Tschechen sind Spitzenreiter beim Mobilfunk

Wenn es ums Telefonieren geht, sind die Tschechen in Europa eine Ausnahme. Denn die Mehrzahl ihrer Telefon-Minuten verbringen sie am Handy, nicht am Festnetz-Telefon. Daniel Satra berichtet.

Foto: Jana Sustova
Drahtlos und mobil kommunizieren die Tschechen ganz an der Spitze des europäischen Vergleichs. Nur Portugal und Italien reichen an die tschechische Handynutzung pro Kopf heran. Alle drei Staaten haben eins gemeinsam: Ihre Bevölkerungen vertelefonierten im vergangen Jahr über die Hälfte aller Minuten mit dem Mobiltelefon. Festnetz ade, könnte man meinen. Doch in der Tschechischen Republik ist es anders herum. Der Festnetz-Anschluss konnte sich nie richtig durchsetzen. Seit realsozialistischen Zeiten, in denen sich oft mehrere Haushalte Telefonleitungen teilen oder gar ohne Telefon auskommen mussten, hat es zwar einen deutlichen Aufschwung in Sachen Festnetz gegeben. Doch im Vergleich mit dem rasanten Handyboom der vergangenen Jahre hinkten der Ausbau des Telefonleitungsnetzes und die Bürokratie der Tschechischen Telekom bei der Anschlussvergabe hinterher. Günstigere Festnetz-Tarife überzeugen heute kaum noch jemanden. Auch nicht Ruth Krcmar, die Prag lebt und arbeitet. Wir haben sie angerufen:

"Das war einfach zu kompliziert und zu teuer, sich einen Telefonanschluss von der Telekom zu besorgen. Das rentiert sich eigentlich auch nicht, weil man allein soviel für den Anschluss als solchen investieren muss, dass Mobiltelefonieren also kaum teurer ist."

Im Jahr 2003 konnten Handy-Verkäufer 1 Million Geräte in Tschechien verkaufen. Das Jahr zuvor waren es genauso viele. Und während der Anteil an Festnetzanschlüssen in Tschechien seit Jahren bei 3,6 Millionen stagniert, steigt die Zahl der Mobil-Funker stetig an: 9,7 Millionen mobile Telefonnummern haben Anbieter bisher landesweit vergeben. Tendenz weiterhin steigend. Bei immerhin nur rund 10 Millionen Einwohnern. Anders als bei vielen europäischen Nachbarn nutzen drei Viertel aller tschechischen Handy-Besitzer Prepaid-Karten, ohne feste Verträge, ohne monatliche Grundgebühren. Den mobilen Trend unterstützt ein weiteres Phänomen in der Tschechischen Republik: Das Internet. Anders als beispielsweise in Deutschland ist die Abdeckung mit Breitbandanschlüssen wie DSL, die einen schnellen Datentransfer ermöglichen, noch gering. Mobilfunkunternehmen bieten seit dem Jahreswechsel eine verlockende Alternative: Mein Kollege Gerald Schubert hat sich für uns umgehört:

"Wenn man sich mobil mit dem Internet verbinden will, sprich über Mobiltelefon mit Anschluss zum PC oder zum Notebook, dann gibt es bei den meisten Mobilfunkanbietern hier die Möglichkeit dazu. Die Preise bewegen sind derzeit ungefähr um die 40 Euro, und Einstiegsangebote locken schon mit 25 Euro im Monat."

Die mobile Flatrate könnte sich in den kommenden Monaten in der Breite durchsetzen. Bereits kurz nach dem Start des mobilen Internetzugangs hatten sich 55 000 Nutzer eingewählt.