Jan Hus: Reformator - Mythos - Identifikationsfigur. Eine kurze Nachlese zum Staatsfeiertag

Jan Hus

Am 6. Juli wurde in Tschechien ein Staatsfeiertag begangen, nämlich der Feiertag des Kirchenreformators Jan Hus, den man vor 558 Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrannt hat. Über Hus als historische Persönlichkeit aber auch als oft vereinnahmte Identifikationsfigur hören Sie mehr im folgenden Beitrag von Gerald Schubert:

Jan Hus
Wahrscheinlich ist das riesige Denkmal auf dem Altstädter Ring den meisten Prag-Touristen als einer der markantesten Punkte der tschechischen Hauptstadt in Erinnerung geblieben. Die Rede ist von der Statue des Jan Hus, jenes tschechischen Kirchenreformators, der im Jahre 1415 in Konstanz als Ketzer verbrannt wurde, nachdem er auf dem dortigen Konzil seine Leere verteidigen wollte.

Der diesjährige Feiertag des Jan Hus, der am 6. Juli, dem Jahrestag seiner Hinrichtung begangen wird, war nach außen hin wohl eher einer der weniger stark beachteten. Zum einen, weil er auf einen Sonntag fiel, zum anderen, weil der 558. Todestag ist eben kein rundes Jubiläum ist, das die Aufmerksamkeit von Politikern und Medien in besonderem Maße wecken könnte. Einen runden Jahrestag gab es aber dennoch: Vor genau hundert Jahren wurde der Grundstein der eingangs erwähnten Hus-Statue gelegt.

Die Geschichte des Jan Hus entspricht durchaus dem Stoff, aus dem normalerweise Legenden entstehen: Ein Reformator, der sich für Gottesdienste in der Sprache des Volkes einsetzt, Einfachheit und Bescheidenheit predigt, dabei etliche Praktiken der Kirche wie etwa den Ablasshandel anprangert und dazu noch das Recht auf Gewissensfreiheit als oberstes Gut verteidigt, ist natürlich fast zwangsläufig der späteren Vereinnahmung von verschiedensten Seiten ausgesetzt. So wurde auch Jan Hus stets gerne zum Märtyrer in eigener Sache stilisiert, sei es als Held der tschechischen Nation, sei es als revolutionärer Vorkämpfer gegen klerikalen Konservatismus, wie es den Kommunisten gefiel.

Gerne erinnern daher die Vertreter der Hussitischen Kirche hierzulande an das eigentliche Erbe des Meisters Jan Hus, an die Inhalte seiner Glaubenslehre, die auch heute noch, unabhängig von Nation oder Ideologie, gültig seien:

"Was das riesige, bis in das 21. Jahrhundert reichende Vermächtnis ist: Jeder Einzelne hat das Recht, sich zu grundsätzlichen Fragen zu äußern, ob das nun Glauben, Liebe oder Moral betrifft. Das einzige, was zählt, ist die Stimme des Gewissens. Das ist etwas heute sehr aktuelles."

Soweit der Hussitische Geistliche Martin Chadima. An dem Gedenkgottesdienst, der am Sonntag in der Prager Bethlehems-Kapelle, einer der Wirkungsstätten von Jan Hus, gefeiert wurde, nahm auch Staatspräsident Vaclav Klaus teil. In seiner Ansprache nahm Klaus ebenfalls auf die Bedeutung des individuellen moralischen Gewissens in der Lehre von Hus Bezug, betonte aber letztlich doch auch dessen Platz gerade im tschechischen Geschichtskontext:

"Sein Opfer für die Wahrheit wurde - und ich glaube, in diesem Sinn hat dies bei uns keinerlei Konkurrenz - der dringendste moralische Appell unserer Geschichte."