Gespräch mit Vladimir Handl (Institut für internationale Beziehungen) über die Haltung der tschechischen Regierung zum Irak-Krieg
"Der nationale Sicherheitsrat hat auf seiner Sitzung am Montag beschlossen, dass die Tschechische Republik ihren Standpunkt zu einem Krieg im Irak ohne UN-Mandat erst in dem Moment bekannt geben wird, wo der Krieg tatsächlich beginnt.
Handl: "Ich denke, man kann diese Haltung der tschechischen Regierung als eine indirekte negative Haltung zum Krieg verstehen. Da der Sicherheitsrat gesagt hat, ohne Mandat will die Tschechische Republik den Krieg direkt und öffentlich nicht unterstützen. Es gab auch Äußerungen der Vertreter des Rates und klare Hinweise auf einen Einklang zwischen der Haltung der Regierung und der Öffentlichkeit. Und die Öffentlichkeit, das ist bekannt, ist zu 71% gegen einen Krieg ohne UN-Mandat."
Schultheis: "Aber warum hat man dann nicht noch einmal den Standpunkt bekräftigt, den man vorher auch schon bekannt gegeben hatte. Es ist ja kein Geheimnis gewesen, dass sich die tschechische politische Führung gegen einen Krieg ohne UN-Mandat ausgesprochen hatte. Warum konnte man diese Haltung in der jetzigen aktuellen Situation nicht noch einmal wiederholen?"
Handl: "Ich befürchte, dass die Regierung eine Position sucht, die in der realen Situation keine Spaltung zwischen Europa, im engeren Sinne also der Tschechischen Republik, und den Vereinigten Staaten zulässt. Ich glaube, sie sucht eine Position, die eine Distanz zu dem Krieg klar macht, aber gleichzeitig die Möglichkeit einer Zusammenarbeit nicht in Frage stellt.
Schultheis: "Wenn es jetzt aber tatsächlich zum Krieg ohne UN-Mandat kommt - worauf ja einiges hindeutet - wie würde sich Ihrer Meinung nach dann die tschechische Regierung verhalten, dann verhalten?"
Handl: "Ich glaube, da gibt es mehrere Fragen. Eine Frage ist die des Einsatzes der tschechischen Truppe in dieser Region. Und die ist meiner Meinung nach klar definiert: Die Regierung wird die tschechische ABC-Abwehrwaffeneinheit einsetzen, wenn die Zivilbevölkerung, die Soldaten oder die Truppen der Allianz mit Massenvernichtungswaffen angegriffen werden. Wo ich mehr Probleme habe, das ist in der Frage der völkerrechtlichen Legitimierung des Krieges, zu der sich die Regierung im Laufe der Zeit wird äußern müssen, denn diese völkerrechtliche Frage wird sich stellen. Und da sehe ich schon eine gewisse Spannung, denn bisher wollte die Regierung sich zu dieser Frage nicht äußern."
Schultheis: "Herr Handl, ich danke Ihnen für das Gespräch."