Reformator Jan Hus zu Ehren: Oratorium von Ralf Grössler wird in Prag aufgeführt
„Wahrheit in Flammen – Requiem für Jan Hus“ heißt ein Oratorium von Ralf Grössler. Die Premiere in Deutschland fand 2017 statt. An diesem Mittwoch wird das Werk zum ersten Mal in Tschechien aufgeführt. In der Prager Simon-und-Juda-Kirche erklingt das Stück unter der Leitung des Komponisten.
Herr Grössler, warum haben Sie Ihr Oratorium gerade Jan Hus gewidmet?
„Ich habe 2015 anlässlich des 600. Todestags von Jan Hus einen großen Zeitungsartikel gelesen, der bei uns veröffentlicht wurde. Ich kannte zwar den Namen Jan Hus, aber ich wusste nicht viel über ihn. Ich glaube, dass in Deutschland sehr wenig über ihn bekannt ist. Viele Normalbürger, auch die Christen bei uns in den Kirchen, können mit dem Namen nicht viel anfangen. Martin Luther steht im Vordergrund. Ich habe mich intensiv damit beschäftigt und fand das sehr spannend, weil es 100 Jahre vor Martin Luther war. Zudem stand das Reformationsjubiläum vor der Tür. Bei uns sprach man über 2017, das Reformationsjubiläum, das 500. Jubiläum des Thesenanschlags. Da habe ich mir überlegt, was ich zum Jahrestag mache. Ich bin so darauf gekommen, Jan Hus ein Requiem zu widmen.“
Wer hat den Text geschrieben?
„Ich stelle die Texte immer selbst zusammen. Meine Inspiration sind traditionelle Choräle sowie Originalzitate aus der Bibel. Die Textgrundlage ist natürlich die Requiem-Liturgie in lateinischer Sprache. Es wird meist auf Latein gesungen. Die weiteren Texte, die ich über Jan Hus brauchte, habe ich einem in Deutschland bekannten Liedertextdichter ans Herz gelegt. Das war Eugen Eckert aus Frankfurt.“
Das Oratorium wurde im Januar 2017 uraufgeführt. Wo wurde es anschließend noch gespielt?
„Wir haben es 2017 uraufgeführt, dann weiß ich noch von einer Aufführung, die ein halbes Jahr später noch während des Reformationsjahrs in Frankfurt stattgefunden hat. Von weiteren Vorstellungen habe ich bisher nichts gehört. Mit der aktuellen Tournee möchte ich das Oratorium durch die sieben Konzerte ein wenig bekannter machen und die Menschen wachrütteln, dass es auch Musik gibt, die sich mit anderen großen Theologen und Persönlichkeiten der Geschichte beschäftigt, die vielleicht ein wenig in Vergessenheit geraten sind.“
Die Prager Premiere sollte schon vor zwei Jahren stattfinden…
„Ja. Wir haben die Reise mittlerweile Corona-bedingt zweimal verschoben. Jetzt waren wir sehr froh, dass wir es endlich auf die Beine gestellt haben. Wie durch ein Wunder ist keiner von den 93 Personen, die wir dabeihaben, erkrankt.
Das sind zwei Chöre und ein Orchester und auch eine Solistin…
„Ja, ein Orchester und ein kleiner Chor – ein Favoritchor, der eine besondere Rolle hat. Hinzu kommen ein großer Chor und die Solistin, mit der ich mittlerweile schon 40 Jahre zusammenarbeite. Das ist diese Crossover-Geschichte.“
Was kann man sich unter diesem Crossover vorstellen?
„Verschiedene musikalische Einflüsse – alte Choräle, die ich verarbeite aber mit Swing- und Jazzelementen. Deswegen haben wir auch eine richtige Gospel-Sängerin dabei, die den Part des Evangelisten übernimmt und die Originalzitate aus der Bibel in englischer Sprache zusammen mit anderen Texten im Soulgewand darbietet. Das ist, finde ich, sehr reizvoll. Denn es ist ein Nebeneinander der verschiedensten Stilrichtungen.“
Wie waren die Reaktionen des Publikums in Deutschland?
„Wir haben jetzt auf dieser Tournee viele positive Rückmeldungen bekommen. Ich war sehr froh darüber. Die Menschen scheinen, durch das Stück sehr bewegt zu werden. Ich brauche keinen sehr großen Applaus. Mir ist es viel wichtiger, wenn Menschen kommen und sagen: ,Ich habe gerade einen Menschen verloren, und dieses Stück hat mir geholfen. Das Stück war für mich ein Segen und eine Hilfe‘.“
Wurde die Tournee wie geplant in Konstanz gestartet?
„Nein, wir haben die Tournee in Marburg gestartet, weil wir von Wildeshausen losgefahren sind und es nach Konstanz mit 800 Kilometern eine zu weite Strecke gewesen wäre. Deswegen haben wir ein Konzert dazwischengeschoben und sind in Marburg in der lutherischen Pfarrkirche aufgetreten. In Prag wird die Tournee nun beendet. Für uns ist es das der absolute Höhepunkt, in Prag sein zu dürfen. Diese wunderschöne Kirche mit Musik zu beschallen, ist auch etwas ganz Besonderes.“
Gibt es eine Aufnahme des Oratoriums?
„Ja, es gibt eine CD und eine DVD mit diesem Stück von der Uraufführung. Das ist alles im Münchner Strube Verlag erschienen. Auch das Notenmaterial kann dort erworben werden.“
Das Konzert in der Prager Simon-und-Juda-Kirche beginnt um 20 Uhr. Karten gibt es unter www.jan-hus-requiem.cz oder direkt vor Konzertbeginn zu kaufen.