EU mit Respekt und Vorsicht
Das vermutliche "Ereignis des Jahres" in Tschechien nähert sich - nur noch zwei Wochen sind es bis zum EU-Referendum. Verschiedene Kampagnen sind im Gange, Dagmar Keberlova nahm an der des Prager EU-Botschafters Ramiro Cibrian in den tschechischen Regionen teil.
Diesmal ging es nach Nymburk, eine der vielen Bezirksstädte der Tschechischen Republik. Schon fast alle hat der EU-Botschafter besucht und sich dort mit Unternehmern, Politikern und Bürgern getroffen. Sein Ziel sei es, so Cibrian, den Menschen möglichst viele Informationen zu geben, so dass sie sich dann aufgrund ausreichenden Wissens entscheiden können. Das Interesse an Informationen über die EU steigt jetzt kurz vor dem Referendum und die Fragen sind fachspezifischer geworden. In der Vergangenheit hätten die Menschen nur nach Preisen gefragt, gibt der Botschafter an. Und welchen Ausgang wünscht er sich beim Referendum?
"Ich möchte, dass möglichst viele Menschen abstimmen werden. Ich glaube, dass es sich um eine wichtige Entscheidung handelt und daher wäre es gut, wenn die Beteiligung hoch ist."
Bei den auf dem Hauptplatz in Nymburk mit den Einwohnern geführten Gesprächen äußert sich Cibrian ähnlich: Überzeugen wolle er nicht, sondern hauptsächlich informieren. Wenn ein "Ja" zu Europa daraus wird, würde er sich freuen, sagt er. Die Menschen trauen sich nur selten, mit ihm persönlich zu sprechen. Meistens stehen sie nur so herum und hören zu. Einige nehmen auch das Infomaterial mit, den Kindern wiederum haben es die blauen Luftballons mit den 12 Sternen angetan. "Ja" oder "Nein", frage ich einige der Erwachsenen:
"Ich werde für den Beitritt stimmen. Ich habe zwar einige Vorbehalte, aber das Positive überwiegt."
"Sicherlich gegen einen Beitritt. Die EU ist eine neue Sowjetunion. Wenn über etwas in Moskau, Entschuldigung, in Brüssel, entschieden wird, die einzelnen Mitgliedsländer müssen es dann in ihre Wirtschaften einbeziehen und wir als kleines Land werden auf die Beschlussnahme keinen Einfluss haben."
"Ich weiß es leider noch nicht, weil ich die Zusammenhänge nicht gut kenne. Ich bin noch am Überlegen. Derzeit eher ja, aber vielleicht entscheide ich mich noch anders."
Bei diesem Informationsstand wolle er sich nicht weiter informieren, weil er sich nicht positiv beeinflussen lassen will, er vertraue mehr dem Fernsehen, ergänzt mein letzter Gesprächspartner. Es gefalle ihm auch nicht, dass Ramiro Cibrian perfektes Tschechisch spricht. Meine Frage, ob er andere Sprachen spreche, um sich mit Botschafter Cibrian verständigen zu können, verneinte er. Und darin liegt vielleicht einer der häufigen Fehler, vor allem der älteren Tschechen: Sie erwarten nur misstrauisch, was sie bekommen, dass sie auch selber etwas tun müssen - und dies nicht nur bezüglich der Europäischen Union - ist vielen bis heute noch nicht klar.