Veranstaltungsreihe über EU-Beitrittskandidaten im Europäischen Informationszentrum Berlin

Photo: Commission europeéenne

Wie wird die europäische Zukunft Tschechiens aussehen? Zum Auftakt einer Veranstaltungsreihe am Europäischen Informationszentrum in Berlin, in deren Rahmen sich alle Kandidaten der EU-Osterweiterung vorstellen, wurde gestern Abend unter anderem auch diese Frage diskutiert. Unser Mitarbeiter Jörn Nuber hat die Präsentation Tschechiens verfolgt.

Foto: Europäische Kommission
Bei der Diskussion zwischen dem EU-Parlamentarier Karsten Knolle, Mitglied der Delegation im "Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU-Tschechische Republik", und dem Botschafter der tschechischen Republik in Berlin, Boris Lazar, zeigte sich Lazar als Befürworter der EU-Mitgliedschaft und definierte Europa ganz unpolitisch als "erweiterte Heimat". Wirtschaftlich und politisch sei die Abhängigkeit der tschechischen Republik von den EU-Staaten schon heute sehr groß. Nach Meinung des Botschafters wird die EU-Mitgliedschaft wegen des aktiven Mitspracherechts deshalb eine erhöhte Souveränität seines Landes mit sich bringen. Dennoch sieht er Tschechien, insbesondere, was die EU-Außenpolitik angeht, eher in einer untergeordneten Rolle: Der Botschafter kann sich nicht vorstellen, daß Tschechien versuchen wird, sich im Machtgefüge der europäischen Staaten neu zu positionieren, wie es in den letzten Monaten von Polen zu beobachten war. Seiner Meinung nach müssen weiterhin Deutschland und Frankreich das Ordungsprinzip darstellen.

Das größte Anliegen des konservativen EU-Parlamentariers Knolle ist die Wiederetablierung einer breiteren Bürgerschicht, sowie die Beseitigung der Korruption. Bezüglich der Benesdekrete forderte er Tschechien erneut zu einer Entschuldigunggeste auf, und machte die starre Haltung Prags für die umstrittene Meinung der Parlamentarier zum EU-Beitritt Tschechiens verantwortlich. Dabei stellte Knolle klar, daß es nicht um die Rückgabe der enteigneten Grundstücke und Häuser gehe.

Der besonnene Botschafter Lazar erwähnte darauf die dauernden Bemühungen Vaclav Havels um Versöhnung und machte deutlich, daß Tschechien sich nicht in einseitiger Bringschuld sehe. Befragt zu den Ängsten der tschechischen Bürger vor der EU-Mitgliedschaft, will der Botschafter in seinem Land keine generellen Befürchtungen festgestellt haben. Vielmehr seien es konkrete, lebensnahe Fragen und Probleme die die einzelnen Bürger beschäftigten: Was wird eine Semmel kosten? Wer bezahlt meine Rente? Statt die Furcht vor dem großen Ausverkauf an die Wand zu malen, nennt Lazar ein Beispiel internationaler Zusammenarbeit, das gar zum großen Identifikationsobjekt geworden ist: Die Skoda Werke. Und Lazar kommt zu dem Schluß: "Das da ist der Weg!"

Autor: Jörn Nuber
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