Haltung Tschechiens im Irak-Krieg sorgt für innenpolitische Diskussionen

ABC-Waffenabwehreinheit, Foto: CTK

Als am Donnerstag die ersten Bilder von den Angriffen auf Bagdad über die Fernsehschirme flimmerten, begann in Tschechien eine hektische Diskussion über die offizielle Haltung des Landes zum nun Wirklichkeit gewordenen Krieg. Und über die Frage, ob man nun zur Koalition jener Staaten gehöre, die sich an der Operation gegen den Irak beteiligen, oder nicht, über diese Frage herrschte zunächst einige Verwirrung. Gerald Schubert fasst zusammen:

Am Donnerstagvormittag tagte im Zusammenhang mit der Irak-Krise der Staatliche Sicherheitsrat, anschließend trat Premierminister Spidla vor die Journalisten und verkündete: Nein, Tschechien ist kein Mitglied der im Irak kriegführenden Koalition. Darauf angesprochen, dass gerade die USA jedoch Tschechien als ihren Verbündeten in ihrem Feldzug bezeichnet hatten, meinte Spidla, dies sei allein Sache der US-Diplomatie.

ABC-Waffenabwehreinheit,  Foto: CTK
Eigentlich, so könnte man meinen, ist damit alles - oder wenigstens das Wesentliche - klar. Denn die Erklärung Spidlas lässt sich durchaus mit einem Beschluss des tschechischen Parlaments in Einklang bringen, in dem es sinngemäß hieß: Die in Kuwait stationierten Soldaten der tschechisch-slowakischen ABC-Waffenabwehreinheit werden nur dann zum Einsatz kommen, wenn der Irak Massenvernichtungswaffen anwendet, oder wenn zumindest der Verdacht ihrer Anwendung besteht.

Bereits am Mittwoch aber hatte Außenminister Cyril Svoboda gegenüber dem Radiosender BBC erklärt, Tschechien stünde sehr wohl aufseiten der von den USA angeführten Staatenkoalition. Zu dieser offensichtlichen Uneinigkeit in den Reihen der Regierung meinte der tschechische Publizist Roman Joch gegenüber Radio Prag, es sei durchaus legitim, wenn Politiker in dieser Frage eine unterschiedliche Meinung hätten. Jedoch:

"Das Problem, das nun in der Tschechischen Republik eingetreten ist, besteht darin, dass die Diskussion darüber, ob das Land nun Bestandteil dieser Koalition ist oder nicht, begonnen wurde, nachdem der Angriff auf den Irak begann. Dadurch wirkt die Tschechische Republik nach außen hin unglaubwürdig, und in gewisser Weise auch peinlich."

Tatsächlich mag es also ungeschickt erscheinen, der eigentlich klaren Ausgangslage des Landes durch den Streit um Formulierungen das Wasser abzugraben. Denn die Aufgabe der tschechischen Chemieexperten vor Ort, also der Schutz von Menschenleben, könnte international durchaus Anerkennung finden. Doch die Situation ist sowohl bezüglich der internationalen politischen Situation als auch in humanitärer Hinsicht wohl doch zu kompliziert für eine unkomplizierte Stellungnahme. Ivan Hoffman, ein renommierter politischer Kommentator, meinte in einem Beitrag für den Tschechischen Rundfunk:

"Die Politiker wählten einen Kompromiss, der wohl weder jene Bürger zufrieden stellt, die Amerika die Daumen drücken, noch solche, die in erster Linie die Vernichtung von Menschenleben bedauern. Bevor wir den Politikern aber wegen ihres Alibismus ein schlechtes Zeugnis ausstellen, sollten wir darüber nachdenken, ob sie hier überhaupt eine Antwort auf eine richtig gestellte Frage suchen, beziehungsweise ob es eine einfache Antwort auf diese Frage gibt. Tausende Zivilisten werden präventiv getötet werden, damit man das Töten verhindert. Die Entwaffnung des Irak ist ein kontroverses Projekt, und von unseren Politikern können wir kaum ein einfaches ja oder nein erwarten. Wenn es um Menschen geht, dann ist Zögern menschlich."