Auf Bierwegen durch Tschechien - Brauerei in Chodova Plana

"Biertouristik": Stellen Sie sich organisierte Fahrten in Bierstuben bzw. Biergärten vor, in denen viel gegessen und vor allem viel getrunken wird? Sie können Recht haben, doch sie können sich auch irren. Die "Biertouristik" muss nicht nur pures Genießen des Hopfengetränks bedeuten, sondern man kann dabei auch Sport treiben, vor allem Rad fahren, und viel Neues erfahren. Dies ist zumindest das Ziel der sog. "Bierwege", deren Idee in Tschechien vor einigen Jahren ins Leben gerufen wurde. Auf der Wanderkarte der Tschechischen Republik findet man seitdem nicht nur Burgen, Schlösser und Naturschönheiten, sondern auch Bierbrauereien, die ebenfalls zur Geschichte und Tradition der jeweiligen Regionen gehören. In eine solchen Brauereien, die ihre Tore für die Besucher geöffnet haben, wird Sie im folgenden "Reiseland Tschechien" Markéta Maurová begleiten.

"Die Brauereien mit ihren Gründungsjahren um 1300 bzw. um 1500 sind heute die ältesten Betriebe in ihren Regionen. Das Bier wird nach dem Verfahren unserer Ahnen gebraut, man kann dort nichts Neues erfinden. Alles ist eine Sache der Erfahrungen und der Tradition. Und außerdem sind die Brauereien mit ihren Regionen aufs Engste verwachsen. Es fiel uns ein, dass es gut wäre, den Leuten zu ermöglichen, dies alles zu besichtigen, alte Technologien zu sehen, das frisch gezapfte Bier zu kosten."

Mit diesen Wörtern erklärt der Vizepräsident der Assoziation kleiner unabhängiger Brauereien in Tschechien, Karel Witz, die Motivation, die zur Entstehung der sog. "Bierwege" geführt hat. Auf einem solchen Bierweg werden wir uns in der heutigen Sendung nach Chodova Plana (Kuttenplan) begeben, das an der westböhmisch-bayrischen Grenze liegt. Was die Besitzer dazu angeregt hatte, ihren Betrieb der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sagt uns der Direktor der Brauerei und Braumeister in dritter Generation, Jiri Plevka:

"Unsere Brauerei ist durch ihre Granitfelsenkeller sehr bekannt. Wir haben vor fünf Jahren einen Teil dieses Granitfelsenkeller in ein Restaurant umgebaut. Dieses Restaurant ist jeden Tag von 11 bis 23 Uhr geöffnet und außerdem kann jeder Besucher unsere Brauerei um 14 Uhr besichtigen. Die Besucher können mit einer schönen Dame aus der Rezeption durch die Brauerei gehen und selbstverständlich auch das Bier bei uns kosten und die klassische Technologie der Bierherstellung sehen."

Die Brauerei gehört seit Jahrhunderten zur Geschichte des Ortes. Die Gemeinde Chodova Plana wird in Quellen 1316 zum ersten Mal erwähnt, als sie im Besitz der Ritter Ctibor und Oldrich war. Damals stand dort eine kleine Festung, die bis 1733 bewohnt wurde. Die Flammen eines großen Brandes vernichteten in jenem Jahr gesamte historische Dokumente über die Gemeinde, aber auch zahlreiche Gebäude selbst. Auf der südlichen Seite des Marktplatzes wurde danach ein kleineres, einstöckiges Barockschloss gebaut. In der selben Zeit entstand auch die Kirche des hl. Johannes des Täufers in ihrer Barockgestalt, die wir heute kennen. Kuttenplan wurde 1514 zu einem Städtchen erhoben und 1573 wurde dort die Brauerei gegründet, von der in der heutigen Sendung die Rede ist.

"Die Biertradition im Ort geht bereits mehr als 500 Jahre zurück. Unsere Granitfelsenkeller stammen aus dem 12. Jahrhundert. Also die Geschichte unserer Brauerei und die Bierkunst bei uns sind sehr alt."

Anlass für die Gründung der Brauerei gaben die Keller einer ursprünglichen Burg, die im 14. Jahrhundert ihre Bedeutung verloren hatte, sowie eine gute Wasserquelle. Gründer der Brauerei waren Mitglieder der Adelsfamilie Schlick. Die erste erhaltene Angabe über die Menge des gebrauten Biers gibt es aus dem Jahr 1634, als 1920 Bierohme, d.h. etwa 1200 Hektoliter produziert wurden. Eine Anordnung legte der Brauerei eine interessante Pflicht an, nämlich allen Müttern, sechs Wochen nach der Geburt ihres Kindes lang, Bier in ausgiebigem Maße zu liefern. Über die Erfüllung der Regel musste der Schulteiß wachen. 1861 wurde die Brauerei von einer Brandkatastrophe heimgesucht, die alle Gebäude völlig vernichtete. Der Betrieb wurde dann in neuromanischem Stil wiederaufgebaut und erweitert. Die Kapazität wuchs seitdem kontinuierlich, bis sie in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts einen Rekord von 185.000 Hektolitern Bier pro Jahr erreichte.

Im Zusammenhang mit der Brauerei in Kuttenplan müssen wir auch ein Paradox erwähnen. Sollte jemand nach der Wiege des Biers gefragt werden, würde er sicher Westböhmen mit Zentrum in Pilsen nennen. Doch von vielen kleinen Brauereien ist bis heute - lassen wir nun den Pilsner Kollos beiseite - nur die einzige in der Region geblieben.

"Es war historisch so, dass es nach dem Jahr 1945 noch über 65 Brauereien in der Region gab. Aber nach 40 Jahren des Sozialismus ist es jetzt so, dass nur noch unsere Brauerei und die große Brauerei in Pilsen existieren. Die Ursache liegt in der Zentralisierung der Bierherstellung in der Region. In Pilsen hat sich eine große Brauerei mit großer Kapazität entwickelt, die zur Schließung der Brauereien in der Region innerhalb von zehn Jahren führte."

"Chodovar" hat sich aus der Kette der Urquell-Sateliten ausgeklammert und braut seit 1992 als ein Familienbetrieb Bier.

"Wir sind eine alte Brauerfamilie. Ich führe die Brauerei jetzt mit meinem Bruder, wir sind Braumeister schon in der dritten Generation, also es ist für uns eine Herzensangelegenheit. Wir produzieren sechs Sorten Bier, zwei Lagerbiere und wir sind durch zwei Speziallager bekannt: 13% Stammwürzelagerbier und unser schwarzes bzw. dunkles Bier."

Das Getränk ist jedoch nicht das Einzige, was die Brauerei anbietet. Von dem Kellerrestaurant und den Besichtigungen des Betriebs in Chodova Plana haben wir bereits gehört, doch auf die Besucher warten noch weitere Veranstaltungen:

"Wir machen sehr interessante Sachen bei uns, ich kann vielleicht zwei nennen: Erstens die tschechische Meisterschaft im Bierfassrollen. Es ist eine interessante Sache. Zur Zeit der Meisterschaft kommen alle tschechischen Brauereien und Brauereien aus Deutschland und sogar aus Großbritannien zu uns. Es handelt sich um einen sehr alten Brauereiwettbewerb. Er hat seit 1930 sogar seine Weltmeisterschaften. Ich muss auch erwähnen, unsere Brauerei ist Weltmeister vom Jahr 1996. Und die zweite Veranstaltung ist unserer großes Bierfest Ende August. An diesem Tag kommen ungefähr 5 - 7 Tausend Leute aus der Region zu uns."

Obwohl es widersprüchlich klingt - Bier trinken und Rad fahren - können die Besucher auch diese Aktivität genießen. Ein Fahrradweg wird bald die Brauerei mit ihren verwandten Betrieben auf der anderen Seite der Grenze, in Bayern, verbinden.

"Die Brauerei liegt ungefähr 15 Minuten von der Grenze mit Deutschland entfernt. Auf der anderen Seite der Grenze arbeiten in dieser Region bis jetzt ungefähr 30 Brauereien. Wir wollen unsere Brauerei mit Tourismusaktivitäten dieser Brauereien verbinden. Sie haben letztes Jahr einen Fahrradweg gebaut, welcher diese Brauereien verbindet. Sie zeigen dabei ihre Produktion und die Leute können dort selbstverständlich auch Bier probieren. Und nächstes Jahr möchten wir auch unsere Brauerei mit dieser Strecke verbinden. Und wir möchten unseren Gästen ab nächstem Jahr auch Plätze in unserem Hotel anbieten. Wir bauen jetzt direkt in der Brauerei ein neues Hotel mit etwa 100 Plätzen, das wir in der nächsten Saison öffnen."