Zur Berechnung der Renten sollen Einkommenshöhe und geleistete Arbeitsjahre dienen

Kinder decken die Renten ihrer Eltern

Seit vielen Jahren wird seitens der Wirtschaftswissenschaftler in Tschechien, aber auch seitens der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds darauf hingewiesen, dass das Rentensystem das größte Problem für die tschechische Staatskasse bedeutet. Einzelheiten von Markéta Maurová.

Kinder decken die Renten ihrer Eltern
Das derzeitige System der Rentenversicherung stützt sich auf die sog. Durchgangsfinanzierung. Niemand zahlt für seine eigene Rente, sondern - vereinfacht gesagt - Kinder decken die Renten ihrer Eltern ab und erwarten, dass die nächste Generation wiederum die Kosten für ihren Ruhestand übernehmen wird. Damit dieses System funktionieren kann, müssen jedoch die eingenommenen Summen die Rentenausgaben decken - und dies gelang zum letzten Mal im Jahre 1996. Seither weist die staatliche Rentenkasse ein immer größer werdendes Defizit, das derzeit 20 Milliarden Kronen übersteigt. Darüber hinaus werden Prognosen des statistischen Amtes zufolge in 30 Jahren in Tschechien nicht zwei Millionen - wie es heute der Fall ist - sondern drei Millionen Bürger leben, die älter als 60 sind.

Eine radikale Reform ist daher notwendig und seit Anfang der 90er Jahre wird darüber diskutiert. Keine der bisherigen Regierungen - ungeachtet dessen, ob die Rechte oder die Linke an der Macht war - hat jedoch den dafür notwendigen Mut aufgebracht. Erst jetzt legt das Kabinett von Vladimir Spidla ein Konzept vor, für das man sich Schweden zum Vorbild nahm. Es basiert auf den sog. "scheinbar definierten Zuschüssen", auf Englisch notional defined contribution bzw. NDC. Paradoxerweise greift gerade das sozialdemokratische Kabinett danach, denn es bedeutet das Ende für egalitäre Renten. Die neue Regelung wird für Leute mit niedrigem Einkommen und Langzeit-Arbeitslose ungünstig sein und im Gegenteil - Leuten mit hohem Einkommen entgegen kommen. Je länger man arbeitet und je mehr man verdient, desto mehr Geld wird man irgendwann einmal bekommen. Ein festes Renten-Eintrittsalter wird es künftig praktisch nicht mehr geben. Vizepremier Pavel Rychetsky sagte dazu:

"Ähnlich wie in Skandinavien wird jeder bestimmen, wann er in Rente geht, nachdem er mindestens 25 Jahre Arbeit erfüllt hat."

Gewerkschaftler kritisieren jedoch, dass gerade sozial schwache Gruppen die größte Last tragen würden. Die Proteste, die derzeit in Tschechien stattfinden, sind allerdings nicht vergleichbar mit denjenigen in Frankreich oder Österreich. Der Chef der Konföderation der Gewerkschaftsverbände Milan Stech dazu:

"Wir hegen Befürchtungen, dass das Zuschusssystem, sollte es keine Armut im Alter verursachen, genauso viel, wenn nicht gar mehr als das bestehende System kosten wird."

Die Konföderation konstituierte bereits einen Krisenstab, der mit der Vorbereitung der Protestaktionen beauftragt wurde.