Europäische Radio-Magazine +Zukunft der Kurzwelle
Europäische Radio-Magazine und die Zukunft des Mediums Kurzwelle - darum geht es in dieser Sendung. Aktueller Anlass für Überlegungen zu diesen beiden Themen bot das Treffen der Redaktionsleiter von neun europäischen Auslandssendern, die seit längerem unter dem Motto "Radio E (für Europa)" zusammenarbeiten und sich Ende März in Prag trafen.
Als Gast mit dabei war bei der regelmäßigen halbjährigen Tagung der Redaktionsleiter diesmal auch Gerard Foussier, seit Juli 2002 Leiter der neuen Abteilung "Europa-Projekte" bei der Deutschen Welle (DW). Er kam nach Prag, um den europäischen Kollegen seine Ideen für künftige europäische Gemeinschaftsproduktionen vorzustellen. Am Rande der Tagung bat ich ihn ans Mikrophon:
"Was ich möchte, ist eine neue Form von Magazin, wo die Europäer selber zu Wort kommen. Und dann suche ich nicht unbedingt den deutschen Korrespondenten, sondern ich suche den Kollegen in einem europäischen Sender und frage ihn: Hättest du Lust, an einem europäischen Magazin teilzunehmen. Und dadurch wird ein solches Magazin europäischer, weil nicht nur die Meinung der Deutschen Welle präsentiert wird, sondern die Meinung verschiedener Sender zusammen getragen werden. Das wäre das eine Modell. Ein anderes Modell wäre: Wir definieren bestimmte Rubriken, z.B. Umwelt, Kultur etc. Und wir sagen: bei uns ist Umwelt ein Thema, und wir wollen wissen, ob die Probleme, die wir hier erörtern, dieselben Probleme sind, die andere Länder diskutieren. Und wenn einer sagt, Umwelt interessiert uns nicht, dann kann das eine intellektuelle Diskussion sein. Wie reagieren beispielsweise die europäischen Intellektuellen auf den Krieg im Irak, um einmal ein aktuelles Beispiel zu nennen."
Eine Gemeinschaftsproduktion dieser Art gibt es in Form der regelmäßigen Sendereihe "Radio E" bereits jetzt, in Zukunft will Gerard Foussier damit jedoch einen weiteren Sendebereich erschließen:
"Wir wollen mit dieser Art von neuen Magazinen mit den europäischen Partnern ein Magazin auf deutsch herstellen, das auch von den lokalen Sendern in Deutschland gesendet wird. Für die europäischen Sender die große Chance, in Deutschland auch auf UKW gehört zu werden."
Ein Problem für die deutschsprachigen Auslandssender, mit denen die DW unter dem Dach von "Radio E" bereits regelmäßig zusammenarbeitet, sieht Foussier dabei jedoch in dem Sendeauftrag einiger Stationen:
"Es gibt viele Stationen in Europa, die sagen: Wir haben einen gesetzlichen Auftrag, der uns zwingt, nur über unser Land zu reden. Dann haben wir also diese Idee vertieft und gesagt: Langsam, nächstes Jahr wird die europäische Familie größer, das heißt, die Grenzen werden fallen. Und wenn man keine Grenzen mehr hat, gibt es nicht nur das jeweilige Land, sondern ganz Europa. Und dann ist es vielleicht Zeit, in den jeweiligen Ländern mit den Gesetzgebern ins Gespräch zu kommen und zu fragen, ob es nicht unser Auftrag ist, nicht nur über das eigene Land zu berichten, sondern über die Familie, zu der wir gehören. Also neuartige Europa-Magazine zu gestalten. Also, es muss erst einmal definiert werden, was die künftige Rolle eines Auslandssenders in einem vereinten Europa ist."
Dem Chefredakteur von Radio Prag, David Vaughan, gefallen die europäischen Pläne von Gerard Foussier, auch er plädiert für eine allmähliche Ausweitung des Sendeauftrags:
"Unser Auftrag ist heute, wirklich nur über das Geschehen in der Tschechischen Republik zu senden. Und ich glaube auch, dass unsere Hörer das erwarten. Wir sind die Stimme Tschechiens, und sie wollen hören, was hier passiert. Aber kein Land darf nur isoliert wirken. Und wir haben auch schon einige Sendungen, die die Grenzen Tschechiens überschreiten, wie beispielsweise unser tschechisch-slowakisches Magazin. Und ich wäre froh, wenn wir so weiter arbeiten könnten. Die Vorschläge von Herrn Foussier halte ich für sehr gut, das ist wirklich ein Weg in die Zukunft. Aber gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass wir aus Tschechien senden."
Der Kurzwelle als Medium wird vielfach das Aussterben vorausgesagt, einige deutschsprachige Auslandsredaktionen - beispielsweise die von Radio Österreich international oder Radio Finnland - mussten bereits schließen. Wie sieht Gerard Foussier die Zukunft der Kurzwelle?
"Es ist wirklich eine sehr interessante Frage. Denn wir stellen fest, dass gerade in Westeuropa immer mehr Sprachen, auch bei der Deutschen Welle, vor einigen Jahren z.B. Tschechisch und Slowakisch, eingestellt worden sind. Weil man gesagt hat: Kurzwelle hört niemand mehr. In der Tat ist es gerade in Europa ein bisschen Luxus. Die Menschen sind verwöhnt, sie hören lieber UKW."
Vor dem Hintergrund dieses Trends setzt die Deutsche Welle jetzt ganz auf Digitalisierung - in der Hoffnung, dadurch künftig auch für Hörer in Deutschland, und nicht nur wie bislang vornehmlich im Ausland attraktiv zu sein:
"Wir hoffen, dass ab 2004/2005 die technische Möglichkeit besteht, die Kurzwelle so zu digitalisieren, dass man sie quasi in UKW-Qualität empfangen kann. Einige Länder sagen, das hat keine Zukunft, was sollen wir die Kurzwelle digitalisieren - da, wo wir auf Kurzwelle gehört werden, haben die Leute kein Geld, und da wo die Leute Geld haben, hört man keine Kurzwelle. Das ist die Diskussion, die zur Zeit läuft. Ich glaube, dass die digitalisierte Kurzwelle unsere Rundfunklandschaft in Europa Grund legend verändern wird. Die Frage ist nur, wie schnell die Industrie in der Lage sein wird, kostengünstige Geräte auf den Markt zu bringen, damit wir diese digitalisierte Kurzwelle auch hören können."