die immer wieder sportlich ausgetragen wird. So war es auch möglich, dass sie neben ihren Duellen in den nationalen Wettbewerben seit 16 Jahren auch noch einen weiteren Vergleich bestreiten: das so genannte letzte Derby des Jahres, das seit 1986 immer am Silvestertag, und zwar von den Altstars beider Clubs bestritten wird. Warum aber ausgerechnet zu Silvester? Auf diese Frage antwortete mir der Pressesprecher von Slavia Prag, Jirí Vrba, wie folgt:
Die Frage liegt nahe, wo kann ein Fußballspiel zu dieser Jahreszeit noch auf einigermaßen guten Platzverhältnissen ausgetragen werden. Doch Jirí Vrba klärt mich auf: "Es lässt sich sagen, dass sich das zunächst Jahr für Jahr geändert hat. Noch bis vor kurzem wurde das Silvesterderby auf einem Platz mit Kunstrasen im Stadtteil Karlín ausgetragen. Letztes Jahr wurde ein neuer Kunstrasen im Areal Eden, der Heimstätte von Slavia Prag, eingeweiht. Das ist ein äußerst hervorragender Kunstrasen, der nicht nur in gutem Zustand ist, sondern auch einem gepflegten Naturrasen schon sehr nahe kommt. Seit diesem Zeitpunkt wird die Partie bei Slavia ausgespielt."
Aber das Silvesterderby wäre nicht das Silvesterderby, wenn es nicht ein paar Besonderheiten, ja sogar eigene Regeln aufweisen würde. Jirí Vrba hat sie mir so erläutert: "Das Spiel hat seine spezifischen Regeln. Diese sind so ausgelegt, damit Tore fallen und Spieler wie Zuschauer einen Grund mehr haben, dabei zu sein. Eine Regel besagt zum Beispiel, dass anstatt jeder dritten Ecke ein Elfmeter geschossen wird. Dadurch fallen dann natürlich auch mehr Tore. Zudem wird jedes Jahr ein Pausen-Wettbewerb durchgeführt, bei dem man vom Elfmeterpunkt aus Champagnerflaschen treffen muss, die in den Torwartecken aufgehängt sind. Das gehört halt zu Silvester, und die Leute haben ihren Spaß."
Das Silvesterderby wird in diesem Jahr also zum 17. Male ausgetragen. Wer bisher erfolgreicher von beiden Erzrivalen war, das konnte man dem nach der siegreichen UEFA-Cup-Partie gegen PAOK Saloniki besonders frohgelaunten Slavia-Pressesprecher bereits aus den Augen ablesen: "In der letzten Zeit, ja ich würde sagen in den letzten zehn Jahren, war Slavia erfolgreicher. Ich weiß es jetzt nicht ganz genau, aber von diesen Begegnungen haben sie sieben oder acht gewonnen. Nur das letzte Derby zu Silvester 2001 nicht. Das hat Sparta gewonnen, und noch dazu mit deutlichem Vorsprung."
In der Tat, wie aus der Statistik hervorgeht, hat Sparta im vergangenen Jahr klar und deutlich mit 5:0 die Oberhand behalten. Das wurde aber auch schon so langsam Zeit, denn der zuvor letzte Sieg des tschechischen Rekordmeisters fiel bis auf das Jahr 1994 zurück. Und wie wird es diesmal ausgehen? Wird es vielleicht sogar die eine oder andere Veränderung bei der Ausrichtung der Begegnung geben? Dazu sagte Vrba schmunzelnd: "Ich hoffe, dass die Veränderung gegenüber dem letzte Jahr die sein wird, dass Slavia gewinnen und damit auch das letzte Spiel des Jahres erfolgreich abschließen wird. Es ist nämlich kein Geheimnis: Slavia hat in diesem Jahr in der Meisterschaft und im Pokal insgesamt fünf Duelle gegen Sparta absolviert und keines davon verloren! Daher bin ich überzeugt davon, dass Slavia auch zu Silvester die Nase vorn haben wird. Nicht zuletzt deshalb, weil es unser Trainer Miroslav Beránek, der selbst mitspielt, beim letzten Jahreswechsel versprochen hat. Da sagte er nämlich, dass Slavia im gesamten Jahr 2002 kein einziges Spiel gegen Sparta verlieren wird. Das ist dann auch so gekommen und ich wäre erfreut, wenn seine Prophezeiung ganz aufgehen würde."
Sie hören also, liebe Hörerinnen und Hörer, in den Duellen zwischen Sparta und Slavia Prag steckt wesentlich mehr Prestige und Brisanz als zum Beispiel beim Hallen-Weihnachtsturnier der Altinternationalen. Aber es bleibt dabei: Zwischen Weihnachten und Neujahr zählen lediglich der Spaß und die Freude unter Fußballanhängern darüber, ein paar nette Stunden gemeinsam verbringen zu können.