Begegnungsschule in Prag - Bericht einer Schülerin
Bleiben wir noch beim Thema Deutsche Schule Prag. In dieser so genannten Begegnungsschule, die in 13 Jahren zum Abitur führt, werden aktuell knapp 400 Schülerinnen und Schüler aus 26 Nationen unterrichtet. Ursprünglich wurde sie als Deutsche Auslandsschule mit deutschsprachigem Unterricht konzipiert und als Bildungsstätte für Kinder deutscher Familien, die nur begrenzte Zeit in Prag leben, gedacht. Seit drei Jahren wendet sich die Schule auch an Kinder tschechischer Familien, die eine internationale deutschsprachige Ausbildung für ihre Kinder wollen. Wer an der Deutschen Schule Prag sein Abitur ablegt, wird in Deutschland wie ein Bildungsinländer behandelt und kann an jeder deutschen Universität studieren. Zu der Schülerschaft dieser Schule gehört auch Esther Täumer, Kind einer tschechisch-deutschen Familie. Im Februar hat sie im Rahmen des Schulprogramms ein einwöchiges Praktikum in unserer Redaktion absolviert. Der folgende Beitrag für das Radio-Prag-Programm stammt sozusagen aus ihrer Feder und das Thema ist - wie könnte es anders sein - die Deutsche Schule Prag. Am Mikrophon ist also Esther Täumer:
Die Deutsche Schule ist seit 3 Jahren zu einer so genannten Begegnungsschule, d.h. zu einer Schule für deutsche und tschechische Kinder umstrukturiert worden. Uns hat darum interessiert, wie die Schüler, sowie die Direktorin und die Lehrer über das Zusammenleben der verschiedenen Nationalitäten an der Schule denken.
Was das Prinzip der Begegnungsschule ist, das erklärt zunächst die Direktorin der Schule, Frau Neumann-Roedenbeck:
"Wir bieten für tschechische Kinder die Möglichkeit, innerhalb unserer Schule eine Ausbildung zu machen, die einerseits eine deutsche Ausbildung bis zum Abitur bedeutet, und gleichzeitig eine Möglichkeit darstellt, die tschechische Matura zu absolvieren."
Auch Tomas Langer, ein Schüler der Klasse 8b, einer tschechischen Begegnungsklasse, nahm diese Möglichkeit wahr, und zwar aus folgendem Grund:
"Ich mag Deutsch, und ich wollte auf die Deutsche Schule gehen. Denn hier kann man mehr Deutsch lernen als auf einer tschechischen Schule."
Roland Keiner, der Bio- und Chemielehrer der 8b, macht aber auch deutlich, dass die Sprachkenntnisse seiner Schüler nicht immer zum vollen Verständnis des Stoffes ausreichen:
"Wenn dann ein Schüler einen bestimmten Sachverhalt nicht versteht, kann ich ihm den nicht in Tschechisch erklären. Ich bin dann auf die Hilfe der Mitschüler angewiesen, was ich aber auch wieder sehr gut finde, weil dadurch nicht immer der Lehrer das Zentrum des Unterrichts bildet." Carla Slepicka, eine Schülerin der deutschen Begegnungsklasse 8a, gibt zu, einige Bedenken gehabt zu haben, bevor die tschechischen Schüler am Unterricht ihrer Klasse teilgenommen hatten:
"Als die tschechischen Schüler zu uns kamen, da dachte ich, dass der Unterricht eher aufgehalten wird, und dass sie nicht soviel verstehen werden. Jetzt ist es eigentlich so, dass sie z.B. in Mathe bessere Noten haben als wir, und eigentlich halten sie den Unterricht gar nicht auf."
Die Idee der Begegnung klappt also ganz gut, wie auch Carlas Mitschüler Clemens Lüking bestätigt:
"Ich habe keine großen Konflikte mit den tschechischen Mitschülern. Wir unterhalten uns, haben zusammen Arbeitsgemeinschaften, Sportunterricht, Kunst und Musik und verstehen uns eigentlich ganz gut."
Dass deutsche und tschechische Schüler zusammen unterrichtet werden, das hätte sich wohl vor 20 Jahren kein Mensch träumen lassen. In Richtung eines vereinten Europa ist das natürlich ein ungeheurer Fortschritt. Auch wenn die Schüler der zwei Nationen in ihrer Freizeit noch meist getrennte Wege gehen, wie sie mir berichteten. Aber was nicht ist, das kann ja noch werden...