Tschechische Wissenschaftler steuern Projekt zum Wiederaufbau von Mossul bei

Sankt-Elias-Kloster bei Mossul (2005), es wurde im Jahre 2014 von Islamisten zerstört (Foto: Doug, CC BY-SA 4.0)

Der Bürgerkrieg und die Invasion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben in Syrien eine breite Spur der Verwüstung hinterlassen. Am vergangenen Sonntag gab die syrische Armee die vollständige Rückeroberung der antiken Oasenstadt Palmyra bekannt. Sie gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Das zerstörte Ruinengelände soll mit Hilfe internationaler Experten wieder aufgebaut werden. Ein Wiederaufbau ist auch für die historischen Bauten der nordirakischen Stadt Mossul vorgesehen, wenn sie vom IS befreit ist. Dazu wollen auch tschechische Wissenschaftler beitragen.

Kampf um Mossul  (Foto: ČTK)
Mitarbeiter der tschechischen Akademie der Wissenschaften haben eine interaktive Karte von den verwüsteten Denkmälern in Mossul erstellt. Die Architektur der Stadt wurde von der Zerstörungswut radikaler IS-Mitglieder stark in Mitleidenschaft gezogen. Das Prager Projekt „Gefährdete Architektur der Stadt Mossul“ soll dabei helfen, das historische Zentrum der Stadt am Tigris wiederaufzubauen.

An dem Projekt arbeiten der Historiker Miroslav Melčák vom Orientalischen Institut der Akademie der Wissenschaften sowie die Archäologen Karel Nováček und Lenka Starková von der Westböhmischen Universität in Plzeň / Pilsen. Ein wichtiger Bestandteil des Projekts ist eine Internetseite, die kürzlich eingerichtet wurde. Die Adresse lautet: www.monumentsofmosul.com. Eine auf Satellitenbilder gestützte interaktive Karte zeigt dabei die territoriale Anordnung der historischen Bauten. Lenka Starková erläutert:

www.monumentsofmosul.com
„Mit roten Kästchen sind diejenigen Bauten gekennzeichnet, die in der Vergangenheit schon zerstört wurden. Wenn man auf ihnen ein konkretes Vieleck anklickt, dann erscheinen detaillierte Angaben zu dieser Architektur.“

Das bekannteste Bauwerk ist die Jonas-Moschee, das mutmaßliche Grab des Propheten Jonas. Dazu Karel Nováček:

„Auf der Webseite sehen wir das Grab des Propheten Jonas im zeitlichen Vergleich: zum einen ein halbes Jahr vor der Invasion der Extremisten in Mossul, und zum zweiten im neuesten Foto von Ende August 2015. Da war der Bau bereits komplett gesprengt, dennoch verliefen zu der Zeit auch einige Ausgrabungsarbeiten, die quasi schwarz durchgeführt wurden.“

Mossul  (Foto: Omar Siddeeq Yousi,  CC BY-SA 4.0)
Durch die Anwesenheit des Islamischen Staates sei es weiter sehr kompliziert, etwas Neues zum Stand der historischen Architektur zu erfahren. Über ein Facebook-Profil aber sei es gelungen, mit irakischen Archäologen vor Ort in Kontakt zu treten, sagt Nováček:

„Wir sind darüber sehr zufrieden, denn so ganz allmählich können wir das Misstrauen der irakischen Kollegen ausräumen. Wir haben begonnen, mit einer breiteren Gemeinschaft von Experten und Interessenten im Irak zu kommunizieren, und immer mehr von ihnen helfen uns dabei, die Webseite und das Facebook-Profil zu komplettieren. In Ausnahmefällen entdecken wir so auch aktuelle Fotografien, doch sie zu anzufertigen ist für die betreffenden Akteure sehr gefährlich.“

Sankt-Elias-Kloster bei Mossul  (2005),  es wurde im Jahre 2014 von Islamisten zerstört  (Foto: Doug,  CC BY-SA 4.0)
Die Truppen der irakischen Regierung planen schon in Kürze eine Offensive auf Mossul. Die angestrebte Befreiung der Stadt von den Terroristen sei zwar das lohnende Ziel, doch andererseits habe sie die Befürchtung, dass damit eine weitere sinnlose Zerstörung einhergehe, sagt Lenka Starková:

„Einige der wertvollen historischen Objekte könnten vom Islamischen Staat als Schutzschilde missbraucht werden, indem sich dessen Truppen dort verschanzen. Ich befürchte, wenn die irakische oder eine andere Armee dann diese Bauten angreift, wird von ihnen wohl erst recht nichts mehr übrigbleiben.“

Mossul  (Foto: Google Maps)
Bis Ende August 2015, als die vorerst letzten Satellitenbilder gemacht wurden, haben die tschechischen Wissenschaftler insgesamt 38 historische Objekte registriert, die bis zur Unkenntlichkeit zerstört wurden. Doch nur zu zirka fünf von ihnen habe man bisher eine ausgiebige Dokumentation, resümiert Nováček.

Autor: Lothar Martin
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