Prager Kneipen mit Überraschungseffekt
Gastronomische Einrichtungen locken ihre Kunden mit allerlei Einfallsreichtum an. Ein ganz besonderes Prager Spezifikum hat Katrin Sliva für ihr heutiges "Feuilleton" unter die Lupe genommen:
Nun, ich selbst habe in den vergangenen Wochen eine solche Beobachtung gemacht, die ich nun mit Ihnen teilen möchte:
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie machen Urlaub in Prag. In der Nähe ihres Hotels, ihrer Pension oder welcher Unterkunft auch immer, haben Sie eine durchschnittliche tschechische Kneipe entdeckt, in der es ausgezeichnetes Bier und noch bessere Knödel gibt. Kein übermäßig hübsches Interieur, viel Qualm, viele Bier trinkende Tschechen. Zünftig eben. Und weil sogar der Kellner ganz nett ist, sind Sie so zufrieden, dass Sie gleich mehrere Tage nacheinander zum Essen hingehen. Aber halt. Was sollen wir denn davon halten? Was macht plötzlich diese Bedienung ohne Oberbekleidung hier? Wo ist der nette Kellner von gestern hin?
Nein, Sie haben sich nicht verguckt und Sie haben sich auch nicht in der Tür geirrt. Das ist einfach ganz normal hier. Sie haben lediglich den Hinweis an der Tür - oder vor ihr - übersehen, der besagt: Heute Oben-ohne-Bedienung. Viele Kneipenbesitzer offerieren ihren Gästen diese zusätzliche Dienstleistung. Meist ist dafür ein bestimmter Wochentag auserkoren. An dem Betrieb in der Gaststätte ändert das im Grunde nichts: Es wird weiter munter Bier getrunken und unbeteiligt auf die mit Essen gefüllten Teller geschaut. Nur die barbusige, verschämt dreinblickende Bedienung, die unsicher Gläser balanciert, mag ähnlich unangenehm berührt sein, wie man selbst, wenn man sich zufällig am falschen Tag in seiner Lieblingskneipe zum Essen mit einem Bekannten verabredet hat. Vielleicht ist das aber auch nur eine Sache der Gewohnheit. Und ganz normal eben.