Presseschau zum Irak-Krieg

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Auch in dieser Woche war das beherrschende Thema in den Meinungsspalten der tschechischen Medien wieder der Irak-Krieg. Dabei griffen die Kommentatoren vielfach auch zu historischen Vergleichen.

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Hören Sie einleitend einen Auszug aus der Zeitung Lidove noviny vom vergangenen Samstag:

"Der gegenwärtige Krieg im Irak beginnt ein wenig an einen anderen, mehr als 30 Jahre alten amerikanischen Konflikt zu erinnern: den Vietnam-Krieg. Im Irak droht jetzt ein längerer Bodenkrieg. Was wird passieren, wenn immer mehr 'amerikanische Jungs' sterben werden und die bislang sehr loyale CNN beginnen wird, ihre Fotos um die Welt zu schicken? Dann kehren nach Amerika möglicherweise die großen Anti-Kriegsdemonstrationen zurück. Aus dem Vietnam-Syndrom könnte dann ein Irak-Syndrom werden."

Die Zeitung Hospodarske noviny ist der Auffassung, dass US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld die Illusion erweckt hat, dass es sich bei dem Krieg um eine leichte Operation handeln werde und sich jetzt mit einer Grund legend anderen Realität konfrontiert sieht:

"Einer der ersten offenkundigen Unterschiede zum vorigen Golf-Krieg von 1991 ist die veränderte irakische Taktik. Saddams Regime hat nicht nur aus der damaligen Niederlage gelernt, sondern auch aus den Kämpfen auf dem Balkan in den 1990er Jahren. Was auffällt, ist der Widerstand in Gebieten, die offiziell als besiegt gemeldet wurden. Allein die irakischen Bürger werden mit ihrem Verhalten die Spekulationen über eine Wiederbelebung des Vietnam-Syndroms widerlegen oder bestätigen."

Flughafen in Bagdad  (Foto: CTK)
Eine andere historische Parallele zum Irak-Krieg zieht die Zeitschrift Tyden in ihrer jüngsten Ausgabe:

"'Der Krieg ist eine furchtbare Sache, besonders wenn es dabei furchtbare Tote gibt. Dies schrieb in der vergangenen Woche Präsident Vaclav Klaus.", erinnert das Blatt und warnt in Anspielung auf das Münchener Abkommen von 1938:

"Neben einer Kriegspsychose gibt es auch Friedenspsychosen. Das Wort 'Frieden' ist heilig, auch wenn sein Inhalt nicht viel wert ist. Der Präsident hat in einem, wie er sagte, 'Grund legenden' Artikel an die Greuel des letzten Kriegs erinnert, den seine Generation im Kindesalter erlebt hat. Nur: Gab es nicht in Tschechien noch etwas Schlimmeres als Krieg? Eine erniedrigende Okkupation, an der Macht ein terroristisches Regime, vereinzelten und daher umso heroischeren Widerstand - und den Krieg am Horizont. War Edvard Benes ein Kriegstreiber, als er im Jahr 1939 sehnsüchtig auf einen Krieg hoffte, weil er wusste, dass dieser die einzige Chance ist, den grauenhaften Frieden in Hoffnung zu verwandeln?"

Kritik an der pazifistischen Haltung der Europäer übt die Wochenzeitung Respekt und führt aus:

"Die Mehrheit der Europäer hat für den Krieg kein Verständnis. Europa hat sich in seinem Wohlstand der Nachkriegsära einfach sonderbare Regeln für ein fair play geschaffen. Es solidarisiert sich mit demjenigen, der gerade der Schwächste ist, da dieser automatisch im Recht ist. Bislang galt dies vor allem für den Konflikt im Heiligen Land und die Solidarität mit den Palästinensern, jetzt wird es sich möglicherweise auf die Amerikaner im Irak übertragen."

Meint Respekt und nimmt weiter die tschechische Regierung in die Kritik:

"Prag hat zwar die irakischen Diplomaten nach dem Vorbild der Europäischen Union des Landes verwiesen, will sich aber weiterhin mit allen gut stellen, um nicht laut seine Meinung sagen zu müssen. Stellvertretend für alle hat dies Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdik bekräftigt, als er sich zur Entsendung eines tschechischen Feldlazaretts an den Golf äußerte und wörtlich sagte: 'Die Waffen müssen schweigen, dann sind wir bereit zu helfen.' Wahrhaftig das Wort eines Soldaten."

Kritische gegenüber der Haltung der tschechischen Regierung zum Irak-Krieg äußert sich auch die Zeitung Hospodarske noviny und schreibt:

"Die tschechischen Spitzenpolitiker drehen Pirouetten auf einem äußerst dünnen Eis - in dem Bemühen, gleich mehreren Herren gleichzeitig zu gefallen: den kampflustigen atlantischen Verbündeten, der friedliebenden öffentlichen Meinung zu Hause, dem internationalen Recht und den nicht kampflustigen Partnern in der Europäischen Union. Sie wollen nicht, dass wir als Teil der Operation "Irakische Freiheit" betrachtet werden, sie wollen aber auch nicht, dass deren Mitglieder dies merken. Was sie wollen, ist den Leidenden zu helfen."

Dennoch, so der Autor weiter, sei im Falle des Regierungsbeschlusses zur Entsendung des tschechischen Feldlazaretts - eines Beschlusses, der erst noch vom Parlament gebilligt werden muss - Skepsis fehl am Platz:

"Mögen die Fragezeichen, die mit dem Mandat verbunden sind, noch so ernst und die Parlamentarier noch so unterschiedlicher Meinung sein über die Rechtfertigung und Legalität des Krieges - den Regierungsbeschluss zur Entsendung des Feldlazaretts sollten sie billigen. Das humanitäre Ziel, für das die Ärzte entsendet werden und die Aufgaben, die sie erfüllen müssen, ermöglichen es auch einem eingeschworenen Pazifisten, dafür zu stimmen."

Unter dem Titel "Colin Powell reizt unnötig die Muslime" warnt die Zeitung Lidove noviny in ihrer Dienstags-Ausgabe davor, den Krieg gegen den Irak unnötig auszuweiten:

"Den überzeugendsten Beweis dafür, dass die Amerikaner den Kopf verlieren, lieferte der amerikanische Verteidigungsminister Colin Powell. Die Drohungen an Syrien und den Iran sind das beste Mittel, die eigene vernünftige Position zu verlieren und damit auch die Unterstützung der Öffentlichkeit. Die Amerikaner kämpfen schließlich gegen Saddam, und nicht - wie die Kreuzritter - gegen alle islamischen Länder, die naturgemäß auf der Seite der Iraker stehen."

Die Zeitung Mlada fronta dnes schließlich macht sich Gedanken über die Nachkriegsordnung im Irak:

"Die gegenwärtige Suche nach einer Lösung für die humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau des Irak deuten bereits an, dass auch die Mächtigsten das Instrument der internationalen Zusammenarbeit nicht allzu lange ignorieren können. Die Arbeitsteilung, nach der die eine Seite bombardiert und die andere wiederaufbaut, kann kein Modell für die Zukunft sein. Wenn die UNO ein effektives Instrument zur Lösung internationaler Konflikte sein soll, wird es auf die Bereitschaft der Machtzentren ankommen, auf der Grundlage eines Konsenses zu handeln und auf ihre Fähigkeit, die Legitimität ihrer Entscheidung weltweit überzeugend darzustellen. Die 'Koalition der Willigen' muss durch eine 'Koalition der Überzeugten' ersetzt werden, ansonsten wird aus ihr eine 'Koalition der Fügsamen'."