Drei Interessante Ausstellungen in Prag
Liebe Hörerinnen und Hörer, im heutigen Kultursalon möchten wir Sie in drei interessante Ausstellungen einladen, die in Prag in der vergangenen Woche eröffnet wurden: "Emma Destinnova als Literatin" im Nationaltheater, "Grafik des 15. und 16. Jahrhunderts aus deutschsprachigen Ländern" im Kinsky-Palais und "Die tschechische visuelle Kunst der 60er Jahre" auf der Prager Burg. Zum Besuch der Ausstellungen lädt Sie unsere freie Mitarbeiterin, Lucie Drahonovska, ein.
Emma Destinnova als Literatin
Emma Destinnova wurde in der Welt vor allem als phänomenale Opernsängerin bekannt. Dabei ist jedoch weniger bekannt, dass sich die Sopranistin genauso leidenschaftlich für eine weitere Muse interessierte - für die Literatur. Ihre Tätigkeit als Schriftstellerin nahm sie sehr ernst und ließ sich in ihrem Reisepass als Opernsängerin und Schriftstellerin eintragen. Überraschend mag sein, dass die achtzehnjährige Emma in Prag nicht als Sängerin, sondern als Autorin von Dramen debütierte. Nachdem sie 1923 ihre Opernkarriere beendete und von da an nur gelegentlich auftrat, fand sie Zuflucht im Schreiben von Gedichten, Theaterstücken und Romanen.
Am Vorabend des 125. Geburtstages der "göttlichen Emma" am 25. Februar 2003, wurde im Foyer des Nationaltheaters eine kleine Ausstellung eröffnet. Anhand von Buchausgaben, Theaterplakaten, persönlichen Fotografien und Zeitdokumenten wird dort Destinnova als eine passionierte Literatin präsentiert. Mehr über die Ausstellung der Vorsitzende des Emma-Destinnova-Vereins, Frantisek Fürbach:
"Die kleine Ausstellung ist einer großen editorischen Tat gewidmet, mit der das 125. Jubiläum von Emma Destinnova geehrt wird: mit der aktuellen Herausgabe ihres umfangreichsten Literaturwerkes "Ve stinu modre ruze" - "Im Schatten der blauen Rose" nämlich. Die Romanchronik des alten südböhmischen Adelsgeschlechts Leonhardi wurde erstmals 1924 veröffentlicht. Dank des Europäischen literarischen Klubs ist das umfassende Werk nun zum vierten Mal erschienen."
Und jetzt zurück zu Emma Destinnova, wie man sie am besten kennt: die Operndiva in der Rolle der Rusalka aus der gleichnamigen Oper von Antonin Dvorak.
Zeichnungen deutschsprachiger Meister des 15. und 16. Jahrhunderts
Der nächste Kulturtipp bringt eine Ausstellung im Kinsky-Palais auf dem Altstädter Ring näher. Hier präsentiert die Nationalgalerie zum ersten Mal figurative Zeichnungen deutschsprachiger Meister des 15. und 16. Jahrhunderts. Die Autorin und Kuratorin der Ausstellung, Alena Volrabova, hat sich lange mit dieser Idee beschäftigt. Erst nachdem sie die wertvolle, umfassende und sehr interessante Grafik-Sammlung des Mährischen Museums in Brünn entdeckte, hatte sie zu ihrem Thema eine repräsentative Auswahl zusammenstellen können. Alena Volrabova charakterisiert die Ausstellung wie folgt:
"Die Ausstellung ist in drei chronologische Zeitabschnitte geteilt. Sie setzt im 15. Jahrhundert an, als die mittelalterliche Grafik in deutschprachigen Ländern noch unter niederländischem Einfluss stand. Am Anfang des 16. Jahrhunderts hat sie sich verselbständigt und brach schließlich völlig aus - in Werken großer Meister, angeführt von Albrecht Dürer."
Werke von Dürer wird man unter den grafischen Blättern jedoch vergeblich suchen - Dürers Werkstatt vertreten vor allem Arbeiten seines besten Schülers, Hans Baldung Grien. Abgerundet wird die Ausstellung mit exotischen Motiven bedeutender Grafiker aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts: Virgil Solis, Jost Amman und Melchior Lorch.
Die vorwiegend figurative Grafik ergänzen im Kinsky-Palais Bilder, Plastiken und dekorative Fenstergläser, die Häuser wohlhabender Bürger schmückten. Die Ausstellung "Zeichnung der deutschsprachigen Künstler des 15. und 16. Jahrhunderts" ist im Kinsky-Palais bis zum 25. Mai zu sehen. Der Begleitkatalog zur Ausstellung ist auch in deutscher Sprache erhältlich.
Kunst ist Abstraktion
Unser dritter Ausstellungstipp führt uns hinauf zur Prager Burg. In dem Reitstall wird seit dem 27. Februar die tschechische visuelle Kultur der 60er Jahre gezeigt. Bereits im Titel der Ausstellung wird erwähnt, dass Kunst eine Abstraktion sei. Unter den unfreien Bedingungen dieser Zeit war sie gezwungen, sich ein neues Forum zu suchen. Für die tschechischen Künstler der 60er Jahre hieß es die Hinwendung zu Büchern, Fotografien, Plastiken und Bildern.
Der Autor der Ausstellung, Zdenek Primus, hat sich für die Kunst der 60er Jahre vor acht Jahren entschieden: Als leidenschaftlicher Antiquariatsgänger entdeckte er schöne abstrakte Buchumschläge tschechischer Künstler. Und gerade sie wurden zum Rückgrat seines Projekts. Über die Qualität der tschechischen Buchproduktion der 60er Jahre sowie über ihren internationalen Ruf sagt Zdenek Primus Folgendes:
"Sie ist ganz außergewöhnlich und unvergleichbar mit allem anderen. Ich halte sie für den eigentlichen künstlerischen Beitrag zur Weltkunst. Bereits in den 20er und 30er Jahren, als Toyen und Styrsky Bücher gemacht haben, war es etwas ganz Besonderes. Und in den 60er Jahren, als sie Kotik, Balcar oder Sekal produzierten, war es genauso."
Neben den etwa 500 Buchexemplaren finden in der Ausstellung an die 100 Plastiken, Fotografien und Bilder Platz - die lyrische Abstraktion (Kotik), Lettrismus (Boudnik, Koblasa, Janosek), Neue Empfindung (Bostik, Malich). Nicht zu vergessen Einzelgänger wie Kovarik und Sekal. Die Fotografie vertreten durch Arbeiten von Benc, Medkova oder Kolarova. Die Kunstausstellung wird nach Prag auch in Brünn, Olmütz und in der Münchner Pinakothek der Moderne gezeigt.
Die Ausstellung "Kunst ist Abstraktion" ist in dem Reitstall auf der Prager Burg täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr zu sehen.
Soweit liebe Hörerinnen und Hörer, der heutige Kultursalon. Aus dem Studio verabschieden sich von Ihnen Lucie Drahonovska und Ditha Baierova.