UNICEF-Bericht: Kinderprostitution an der deutsch-tschechischen Grenze steigt
Das Kinderhilfswerk UNICEF hat am Dienstag in Berlin die wachsende Kinderprostitution an der deutsch-tschechischen Grenze angeprangert. Für den Kriminalpsychologen Adolf Gallwitz ist das Grenzgebiet inzwischen "Europas größtes Bordell" geworden. Tschechien bezeichnet die Angaben von UNICEF als unrealistisch. Dagmar Keberlova berichtet.
"Tschechien betrachtet die Kinderprostitution und Kinderpornografie als großes Verbrechen und will auf der Grundlage einer auf Fakten gestützten Untersuchung dagegen vorgehen. Die Aussagen der UNICEF entsprechen aber nicht der vorliegenden Situation", sagte Vladimir Spidla. Polizeisprecherin Blanka Kosinova sagte, die tschechischen Behörden hätten keine Informationen über die Straßenprostitution von Kindern. Bei der größten Razzia im Rotlichtmilieu in der tschechischen Geschichte vor drei Wochen habe die Polizei keine Beweise für die Kinderprostitution gefunden, sagte Kosinova. Die Diskrepanz zwischen den Angaben der beiden Seiten, der UNICEF und der tschechischen Organe, ist sehr groß. Hierzu äußerte sich die Direktorin der UNICEF-Zweigstelle in Tschechien, Pavla Gomba:
"Ich glaube, dass es interessant wäre, zu wissen, in welchem Ausmaß die tschechische Polizei die Kinderprostitution angibt. Bisher hörten wir von der tschechischen Seite keine konkreten Angaben, außer dass der im Bericht angegebene Umfang übertrieben ist. Dies stellt meiner Meinung ein Problem dar. Und auch wenn es nur ein Kind wäre, wäre es gravierend. Unsere Beweise sprechen leider von mehr als einem Kind."
Jitka Gjuricova, die im tschechischen Innenministerium für Prostitutionsverbrechen zuständig ist, bezeichnete die UNICEF-Angaben als unwahr. Sie habe den Eindruck, dass der Bericht durch individuelles Bemühen einiger Non-profit- Organisationen motiviert ist, finanzielle Mittel hiermit zu erlangen. Die UNICEF fordert von den deutschen und tschechischen Behörden ein hartes Durchgreifen - wie bei Waffen- oder Drogenschmuggel. Das Kinderhilfswerk, mit seiner Schirmherrin Christina Rau an der Spitze, will die Öffentlichkeit wachrütteln. Eines der missbrauchten Kinder, das eines der vielen Befragten in der Studie ist, hat seine eigene Lösung parat. "Es wäre gut, wenn sie die Grenzen schließen", sagt es wenige Monate vor der EU-Erweiterung.