"Gelebte Nachbarschaft": Schiller-Gymnasium Pirna

Internat (Foto: www.sn.schule.de/~schiller/)

Der Beitrittscountdown für die zehn EU-Kandidatenländer, darunter Tschechien, läuft bereits. Ein guter Anlass sich diesem Thema etwas mehr zu zuwenden. Dies tut u.a. auch das Deutsch-tschechische Informationszentrum IDOR mit Sitz in Markredwitz, das im Rahmen eines Projektes eine zwölfteilige Rundfunkreihe produziert hat. Von dieser Woche an können Sie, jeweils am Montag, eine Folge dieser Serie, betitelt "Gelebte Nachbarschaft", hören. Sie stellt einige überregional herausragende Projekte im Grenzraum vor, in denen schon heute Deutsche und Tschechen eine alltägliche und aktive Nachbarschaft pflegen. Heute als Thema Nummer Eins: das Schiller- Gymnasium Pirna.

Schiller-Gymnasien gibt es einige in Deutschland: zum Beispiel in Köln, Pforzheim, Hameln, Ludwigsburg oder Pirna. Doch letzteres unterscheidet sich maßgeblich von den anderen. Es ist nämlich das bundesweit erste deutsch-tschechische Gymnasium. Das heißt: Kinder aus Deutschland und Tschechien werden hier gemeinsam unterrichtet, leben teilweise sogar zusammen im angegliederten Internat. So sollen sie bereits in jungen Jahren Sprache und Kultur des anderen kennen- und verstehen lernen.

"Ich vergleiche das so mit Gartennachbarn, wenn die so distanziert über den Zaun sich unterhalten haben, und die Kinder unten ein Loch entdeckt haben, um miteinander zu spielen, und puhlen da dran, um das Loch noch größer zu machen. Und so etwa stelle ich mir unsere Aufgabe vor."

Der Schulleiter des Friedrich Schiller Gymnasiums, Oberstudiendirektor Bernd Wenzel. Von Beginn an hat er das Projekt mitkonzipiert und organisiert. 1999 konnte schließlich die erste deutsch-tschechische Klasse zusammengestellt werden:

In manchen Fächern werden deutsche und tschechische Schüler anfangs getrennt unterrichtet. So soll der größtmögliche Lernerfolg erzielt werden. Das Konzept sieht folgendermaßen aus:

"Informatik haben sie gemeinsam auf Deutsch. Sie haben auch Sport gemeinsam auf Deutsch und ebenso Musik. Kunsterziehung und Zeichnen hingegen haben sie auf Tschechisch, Geographie ist bilinguales Sachfach - das haben die Deutschen im Prinzip auf Tschechisch, aber mit deutschen Aspekten versehen. Die Tschechen haben es auf Deutsch mit einigen tschechischen Elementen."

Diese bilinguale und bi-nationale Ausbildung wird mit einem besonderen Abitur abgeschlossen, das in beiden Ländern anerkannt wird. Damit eröffnen sich für die Schulabgänger vielseitige Möglichkeiten:

"Also ich hatte vor Medizin zu studieren und dann vielleicht für ein Jahr auch nach Tschechien zu gehen und dort zu studieren."

"Ich habe nicht so gute finanzielle Möglichkeiten, um in Deutschland studieren zu können, also werde ich nach dem Abi nach Tschechischen zurückkehren, aber vielleicht komme wieder nach Deutschland und werde hier auch bleiben."

"Ich glaube, ich gebe der Rückkehr nach Tschechien Vorzug, aber vielleicht werde ich danach auch mal in Deutschland studieren ist, aber jetzt will ich nach Prag gehen."

"Ich möchte in Deutschland studieren, da ich mich hier auch wohl fühle."

Diese Jugendlichen werden im kommenden Jahr zum ersten deutsch-tschechischen Abitur-Jahrgang in Pirna gehören. Seit der 7.Klasse haben sie zusammen gelernt und langsam zueinander gefunden. Die unterschiedlichen Nationalitäten haben mit der Zeit an Bedeutung verloren. Diese Entwicklung beobachtet auch Schulleiter Bernd Wenzel:

"Wenn man dann diese lachenden Kinder hat, die man nicht mehr unterscheiden kann, woher sie kommen, das ist auch für einen alten Schulmeister der schönste Lohn."

Autor: IDOR Markredwitz
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