EU-Debatte: Tschechische Opposition sagt Jein

Mirek Topolanek, Foto: CTK

In der immer intensiver geführten EU-Debatte in Tschechien fällt vor allem eines auf: Nämlich die in manchen Parteien recht uneinheitliche, und manchmal sogar etwas paradox anmutende Haltung zu diesem Thema. Gerald Schubert fasst zusammen:

Die tschechische Regierung mag zur Zeit so manche Probleme haben, und in einigen Bereichen mag sie auch mit internen Meinungsverschiedenheiten kämpfen. Was aber den Beitritt zur Europäischen Union betrifft, da ist die Regierungslinie sonnenklar: Ja zur EU, ja zur Europäischen Integration. Doch längst nicht alle tschechischen Parteien sind in der Lage, in EU-Fragen eine so eindeutige Linie zu vertreten, wie das in der Partei des sozialdemokratischen Premierministers und bei dessen christdemokratischen und liberalen Koalitionspartnern der Fall ist. Machen wir zunächst einen Blick zu den Kommunisten, der immerhin drittstärksten Parlamentspartei. Auf der traditionellen Veranstaltung zum Ersten Mai etwa hatte deren Vizeparteichef Vaclav Exner noch geklagt, die EU wisse ja gegenwärtig selbst noch nicht, wie ihre zukünftigen Strukturen aussehen würden. Exner meinte daher:

"Unter diesen Umständen empfiehlt die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens den Bürgern, beim Referendum den Beitritt Tschechiens zur EU nicht zu unterstützen."

Mittlerweile aber kommen aus den Reihen der Kommunisten auch ganz andere Töne. Erst letzte Woche etwa hat Jiri Dolejs, wie Exner ebenfalls Vizeparteichef, verlautbart, er werde für den Beitritt stimmen. Und er sei sicher nicht der einzige Kommunist, der sich so entschieden habe. Überhaupt gebe es, so Dolejs, in seiner Partei höchstens eine gewisse Distanz zur EU. Aber Anlehnung? Nein.

Mirek Topolanek,  Foto: CTK
Die wohl kompliziertesten ideologischen Verrenkungen in Fragen des EU-Beitritts gibt es aber in der Demokratischen Bürgerpartei ODS. Deren konservative bis wirtschaftsliberale Wählerschaft ist nämlich allen Meinungsumfragen zufolge eindeutig pro-europäisch eingestellt. Da hat der immer wieder laut vorgetragene Euroskeptizismus hoher Parteifunktionäre schon so manches Befremden ausgelöst. Erst an diesem Wochenende hat Parteichef Mirek Topolanek einmal mehr die EU-Kampagne der Regierung kritisiert, die seiner Meinung nach zu einseitig pro-europäisch sei und nicht ausgewogen über Vor- und Nachteile informiere:

"Diese Kampagne ist - um teures Geld - nur an den Wählern der Sozialdemokraten und ihrer Koalitionspartner orientiert. Die Mehrheit unserer Wähler wird über sie eher verärgert sein."

Doch in der ODS wird nicht nur die Kampagne kritisiert. Der Ex-Parteichef, Staatspräsident Vaclav Klaus, ist etwa für seinen ablehnende Haltung gegenüber vermehrten europäischen Integrationsbestrebungen bekannt. Und einige hochrangige ODS-Politiker, wie etwa der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, Ivan Langer, haben sogar angekündigt, gegen den Beitritt stimmen zu wollen.

Die zwiespältige Haltung der ODS, die sich mit der ihrer Wähler nicht so recht decken will, mag verschiedene Gründe haben: Die Sorge um die sogenannte "nationale Identität", die Aussicht, bei künftigen Problemen darauf verweisen zu können, ja immer schon gewarnt zu haben, oder auch, wie manche meinen, die simple Angst vor dem eigenen Machtverlust. Doch am nächsten Wochenende werden die Karten neu gemischt. Und dann werden so manche, die jetzt mit ihrem eigenen Zögern nicht so ganz zurande kommen, bestimmt wieder festeren Boden unter ihrer Rhetorik finden.