Feuilleton: "Beleidigungen sind attraktiv - man darf es aber auch eleganter tun"

Luhacovice stattgefundenen Kongress der Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Foto: CTK

"Beleidigungen sind attraktiv. Deshalb bleiben sie leider auch ein Bestandteil der Politik. Benutzen sollten sie allerdings nur diejenigen, die es zumindest ein wenig verstehen, damit umgehen zu können".

Luhacovice stattgefundenen Kongress der Demokratischen Bürgerpartei  (ODS),  Foto: CTK
"Beleidigungen sind attraktiv. Deshalb bleiben sie leider auch ein Bestandteil der Politik. Benutzen sollten sie allerdings nur diejenigen, die es zumindest ein wenig verstehen, damit umgehen zu können".

Dies ist das Fazit eines Kommentars der auflagenstärksten Prager Tageszeitung "Mladá fronta Dnes", der sich am Montag mit dem am vergangenen Wochenende im südostmährischen Luhacovice stattgefundenen Kongress der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) auseinander setzte. Dieses Fazit kam nicht von ungefähr, denn neben den sicher auch politischen Diskussionen fand in dem eigentlichen beschaulichen Kurort vielmehr - so die Tageszeitung "Pravo" - "der Wettbewerb um das übelste Schimpfwort" statt. Denn was sich da aus den Mündern der Möchtegern-Regierenden der größten tschechischen Oppositionspartei an Ausfällen gegenüber den amtlich Regierenden entlud, hatte mit politischer Streitkultur nicht mehr das Mindeste zu tun. Kleine Kostprobe gefällig: Zitat: "Dieses Land wird von halberwachsenen, machtgierigen Grünschnäbeln regiert, mithilfe eines paranoiden Autisten." Zitat Ende. Diese Aussage gebrauchte der ODS-Abgeordnete Martin Ríman, um die seiner Meinung nach unfähige Koalitionsregierung mit Premierminister Vladimír Spidla an der Spitze entsprechend trefflich zu charakterisieren. Die "Pravo" erklärte ihn daraufhin zum klaren "Sieger des Wettbewerbs", doch haben Ríman & Co. unsere Aufmerksamkeit oder gar Bewunderung damit verdient? Auch darüber ließe sich trefflich streiten, der ODS-Vorsitzende Miroslav Topolánek aber wollte die allzu kämpferisch vorgetragenen Töne seiner Parteijünger ja ohnehin relativierter betrachtet sehen. "Seien wir witzig, aber nicht aggressiv. Vermeiden wir bitte persönliche Beleidigungen", mahnte er an, um jedoch sogleich hinzuzufügen, dass man ja auch eleganter beleidigen könne.

Na klar, alles darf noch ein wenig eleganter gemacht werden, aber beleidigen sollte man schon, oder? Denn der Duden bezeichnet die Beleidigung auch als "eine das Ehrgefühl verletzende Herabsetzung". Oha! Darin liegt also des Pudels Kern: Wenn man den politischen Gegner schon nicht mit Argumenten nur zum zweiten Sieger stempeln kann, dann sollte man ihn wenigstens beleidigen, also herabsetzen dürfen. Eine tolle Logik, die nur eines vergisst, denn: Der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm. Will sagen: Wer so in der Öffentlichkeit seine Vorbildfunktion mit Füßen tritt, darf sich nicht wundern, wenn er eines Tages von den heranwachsenden Jüngern in ebensolcher oder gar noch deftigerer Art und Weise abgewatscht wird. Das sind ja beleidigend schöne Aussichten!