Matej Spurný: Auch nach EU-Beitritt müssen bilaterale Beziehungen gepflegt werden

Wird sich die am vergangenen Wochenende von den tschechischen Bürgern gefasste Entscheidung über den EU-Beitritt des Landes auch auf die bilateralen Beziehungen der Tschechischen Republik auswirken? Zu diesem Thema befragte Martina Schneibergová den Politologiestudenten und Geschäftsführer der Bernard Bolzano-Stiftung, Matej Spurný. Er begrüßte das Resultat des Volksentscheids und fügte hinzu:

Tschechien und Deutschland
"Ich denke, dass es vielleicht Schade ist, das es für viele Gründe waren, die kurzsichtig sind oder keine wirklich wichtigen Gründe sind, warum wir der EU beitreten sollen. Das ist etwas, was sich noch in der Zukunft zeigt, aber ich meine, dass die Leute vor allem davon überzeugt waren, dass sich der Beitritt aus ökonomischer Sicht lohnt."

"Haben Sie selbst Erfahrung z. B. aus Ihrer Umgebung mit diesen und diesen Beweggründen - welche überwogen?"

"Ja, ich war Mitglied der Wahlkommission im ersten Prager Stadtbezirk und da habe ich mit einigen Leuten gesprochen - also nicht in dem Raum, wo man wählte - aber anderswo und erst danach. Dann waren auch in einem Altersheim - als Mitglieder der Wahlkommission - wo die Leute mit uns auch gesprochen haben. So hatte ich den Eindruck, dass vor allem die jüngere und mittlere Generation vorwiegend die ökonomischen Gründe und Seiten der EU sieht und nichts anderes. Nur unter den ganz alten Menschen, die vielleicht noch die Masaryk-Zeiten erlebten, da hatte ich das Gefühl, dass sie die EU auch als eine Ideengemeinschaft, als eine demokratische Gemeinschaft begreifen und wirklich als Europa mit allen Werten, die Europa symbolisiert."

"Sie arbeiten in der Bolzano-Stiftung und befassen sich mit tschechisch-deutschen, bzw. tschechisch-österreichischen Beziehungen. Meinen Sie, dass sich die EU-Erweiterung auch auf diese Beziehungen auswirken wird?"

"Ich denke, dass es diese Auswirkungen bestimmt gibt - vor allem mit praktischen Dingen - vieles wird einfacher, schneller. Es fallen viele Barrieren, es wird die nicht mehr geben. Auf der anderen Seite sehe ich da auch Gefahren, und zwar, dass viele Menschen denken, dass wir in der EU sein werden und dass es deswegen keine Probleme mehr geben kann - zwischen uns und den anderen Völkern - zwischen uns und den Deutschen, zwischen uns und den Österreichern, und dass wir diese Beziehungen nicht mehr intensiv pflegen müssen, weil wir einfach ein Bestandteil der EU sind und in der Union ist alles in dieser Hinsicht in Ordnung. Also so was würde ich für gefährlich halten, weil ich denke, dass die EU schon eine Garantie für gute Beziehungen unter den Staaten ist, aber das heißt auch, dass wir immer die bilateralen Beziehungen zu einzelnen europäischen Völkern und Staaten pflegen müssen."