Wofür steht der Präsidentschaftskandidat der Regierungskoalition Jan Sokol?

Jan Sokol (Foto: CTK)

Weder auf der politischen Bühne noch in der Gesellschaft habe er bislang spürbar auf sich aufmerksam gemacht, kreiden Kritiker dem Kandidaten der Regierungskoalition, dem Hochschullehrer Jan Sokol, als entscheidenden Nachteil an. Gleichwohl hat sich Jan Sokol bereits vor 1989 als Unterzeichner der Charta 77 gesellschaftspolitisch engagiert und war nach dem Fall der Regierung Klaus für eine kurze Zeit Bildungsminister. Wie sieht Jan Sokol das Amt des Präsidenten, was sind seine innen- und außenpolitischen Prioritäten? Silja Schultheis hat sich mit dem Kandidaten der Regierungskoalition unterhalten.

Jan Sokol  (Foto: CTK)
Sokol: "Ich bin eine ganz andere Person als Vaclav Havel. Vaclav Havel ist ein großer Individualist. Ich bin in meinem ganzen Leben immer ein Teamspieler gewesen. Ich glaube, die erste Aufgabe des Präsidenten ist, das Vertrauen der Bürger in den Staat zu verstärken."

Die vergangenen 13 Jahre waren auf der politischen Bühne z.T. sehr stark geprägt von der persönlichen Rivalität zwischen Präsident Vaclav Havel und dem Vorsitzenden der konservativen Bürgerpartei, Vaclav Klaus. In diesem Zusammenhang wurde Havel dafür kritisiert, auf der Prager Burg zur Polarisierung beigetragen zu haben. Will Jan Sokol hier einen neuen Weg einschlagen und zur Entschärfung der Gegensätze beitragen?

"Eindeutig ja. Der Präsident steht außerhalb der politischen Parteien, ist ihr Partner und darf nie zum Konkurrenten werden. In diese Rolle darf sich, glaube ich, ein Präsident nie mitreißen lassen."

Ein wesentlicher Kritikpunkt der Kommunisten sowie einiger Sozialdemokraten an Jan Sokol ist seine Haltung zu den tschechisch-deutschen Beziehungen. Bereits 1995 hat Jan Sokol einen Aufruf mitunterzeichnet, in dem die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg als Unrecht bezeichnet wird. An seiner Haltung zu dieser Frage, die in Tschechien nicht mehrheitsfähig ist, hat Sokol nichts geändert. Wohl aber hat sich seitdem in den tschechisch-deutschen Beziehungen eine Menge getan, meint der Hochschullehrer:

Studenten: 'Sokol auf dem Burg!'
"Ich glaube, heute sind die deutsch-tschechischen Beziehungen auf der 'normalen' Ebene sehr gut. Was ich immer betone: Wir Tschechen müssen diese ewige Angst vor den Deutschen loswerden. Unsere Vorfahren haben gegenüber den Deutschen ganz gut bestanden, vor dem Krieg und im 19. Jahrhundert. Wir sollten freundlich, aber doch fest und selbstbewusst gegenüber den Nachbarn auftreten und nicht bei jeder Gelegenheit wieder diese Gespenster hochkommen lassen."

Wird es von Jan Sokol eine moralische Geste in puncto Vertreibungen geben, wie sie u.a. die Europäische Union als wünschenswert bezeichnet hat?

"Nein. Der Präsident kann nicht etwas tun, was die Bürger in der Mehrheit nicht glauben oder nicht denken."

Eines der wichtigsten Ereignisse der nächsten Zeit wird in Tschechien das Referendum über den EU-Beitritt des Landes sein. Wird sich Jan Sokol an der von der tschechischen Regierung hierzu angekündigten Kampagne beteiligen:

"Nach Möglichkeit ja. Da ist meine Einschätzung ganz eindeutig: Es ist für uns eine einzigartige Chance. Und es wäre lächerlich, es wegen Streitigkeiten über dies und jenes zu verpassen. Das sollte jeder Tscheche gut bedenken, was da alles im Spiel ist."

Eine entscheidende Rolle spielten in der dritten Runde der Präsidentenwahl die Kommunisten. Befragt nach seinem Verhältnis zu dieser Partei betonte Jan Sokol, ihm sei wichtig:

"dass ich die Kommunisten ganz genau beobachte, ob sie sich wirklich zu einer demokratischen Linkspartei entwickeln oder zu einer Partei der negativen Wahl."